Freetown, die Hauptstadt von Sierra Leone. Malerisch liegt sie in der Bucht am blau schimmernden Atlantik. Das Leben in den Straßen ist bunt und ausgelassen, die Sonne scheint, die Menschen lächeln unbeschwert und lebensfroh: Das ist Sierra Leones neues Image in Werbevideos und Hochglanzprospekten - acht Jahre nach dem Bürgerkrieg, in dem hunderttausende Menschen starben.
Sierra Leones Regierung will den Tourismus zu einem echten Wirtschaftszweig ausbauen, und Cecil Williams, der Direktor der Nationalen Tourismusagentur, soll den ehemaligen Kriegsschauplatz als stabile, friedliche Demokratie darstellen. Als gastfreundliches, exotisches, grünes Reiseziel. Das Credo: Sierra Leone - Freedom to Explore.
"Das sagt doch alles! Es gibt so unendlich viel zu sehen! Diese wunderschöne Natur! Alles wartet nur darauf, entdeckt zu werden. Daher unser Slogan!"
Sierra Leone tritt die Flucht nach vorne an – Schluss mit den Bildern aus dem Hollywood-Schocker Blood Diamond, Schluss mit der Elendsästhetik, mit den Klischees von den ewig Kalaschnikow-schwingenden Kindersoldaten, von amputierten Kriegsopfern auf den Straßen. Tatsächlich hat das Land viel mehr zu bieten.
Die Schimpansen von Tacugama zum Beispiel, oder den Gola Forrest, den letzten großen Tropenwald der Region. In diesem Nationalpark leben kleine Elefanten, Zwergnilpferde, seltene Vögel, sogar die scheuen Waldantilopen, die eigentlich schon als ausgestorben gelten. Und dann sind da noch mehr als 50 Kilometer palmengesäumte, weiße Strände, eingerahmt von hohen grünen Bergen. Anetta Browne-Mark, die in Freetown ein kleines Reisebüro betreibt, kommt aus dem Schwärmen nicht mehr heraus.
"Das Beste an Sierra Leone sind die Strände. Ich glaube, solche Strände finden Sie nirgendwo auf der Welt. Wenn Sie die mal gesehen haben, wollen Sie nie mehr nach Hause".
Dem ist wenig entgegenzusetzen. Der Strand No.2, benannt nach dem Fluss, der hier in den warmen Atlantik mündet, gilt vielen Beach-Fans als Nummer Eins. Noch wird der Strand von der Dorfgemeinde bewirtschaftet, und noch sind es nicht Touristen, die sich hier am Wochenende entspannen, sondern so genannte "Expats" – Mitarbeiter von Hilfsorganisationen und Blauhelmsoldaten der UN-Mission. Das könnte sich aber bald ändern.
"Ich würde auf jeden Fall als Tourist hierher kommen", sagt ein schwedischer Soldat, vor sich einen gegrillten Hummer und ein Bier. "Es gibt so viel zu sehen – und es ist sicher hier. Auf jeden Fall sicherer als in Südafrika! Das Land kommt zwar aus einem Bürgerkrieg – und trotzdem: Was die Kriminalität betrifft, kann man Freetown mit Johannesburg nicht vergleichen!"
Das ist leider glatt gelogen – die Anreise ist kein Kinderspiel, sondern ein riskantes Abenteuer, die größte Schwachstelle im Tourismuskonzept von Sierra Leone. Um vom Lungi Airport nach Freetown zu kommen, muss man die Bucht entweder in einer mühsamen Tagesfahrt umfahren – oder sie überqueren: Fällt die alte, rostige Fähre aus, bleiben nur kleine Motorboote oder der alte Hubschrauber mit den ukrainischen Piloten. Ein Helikopter war vor ein paar Jahren mit über 20 Passagieren abgestürzt. Cecil Williams von der Tourismusagentur bleibt trotz aller Schwierigkeiten optimistisch. Der Tourismus werde eben nicht nur die Infrastruktur ankurbeln.
