Biominerale sind Minerale, deren Entstehung von etwas Lebendigem gesteuert worden ist.
Eines der für den Menschen wichtigsten Bio-Minerale, Hydroxylapatit, spürt man besonders deutlich, wenn es kommt und wenn es geht: Hydroxylapatit macht den Hauptbestandteil der Zähne aus.
Biominerale haben sich gar nicht selten zu besingenswerten Massen aufgetürmt. Die Weißen Klippen von Dover bestehen aus den massenhaft abgelagerten Kalkpanzern winziger Einzeller.
Andere Biominerale finden ihrer Schönheit wegen Beachtung, hier geht es um Perlen. Perlen bestehen aus winzigen Kalkplättchen, die mit einem superelastischen Klebstoff aneinander geheftet sind, was sie dreitausendmal bruchzäher macht als einen reinen Calcit-Kristall - Biomineralisation lohnt sich.
Das findet mehr und mehr auch die Wissenschaft, die in der Natur neue Ideen sucht und findet. Und natürlich findet sie mitunter auch auf dem Feld der Biomineralisation gänzlich Unerwartetes ...
Die Kunst der Biomineralisation begann vor dreieinhalb Milliarden Jahren im Meer, als die ersten Lebewesen einen Schutz vor der unbarmherzigen Sonne brauchten.
Es waren Kolonien von einzelligen Organismen im Meer, die der harten UV-Strahlung der Sonne ausgesetzt waren. Und die erzeugten einen schleimigen Klebstoff, an dem herum treibende Mineralkörnchen haften blieben - das bildete etwas wie einen Sonnenschirm. Und wenn der Schirm zu dicht geworden war, wanderten die Einzeller hindurch und fingen von vorn an. So bildete sich Schicht um Schicht eines Gebildes, das als Fossil überdauern konnte und Stromatolith genannt wird. Die ältesten finden sich in Australien und sind dreieinhalb Milliarden Jahre alt. Leben und Minerale sind von Anfang an Hand in Hand gegangen.
Steve Weiner, Professor am Weizmann Institute of Science in Rehovot, Israel, der Biomineralisation seit langem zu seinen Lieblingsfächern zählt. Heutige Lebewesen setzen die Klebetechnik für raffinierte Konstruktionen ein, ...
Es gibt Seeigel, die machen dreißig Zentimeter lange Stacheln aus Calcit, etwa im Roten Meer, das ist kristallin, ein paar Millimeter dick, und muss der Brandung standhalten. Ein reiner Kristall aus Calcit würde sofort zerbrechen.
Baumkuchen
Und indem sie diese Proteine zwischen Flächen, die nicht parallel zu den Spaltflächen sind, einbauen, nur als Spekulation, also Stapel von Kriställchen machen und die Schwachpunkte verkleben, stärken sie die Stacheln. Eine andere Möglichkeit: Sie verändern den Weg, den ein Riss durch den Kristall gern nehmen würde, so, dass er sich gleichsam verzettelt und seine Energie in alle Richtungen erschöpft
Die Mengen an Protein, die der Seeigel - wie andere ähnlich trickreiche Organismen - zur Stärkung seiner Kristalle braucht, sind, gemessen an menschlicher Werkstofftechnik, verschwindend gering
Ein bis fünf Polymerteile auf tausend Kristallteile, unglaublich wenig. Schwierig vorzustellen, wie man so viel mit so wenig erreicht, und das ist auch ein Teil des Tricks. Wäre da wesentlich mehr an Polymer, wäre der Kristall schlechter als vorher. Da gibt es eine Art magischer Zahl, die sich in vielen Organismen wiederfindet: 0,3 bis 0,5 Prozent Polymer. Wieder eines dieser kleinen Rätsel.
Das DING wurde 1975 entdeckt, als Richard Blakemore, damals graduierter Student der Mikrobiologie an der University of New Hampshire in Durham, USA, durch ein Mikroskop spähte, um hinter die Eigenheiten von Schlamm bewohnenden Bakterien zu kommen. Die untersuchten Wasserproben stammten aus dem Schlamm eines marinen Küstensumpfes in der Nähe von Woods Hole, Massachusetts. Blakemore fiel auf, dass einige der beobachteten Mikroorganismen immer in die gleiche Himmelsrichtung schwammen. An den Lichtverhältnissen konnte es nicht liegen, denn dieRichtung blieb auch dann gleich, wenn man einen lichtdichten Karton über das Mikroskop stülpte. Ein Wechsel des Laboratoriumsraumes bleib gleichfalls ohne Einfluß. Es schien schließlich, dass sich die Bakterien am Erdmagnetfeld orientierten.