"Es ist eine arbeitsintensive Industrie, die Arbeitsplätze schafft. Und weiß Gott, so viele junge Menschen in diesem Land brauchen Jobs! Außerdem kommen Devisen ins Land, Euros, Dollars, britische Pfund. Und alle profitieren - der Taxifahrer, der Fischer, der Hotelbesitzer... der Tourismus hilft uns allen."
Doch die schöne neue Welt, die Werbe-Idylle, sie könnte wie ein Kartenhaus in sich zusammenzufallen, glaubt Bimbola Carroll. Vor vier Jahren ist der 32-Jährige aus England zurückgekehrt und betreibt heute Visitsierraleone.org – die bekannteste unabhängige Website in Sierra Leone. Bimbola Carroll ist mehr als skeptisch. Denn die Regierung will aus Sierra Leone eine so genannte Upmarket Destination machen – ein Reiseziel mit großen internationalen Hotelanlagen für Leute mit Geld – nicht für Rucksacktouristen. Bimbola fürchtet den Ausverkauf seines Landes an findige Geschäftemacher, bevor die Sache mit dem Tourismus überhaupt richtig angefangen hat.
"Sierra Leone ist zu großen Teilen noch unberührt – das finde ich gut so, und das muss unbedingt so bleiben. Wir müssen darauf achten, dass das Geschäft mit dem Tourismus auch wirklich den Sierra Leonern zugute kommt! Nur dann machen die Menschen mit, nur dann verstehen sie, dass sie ihre Umwelt schützen müssen. Und nur dann bekommen sie endlich ihren Stolz zurück, den sie vor so langer Zeit im Krieg verloren haben."
Anetta Browne-Mark vom kleinen Reisebüro in Freetown sieht das Ganze gelassener, wenn auch mit reichlich Galgenhumor.
"Wir können nicht alles auf einmal lösen. Schritt für Schritt - eins nach dem anderen. Aber es stimmt: Unsere größten Probleme, das sind die Straßen, die Wasserversorgung – und natürlich der Strom, der fällt ja ständig aus. Aber das hat ja auch was Gutes: Immerhin brauchen Sie nicht extra ein Candle-Light Dinner buchen... hier in Sierra Leone können Sie das jeden Tag haben!"
Sierra Leones Regierung will den Tourismus zu einem echten Wirtschaftszweig ausbauen, und Cecil Williams, der Direktor der Nationalen Tourismusagentur, soll den ehemaligen Kriegsschauplatz als stabile, friedliche Demokratie darstellen. Als gastfreundliches, exotisches, grünes Reiseziel. Das Credo: Sierra Leone - Freedom to Explore.
"Das sagt doch alles! Es gibt so unendlich viel zu sehen! Diese wunderschöne Natur! Alles wartet nur darauf, entdeckt zu werden. Daher unser Slogan!"
Sierra Leone tritt die Flucht nach vorne an – Schluss mit den Bildern aus dem Hollywood-Schocker Blood Diamond, Schluss mit der Elendsästhetik, mit den Klischees von den ewig Kalaschnikow-schwingenden Kindersoldaten, von amputierten Kriegsopfern auf den Straßen. Tatsächlich hat das Land viel mehr zu bieten.
Die Schimpansen von Tacugama zum Beispiel, oder den Gola Forrest, den letzten großen Tropenwald der Region. In diesem Nationalpark leben kleine Elefanten, Zwergnilpferde, seltene Vögel, sogar die scheuen Waldantilopen, die eigentlich schon als ausgestorben gelten. Und dann sind da noch mehr als 50 Kilometer palmengesäumte, weiße Strände, eingerahmt von hohen grünen Bergen. Anetta Browne-Mark, die in Freetown ein kleines Reisebüro betreibt, kommt aus dem Schwärmen nicht mehr heraus.
"Das Beste an Sierra Leone sind die Strände. Ich glaube, solche Strände finden Sie nirgendwo auf der Welt. Wenn Sie die mal gesehen haben, wollen Sie nie mehr nach Hause".
Dem ist wenig entgegenzusetzen. Der Strand No.2, benannt nach dem Fluss, der hier in den warmen Atlantik mündet, gilt vielen Beach-Fans als Nummer Eins. Noch wird der Strand von der Dorfgemeinde bewirtschaftet, und noch sind es nicht Touristen, die sich hier am Wochenende entspannen, sondern so genannte "Expats" – Mitarbeiter von Hilfsorganisationen und Blauhelmsoldaten der UN-Mission. Das könnte sich aber bald ändern.
"Ich würde auf jeden Fall als Tourist hierher kommen", sagt ein schwedischer Soldat, vor sich einen gegrillten Hummer und ein Bier. "Es gibt so viel zu sehen – und es ist sicher hier. Auf jeden Fall sicherer als in Südafrika! Das Land kommt zwar aus einem Bürgerkrieg – und trotzdem: Was die Kriminalität betrifft, kann man Freetown mit Johannesburg nicht vergleichen!"
Das ist leider glatt gelogen – die Anreise ist kein Kinderspiel, sondern ein riskantes Abenteuer, die größte Schwachstelle im Tourismuskonzept von Sierra Leone. Um vom Lungi Airport nach Freetown zu kommen, muss man die Bucht entweder in einer mühsamen Tagesfahrt umfahren – oder sie überqueren: Fällt die alte, rostige Fähre aus, bleiben nur kleine Motorboote oder der alte Hubschrauber mit den ukrainischen Piloten. Ein Helikopter war vor ein paar Jahren mit über 20 Passagieren abgestürzt. Cecil Williams von der Tourismusagentur bleibt trotz aller Schwierigkeiten optimistisch. Der Tourismus werde eben nicht nur die Infrastruktur ankurbeln.
"Es ist eine arbeitsintensive Industrie, die Arbeitsplätze schafft. Und weiß Gott, so viele junge Menschen in diesem Land brauchen Jobs! Außerdem kommen Devisen ins Land, Euros, Dollars, britische Pfund. Und alle profitieren - der Taxifahrer, der Fischer, der Hotelbesitzer... der Tourismus hilft uns allen."
Doch die schöne neue Welt, die Werbe-Idylle, sie könnte wie ein Kartenhaus in sich zusammenzufallen, glaubt Bimbola Carroll. Vor vier Jahren ist der 32-Jährige aus England zurückgekehrt und betreibt heute Visitsierraleone.org – die bekannteste unabhängige Website in Sierra Leone. Bimbola Carroll ist mehr als skeptisch. Denn die Regierung will aus Sierra Leone eine so genannte Upmarket Destination machen – ein Reiseziel mit großen internationalen Hotelanlagen für Leute mit Geld – nicht für Rucksacktouristen. Bimbola fürchtet den Ausverkauf seines Landes an findige Geschäftemacher, bevor die Sache mit dem Tourismus überhaupt richtig angefangen hat.
"Sierra Leone ist zu großen Teilen noch unberührt – das finde ich gut so, und das muss unbedingt so bleiben. Wir müssen darauf achten, dass das Geschäft mit dem Tourismus auch wirklich den Sierra Leonern zugute kommt! Nur dann machen die Menschen mit, nur dann verstehen sie, dass sie ihre Umwelt schützen müssen. Und nur dann bekommen sie endlich ihren Stolz zurück, den sie vor so langer Zeit im Krieg verloren haben."
Anetta Browne-Mark vom kleinen Reisebüro in Freetown sieht das Ganze gelassener, wenn auch mit reichlich Galgenhumor.
"Wir können nicht alles auf einmal lösen. Schritt für Schritt - eins nach dem anderen. Aber es stimmt: Unsere größten Probleme, das sind die Straßen, die Wasserversorgung – und natürlich der Strom, der fällt ja ständig aus. Aber das hat ja auch was Gutes: Immerhin brauchen Sie nicht extra ein Candle-Light Dinner buchen... hier in Sierra Leone können Sie das jeden Tag haben!"