Dass Magnetismus die treibende Kraft war, ließ sich leicht demonstrieren, mittels eines Permanentmagneten. Wenn man den in Bakteriennähe brachte, schwammen die Bakterien auf den Teil zu, der die nordsuchende Seite einer Kompaßnadel anzieht. Den anderen Pol des Magneten mieden sie nach Kräften.
Ein Transmissionselektronenmikroskop enthüllte schließlich das Geheimnis der Bakterien: sie - genauer: Angehörige der Species Aquaspirillum magnetotacticum - enthielten Ketten von rund 20 winzigen Partikeln, die offenbar als Kompassnadel dienten. Die genauere Analyse mittels Mößbauer-Spektroskopie offenbarte eine vertraute Verbindung: Magnetit, Fe3O4, frühen Seefahrern als "Leitstein" bekannt, der, an einem Faden aufgehängt, wie eine Kompassnadel die Richtung wies.
Magnetit ist ein sogenanntes ferrimagnetisches Material. Wenn ein Kriställchen aus Magnetit eine gewisse Größe überschreitet, bilden sich verschiedene magnetische Zonen, die einander zu neutralisieren suchen - das magnetische Gesamtmoment ist dann, je nach Einzelfall, eher klein. Magnetitkriställchen unter einer gewissen Mindestgröße neigen wiederum dazu, sich spontan, als Folge der wärmegetriebenen Bewegung ihrer Atome, umzuorientieren. Die optimale Größe für Magnetitkriställchen, was ihre magnetische Stärke pro Gewicht angeht, liegt zwischen 40 und 120 Nanometern. Die Magnetitkriställchengröße bei den meisten magnetischen Bakterien liegt natürlich auch zwischen 40 und 120 Nanometern.
Magnetische Bakterien, die sich vom Erdmagnetfeld leiten lassen, haben natürlich etwas davon. In mittleren Breiten nämlich neigt sich das Erdmagnetfeld in die Erde hinein, und die Bakterien finden entlang dieser Linien in die für ihr Gedeihen günstigste Wasserschicht. Magnetotaktische Bakterien scheinen auch so nett, die Richtung der Kompaßnadel an ihre Nachkommen weiterzugeben. Während ihrer Teilung verbleibt in jeder Nachfolgezelle ein Stückchen der Magnetitkette und dient als Vorbild für die neue, lange, einem erwachsenen Bakterium gemäße. Das funktioniert nicht immer; unter dem Mikroskop sind immer wieder Mutanten zu erkennen, die in die falsche Richtung schwimmen. Bakterien auf der Südhalbkugel der Erde sind übrigens anders herum gepolt als die auf der Nordhalbkugel, bezüglich ihrer Antriebsgeißel
Mars verlangt Evolution, dass einer den anderen vertilge, und dazu fehlen im Vakuum des Weltraums einfach die Möglichkeiten
Well, it is a very interesting story because the trilobites are extinct, and this work has been done by several authors, principally Ken Tau in America, and always shown was, in fossilized material the eyes were intact, and the eyes were intact because they were mineralized, and they were considered that they were actually mineralyzed in the living organism. Now, if you look at what the mineral is, it's calcium carbonate, it's like chalk, but it's a particular type of carbonate called calcite. And calcite has the unusual property that, if you look through a crystal of calcite you see a double image, it's called double diffraction. That means of course that these trilobites would be walking around having a double image, if they used calcite as an eye-lens, a rather blurred image. But what was found when the crystals were analysed was that they were organised such that one particular axis of the crystal, called the c-axis, was aligned in a preferential direction such that the incident of light, the direction of the incidence of light, was parallel to the c-axis, and it just turns out that in this crystal structure there is only one direction in which you get a single image, not a double image, and that turns out to be the c-axis. So indeed, these organisms would have a very sharp image, because of the way these organisms organized their crystals
Das vielleicht hübscheste und zugleich äußerst raffinierte biomineralische Gebilde heißt "Gießkannenschwamm" oder, entschieden schöner, "Venusblumenkörbchen".
Es ist das Skelett eines Lebewesens, das in einem kleinen Seegebiet in der Nähe der philippinischen Inseln am Grunde der See lebt. Das Ding ist geformt und gebogen wie die Scheide eines türkischen Krummdolches, dabei aber um seine Längsachse rund. Seinen Namen verdankt der Schwamm der Struktur des Innenskeletts seiner Hülle: sie ist ein filigranes Geflecht aus feinen Kieselnadeln, durchlöchert wie das Korbgeflecht am Rücken eines Holzstuhls und, wie dieses, sowohl in einem rechtwinkligen Netz als auch über die Diagonalen verflochten.
Das Venusblumenkörbchen gilt als Meisterwerk der Biomineralisation: im Durchmesser 3 Nanometer messende Elementarbausteine aus Kieselerde (Siliziumdioxid) fügen die Zellen des Schwamms zunächst zu hauchfeinen Schichten zusammen, die dann so eingerollt werden, dass sich die Kieselnadeln bilden, Grundelement wieder für das Korbgeflecht, das hohen Druckwechseln widerstehen kann
Ähnlich meisterlich gestaltet, vom Molekül zur Makrostruktur, der Schwimmtank des Tintenfisches. Um ohne Kraftentfaltung in der Schwebe bleiben zu können, verfügt das Tier über einen mikrometerfein gekammerten Tank aus Calciumkarbonat. Die Kammerung ist nach Art der Honigwaben-Sandwichbleche, wie sie im Flugzeugbau Verwendung finden, strukturiert; infolgedessen hält der großenteils mit Stickstoff gefüllte Tank - seine Poren nehmen 90 Prozent des Volumens ein - noch den Wasserdrücken in 200 Metern Tiefe stand. Als Schulp Sepia-Schulp die Strände des Mittelmeeres. Gemahlen dient das Material als Zugabe für Zahnputzmittel. So nahe kann Biomineralogie sein. Noch näher: der Zahnarztbohrer.
Das Mineral, das hier weggebohrt wird, heißt "Hydroxylapatit", der wichtigste Bestandteil des Zahnes.
Muscheln schließlich: Perlmutt ist natürlich auch ein strukturelles biomineralisches Meisterwerk, bestehend aus Mikrometer kleinen Plättchen. Die gewöhnliche Weinbergschnecke ... Nautilus
Es gibt viele Dinge zwischen Himmel und Erde, von denen sich unsere Schulweisheit nichts träumen lässt, versichert der Dichter. Zu Recht, aber unvollständig: Auch die See ist noch voller unentdeckter Rätsel. So hat sich ein bislang als eher unauffällig geltender Seestern, Ophioma wendtii, ein sogenannter Haarstern, als Besitzer einer Optik herausgestellt, um die ihn Carl Zeiss beneidet hätte.
Die Geschichte kam ins Rollen, als Gordon Hendler, Meeresbiologe am Museum für Naturgeschichte in Los Angeles, an Ophioma wendtii, Verhaltenseigentümlichkeiten entdeckte. Der handtellergroße Seestern, dessen scheibenförmigem Körper fünf Arme entsprießen, wechselte seine Farbe im Tagesrhythmus: Nachts war er braun und grau, tagsüber dunkelrot. Der Farbwechsel, fand Hendler, war auf steuerbare pigmenthaltige Zellen zurückzuführen. Und die Pigmentzellen umringten kleine klare Fenster in den aus Calcit bestehenden Panzerschuppen des Tieres.
Hendler gab diese Informationen an das Weizmann Institut in Rehovot, Israel, weiter, das in Fragen der Biomineralisation - der Entstehung komplexer Minerale in Lebewesen - führende Fachleute beschäftigt, darunter Joanna Aizenberg. Die hatte der Seestern zunächst aus anderen Gründen interessiert:
Ursprünglich hatten wir uns das Skelett angesehen, das aus starkem Verbundmateral besteht. Und dann haben wir diese optischen Strukturen gesehen und gefunden, dass die wirklich gute Eigenschaften haben. Das geht schon mal so: Man sucht etwas Bestimmtes in der Natur und findet dann etwas noch viel Interessanteres.
In diesem Fall sollte unter der Leitung von Joanna Aizenberg, jetzt bei den Bell Laboratories in New Jersey, USA, einer der verblüffendsten optischen Sinne entdeckt werden, den die Tierwelt zu bieten hat:
Die ganze Oberfläche des Haarsterns ist mit Mikrolinsenfeldern bedeckt, der Durchmesser der Einzellinsen liegt zwischen 20- und 40-tausendstel Millimetern. Und weil das Tier vollständig damit bedeckt ist, kann es in alle Richtungen zugleich sehen, jede Linse zeigt in eine andere Richtung. So macht sich der Organismus ein Bild von seiner kompletten Umgebung. Und ich denke, diese ganze Ansammlung von Linsen arbeitet zusammen wie ein Komplexauge, wie es eine Fliege hat.
Wenn man einen Kristall aus Calcit auf eine Zeitung legt, sieht man die Schrift in der Regel doppelt, Ursache ist das Phänomen der Doppelbrechung. Es gibt nur eine Richtung im Kristall, in der ein normales Bild zu sehen ist, entlang der sogenannten c-Achse - der Haarstern schafft es, seine Mikrolinsen genau so zu kristallisieren, dass ein normales Bild entsteht. Mehr noch: Ophioma wendtii stattet seine Linsen mit optischen Raffinessen aus, mit denen Carl Zeiss, Jena, berühmt und groß geworden ist.
Die Form der Linsen ist genau so, dass die sphärische Aberration korrigiert wird. "Sphärische Aberration", das hat der Industrie schwer zu schaffen gemacht, das erzeugt schwere Abbildungsfehler, es ist, als ob man einen Flaschenboden als Linse benutzen würde, das ganze Bild ist verzerrt. Alle (unkorrigierten) sphärischen Linsen haben diesen Effekt. Aber dieser Organismus lässt seine Linsen aus orientiertem Calcit wachsen, ohne sphärische Aberration
Im Ergebnis, versichert Joanna Aizenberg, die die Seestern-Optik mit modernen Methoden vermessen hat, stellen die Mikrolinsen Menschenwerk in den Schatten:
Die besten Linsen, die wir uns denken können, zehn bis zwanzigmal besser als alles, was bisher an sphärischen Linsen dieser Größenordnung von der Industrie machbar war.
Die von Gordon Hendler am Museum für Naturgeschichte in Los Angeles gefundenen Pigmente schließlich stellten sich als eine Art einstellbare Sonnenbrille heraus:
Sie haben ein Pigment, dass sich am Tag vor die Lichtrezeptoren schiebt, wie eine Sonnenbrille, und nachts wird das Pigment wieder weggenommen, für eine bessere Weitsicht, ein bisschen wie die Iris unserer Augen. Alles zusammen eine erstaunliche optische Leistung.
Wie genau Lebewesen so etwas zustande bringen, wird derzeit allmählich aufgeklärt:
Wir wissen gegenwärtig nur, dass das von organischen Molekülen gesteuert wird. Da gibt es Proteine und Zellen, die den Prozeß steuern. Anders als bei der anorganischen Kristallisation gibt die Natur hochspezifische organische Substanzen dazu, die die Form und Orientierung der Kristalle bestimmen, etwa für optische Anwendungen, wie’s gebraucht wird.
Die Wissenschaftler vermuten jetzt auch bei vielen anderen Meeresbewohnern optische Eigentümlichkeiten, Überraschungen sind drin.
Diatomeen sind einerseits winzig; dafür, dass sie Einzeller sind, aber wieder riesig, die größten messen einen halben Millimeter, können also mit bloßem Auge gesehen werden. Diatomeen bevölkern in sehr großer Zahl die oberen Schichten der Gewässer, der Meere ebenso wie die der Flüsse. Im Meer stellen sie das erste Glied der Nahrungskette dar.
Seit es Mikroskope gibt, erfreuen Diatomeen auch das Auge, denn ihr Kieselsäurepanzer ist außerordentlich komplex und anmutig gebaut. Jetzt wird allmählich klar, wie ein so kleines Lebewesen so große Kompliziertheit hervorbringen kann, Mathias Schulenburg hat sich die Sache in Regensburg angesehen:
Man muss schon genau hinsehen, um eine der bemerkenswertesten Eigentümlichkeiten bestimmter Diatomeenpanzer zu bemerken, sagt Manfred Sumper Professor am Lehrstuhl für Biochemie I der Universität Regensburg, für die feinsten braucht man tatsächlich ein Elektroenmikroskop:
Und was man eben deutlich sehen kann, ist, dass diese Struktur aus hexagonalen Substrukturen aufgebaut ist, wenn man hier beginnt, eine große hexagonale Struktur, in dieser Struktur ist eine kleinere hexagonale Struktur eingelagert, in diese kleineren hexagonale Strukturen sind wiederum noch kleinere hexagonale Strukturen eingelagert, so dass man sich die Struktur vorstellen kann zusammengesetzt aus hexagonalen Strukturen mit immer kleineren Maßstäben.
Das Bild ist ähnlich einer Bienenwabe, in die ein Muster kleinerer Bienenwaben eingebettet ist - eine Wabe in der Mitte und sechs andere drumherum. Bei näherem Hinsehen ist in jede kleinere Bienenwabe wieder ein Muster noch kleinerer Bienenwaben eingebettet - eine Wabe in der Mitte und sechs drumherum, und so fort - das Phänomen nennt man in der Mathematik "Selbstähnlichkeit". Die Regensburger haben Diatomeen mit bis zu vier Strukturebenen gefunden.
Die filigrane Struktur eines Diatomeengehäuses bietet ein Maximum an Stabilität pro eingesetzter Kieselsäuremenge; sie ist überdies offen porös und damit durchlässig für Nährstoffe, und Sonnenlicht. Das ist wichtig, weil hinter dem Kieselsäurepanzer kleine Chloroplasten arbeiten, die Photosynthese betreiben und so die Substanzen für das erste Glied der ozeanischen Nahrungskette aufbauen.
Wie kommt eine so delikate Struktur zustande ? Das Geheimnis wurde gelüftet, als die Regenburger die Kieselsäure mit Flußsäure auflösten, einem für die meisten Minerale sehr aggressiven Medium, und die organischen Reste untersuchten. Sie fanden so genannte Polyamine, eine lange bekannte Proteingruppe, die in diesem Fall aber eine Besonderheit hatte:
Das ist eine lineare Kette, das sind immer drei Kohlenstoffatome, dann ein Stickstoffatom, dann wieder drei Kohlenstoffatome, wieder ein Stickstoffatom, also das ist eine lange, lange Kette, die sind linear aneinandergekoppelt, diese Einheiten, bis zu zwanzig mal. Das sind riesige Polyamid-Strukturen, wie sie in der Natur bisher nicht bekannt waren.
Mittlerweile ist es in Regensburg auch gelungen, die Baumeister-Proteine gentechnisch zu synthetisieren; in einem mit richtig dosierter Kieselsäure versehenen Glas Wasser entfalten sie eine ähnliche Wirkung wie in einer Diatomee.
Im Reagenzglas bilden die also wunderschöne Nanokügelchen aus SiO2, die ganz regelmäßige Durchmesser haben, also man kann die Bedingungen steuern, welche Nanokügelchen man produzieren will, die Nanokügelchen sind zwischen 50 bis 900 nm, die man herstellen kann im Reagenzglas damit.
Für die Entstehung der filigranen Diatomeen-Gehäuse hat Manfred Sumper in SCIENCE ein verblüffend einfaches Modell vorgestellt. Danach fügen sich zunächst in einer mit Kieselsäure angereicherten wäßrigen Lösung Tröpfchen aus Polyaminen zu einem hexagonalen Muster zusammen, ganz zwanglos, denn dieses Muster entspricht einem Zustand minimaler Energie, das sich an jeder Bierblume beobachten lässt. Bei Diatomeen ist das Reaktiongebiet allerdings so begrenzt, dass sich eine einlagige Tröpfchenschicht bildet. An den Begrenzungen der Tröpfchen fällt Kieselsäure aus, das erste Bienenwabenmuster bildet sich. Weil bei dem Prozeß auch Polyamine verbraucht werden, schrumpfen die Polyamintröpfchen, werden dabei unstabil und zerlegen sich in wiederum hexagonal angeordnete Muster kleinerer Tröpfchen und so fort - ein rein physiko-chemischer Musterbildungsprozeß, der möglicherweise auch für technische Anwendungen taugt:
Man kann kleine Strukturen herstellen, und woran man bei solchen kleinen SiO2-Strukturen immer denkt, ist natürlich optische Effekte zu erzielen, wie z.B. Lichtleitung, photonische Kristalle, das sind so die vermuteten Anwendungen solcher kleinen nanostrukturierten SiO2-Materialien.
Eine besonders schöne Anwendung wäre natürlich die Herstellung von synthetischen Opalen, die aus nichts anderem als regelmäßig arrangierten Siliziumdioxid-Kügelchehn bestehen.
Die verschiedenen Disziplinen der Naturwissenschaften waren lange Zeit eher auf Trennung bedacht. Mit dem Aufkommen der Nanotechnologie wird diese Trennung mehr und mehr überwunden, denn auf der Ebene der Atome treten die Gemeinsamkeiten deutlich zutage. Ein kürzlich in der Wissenschaftszeitschrift SCIENCE erschienener Artikel beschreibt ein nanotechnologisches Unternehmen, bei dem nichts weniger als anorganische Chemie, Materialwissenschaft, Biomineralisation, Biochemie, Molekularbiologie, Elektronik und Evolutionstechnik bemüht werden mussten.
Nach funktionierender Nanotechnologie muss man nicht lange suchen, in jedem Lebewesen sind nanoskopische Strukturen aktiv: Die Erbsubstanz DNA, Antikörper, Muskelproteine als Nanomaschinen und vieles andere mehr. Besonders raffinierte Nanotechnologie findet sich im Meer, Muscheln etwa können Proteine bilden, die aus den im Meerwasser gelösten Stoffen Kristalle wachsen lassen, die sich zu zähen, mehrschichtigen Panzern fügen. Die detaillierte Erforschung solcher Vorgänge wird "Biomineralisation" genannt, das Zahnwachstum gehört auch dazu; jetzt, sagt Angela Belcher, Assistant Professor an der University of Texas und Verfasserin des SCIENCE-Beitrages, sollen der Disziplin auch Ausläufer ins Hochtechnologische wachsen:
Wir versuchen, von der Natur abzukupfern, wie etwa Seemuscheln Proteine dazu bringen, Minerale zu synthetisieren. Diese Methoden möchten wir jetzt für elektronische Materialien nutzen.
Viele Substanzen gewinnen technisch interessante Eigenschaften, wenn sie in der Gestalt von Nanopartikeln vorliegen, Ensembles von einigen hundert bis tausend Atomen. Goldnanos etwa können dann in hauchdünnen Schichten Glas färben; ansonsten ganz ordinäre Verbindungen verdoppeln die Lichtfrequenz von Lasern, wenn sie in Nanoclustern organisiert sind. Angela Belchers Verfahren zur Erzeugung solcher Quantenpunkt- Strukturen klingt so exotisch, dass ein Hinweis auf ihre zahlreichen wissenschaftlichen Auszeichnungen angebracht scheint, Angela Belcher verwendet - dressierte Viren.
Wir nehmen im Wesentlichen vielleicht eine Milliarde Viren, die bis auf ein variables Proteinanhängsel identisch sind, und setzen die einem Selektionsprozeß aus. Übrig bleiben die, deren Protein fest an das interessierende Material bindet, in diesem Fall Zinksulfid. Die haben dann einen molekularen Keim für Kriställchen des gewünschten Materials, in diesem Fall Zinksulfid.
Die "guten" Viren dürfen sich in Gast-Bakterien vermehren. Das Zinksulfid ist in diesem Fall vornehmlich Modellsubstanz, die von den Viren selektiv gesucht, gebunden und zu Kriställchen, Quantenpunkten, gefügt wird. Deren Qualität, sagt Angela Belcher, sei noch nicht sonderlich hoch, aber verbesserungsfähig. Das Verfahren funktioniere auch bei vielen anderen Verbindungen:
Wir haben auch Viren für Cadmium-Sulfid. Mit diesem Prozeß von Virenselektion, -vermehrung und Reinigung können wir Viren für viele verschiedene Materialien herausfiltern.
Mit nanoskopischen Partikeln lassen sich neue Eigenschaftsräume erschließen, wenn sie ganz regelmäßig, wie in einem Kristall, arrangiert werden. Mikroskopisch feine Siliziumdioxidkügelchen etwa sind ungeordnet unscheinbar, in einem strengen Gitter geordnet werden sie zu farbenprächtigem Opal. Materialien mit gitterartig angeordneten Partikeln werden es auch sein, die das Rechnen mit Licht ermöglichen; jetzt schon helfen sie, die Übertragungskapazität von Glasfasern zu vervielfachen etc. Angela Belcher kann solche Strukturen erzeugen, indem sie ihre Nanokristalle erzeugenden Viren ihrerseits kristallisiert.
Wir haben also die Neigung dieser Viren mit den daran gebundenen Halbleiter-Nanopartikeln genutzt, sich ganz von selbst zu langreichweitig geordneten Strukturen zu fügen, in diesem Fall zu Flüssigkristallen, zu Dünnfilmen. Jedes Virus hat also an seinem Kopf ein Nanoteilchen wachsen lassen und sich dann eingeordnet, das gab schließlich Reihen von Nanopartikeln über viele Zentimeter hinweg.
Eines der für den Menschen wichtigsten Bio-Minerale, Hydroxylapatit, spürt man besonders deutlich, wenn es kommt und wenn es geht: Hydroxylapatit macht den Hauptbestandteil der Zähne aus.
Biominerale haben sich gar nicht selten zu besingenswerten Massen aufgetürmt. Die Weißen Klippen von Dover bestehen aus den massenhaft abgelagerten Kalkpanzern winziger Einzeller.
Andere Biominerale finden ihrer Schönheit wegen Beachtung, hier geht es um Perlen. Perlen bestehen aus winzigen Kalkplättchen, die mit einem superelastischen Klebstoff aneinander geheftet sind, was sie dreitausendmal bruchzäher macht als einen reinen Calcit-Kristall - Biomineralisation lohnt sich.
Das findet mehr und mehr auch die Wissenschaft, die in der Natur neue Ideen sucht und findet. Und natürlich findet sie mitunter auch auf dem Feld der Biomineralisation gänzlich Unerwartetes ...
Die Kunst der Biomineralisation begann vor dreieinhalb Milliarden Jahren im Meer, als die ersten Lebewesen einen Schutz vor der unbarmherzigen Sonne brauchten.
Es waren Kolonien von einzelligen Organismen im Meer, die der harten UV-Strahlung der Sonne ausgesetzt waren. Und die erzeugten einen schleimigen Klebstoff, an dem herum treibende Mineralkörnchen haften blieben - das bildete etwas wie einen Sonnenschirm. Und wenn der Schirm zu dicht geworden war, wanderten die Einzeller hindurch und fingen von vorn an. So bildete sich Schicht um Schicht eines Gebildes, das als Fossil überdauern konnte und Stromatolith genannt wird. Die ältesten finden sich in Australien und sind dreieinhalb Milliarden Jahre alt. Leben und Minerale sind von Anfang an Hand in Hand gegangen.
Steve Weiner, Professor am Weizmann Institute of Science in Rehovot, Israel, der Biomineralisation seit langem zu seinen Lieblingsfächern zählt. Heutige Lebewesen setzen die Klebetechnik für raffinierte Konstruktionen ein, ...
Es gibt Seeigel, die machen dreißig Zentimeter lange Stacheln aus Calcit, etwa im Roten Meer, das ist kristallin, ein paar Millimeter dick, und muss der Brandung standhalten. Ein reiner Kristall aus Calcit würde sofort zerbrechen.
Baumkuchen
Und indem sie diese Proteine zwischen Flächen, die nicht parallel zu den Spaltflächen sind, einbauen, nur als Spekulation, also Stapel von Kriställchen machen und die Schwachpunkte verkleben, stärken sie die Stacheln. Eine andere Möglichkeit: Sie verändern den Weg, den ein Riss durch den Kristall gern nehmen würde, so, dass er sich gleichsam verzettelt und seine Energie in alle Richtungen erschöpft
Die Mengen an Protein, die der Seeigel - wie andere ähnlich trickreiche Organismen - zur Stärkung seiner Kristalle braucht, sind, gemessen an menschlicher Werkstofftechnik, verschwindend gering
Ein bis fünf Polymerteile auf tausend Kristallteile, unglaublich wenig. Schwierig vorzustellen, wie man so viel mit so wenig erreicht, und das ist auch ein Teil des Tricks. Wäre da wesentlich mehr an Polymer, wäre der Kristall schlechter als vorher. Da gibt es eine Art magischer Zahl, die sich in vielen Organismen wiederfindet: 0,3 bis 0,5 Prozent Polymer. Wieder eines dieser kleinen Rätsel.
Das DING wurde 1975 entdeckt, als Richard Blakemore, damals graduierter Student der Mikrobiologie an der University of New Hampshire in Durham, USA, durch ein Mikroskop spähte, um hinter die Eigenheiten von Schlamm bewohnenden Bakterien zu kommen. Die untersuchten Wasserproben stammten aus dem Schlamm eines marinen Küstensumpfes in der Nähe von Woods Hole, Massachusetts. Blakemore fiel auf, dass einige der beobachteten Mikroorganismen immer in die gleiche Himmelsrichtung schwammen. An den Lichtverhältnissen konnte es nicht liegen, denn dieRichtung blieb auch dann gleich, wenn man einen lichtdichten Karton über das Mikroskop stülpte. Ein Wechsel des Laboratoriumsraumes bleib gleichfalls ohne Einfluß. Es schien schließlich, dass sich die Bakterien am Erdmagnetfeld orientierten.
Dass Magnetismus die treibende Kraft war, ließ sich leicht demonstrieren, mittels eines Permanentmagneten. Wenn man den in Bakteriennähe brachte, schwammen die Bakterien auf den Teil zu, der die nordsuchende Seite einer Kompaßnadel anzieht. Den anderen Pol des Magneten mieden sie nach Kräften.
Ein Transmissionselektronenmikroskop enthüllte schließlich das Geheimnis der Bakterien: sie - genauer: Angehörige der Species Aquaspirillum magnetotacticum - enthielten Ketten von rund 20 winzigen Partikeln, die offenbar als Kompassnadel dienten. Die genauere Analyse mittels Mößbauer-Spektroskopie offenbarte eine vertraute Verbindung: Magnetit, Fe3O4, frühen Seefahrern als "Leitstein" bekannt, der, an einem Faden aufgehängt, wie eine Kompassnadel die Richtung wies.
Magnetit ist ein sogenanntes ferrimagnetisches Material. Wenn ein Kriställchen aus Magnetit eine gewisse Größe überschreitet, bilden sich verschiedene magnetische Zonen, die einander zu neutralisieren suchen - das magnetische Gesamtmoment ist dann, je nach Einzelfall, eher klein. Magnetitkriställchen unter einer gewissen Mindestgröße neigen wiederum dazu, sich spontan, als Folge der wärmegetriebenen Bewegung ihrer Atome, umzuorientieren. Die optimale Größe für Magnetitkriställchen, was ihre magnetische Stärke pro Gewicht angeht, liegt zwischen 40 und 120 Nanometern. Die Magnetitkriställchengröße bei den meisten magnetischen Bakterien liegt natürlich auch zwischen 40 und 120 Nanometern.
Magnetische Bakterien, die sich vom Erdmagnetfeld leiten lassen, haben natürlich etwas davon. In mittleren Breiten nämlich neigt sich das Erdmagnetfeld in die Erde hinein, und die Bakterien finden entlang dieser Linien in die für ihr Gedeihen günstigste Wasserschicht. Magnetotaktische Bakterien scheinen auch so nett, die Richtung der Kompaßnadel an ihre Nachkommen weiterzugeben. Während ihrer Teilung verbleibt in jeder Nachfolgezelle ein Stückchen der Magnetitkette und dient als Vorbild für die neue, lange, einem erwachsenen Bakterium gemäße. Das funktioniert nicht immer; unter dem Mikroskop sind immer wieder Mutanten zu erkennen, die in die falsche Richtung schwimmen. Bakterien auf der Südhalbkugel der Erde sind übrigens anders herum gepolt als die auf der Nordhalbkugel, bezüglich ihrer Antriebsgeißel
Mars verlangt Evolution, dass einer den anderen vertilge, und dazu fehlen im Vakuum des Weltraums einfach die Möglichkeiten
Well, it is a very interesting story because the trilobites are extinct, and this work has been done by several authors, principally Ken Tau in America, and always shown was, in fossilized material the eyes were intact, and the eyes were intact because they were mineralized, and they were considered that they were actually mineralyzed in the living organism. Now, if you look at what the mineral is, it's calcium carbonate, it's like chalk, but it's a particular type of carbonate called calcite. And calcite has the unusual property that, if you look through a crystal of calcite you see a double image, it's called double diffraction. That means of course that these trilobites would be walking around having a double image, if they used calcite as an eye-lens, a rather blurred image. But what was found when the crystals were analysed was that they were organised such that one particular axis of the crystal, called the c-axis, was aligned in a preferential direction such that the incident of light, the direction of the incidence of light, was parallel to the c-axis, and it just turns out that in this crystal structure there is only one direction in which you get a single image, not a double image, and that turns out to be the c-axis. So indeed, these organisms would have a very sharp image, because of the way these organisms organized their crystals
Das vielleicht hübscheste und zugleich äußerst raffinierte biomineralische Gebilde heißt "Gießkannenschwamm" oder, entschieden schöner, "Venusblumenkörbchen".
Es ist das Skelett eines Lebewesens, das in einem kleinen Seegebiet in der Nähe der philippinischen Inseln am Grunde der See lebt. Das Ding ist geformt und gebogen wie die Scheide eines türkischen Krummdolches, dabei aber um seine Längsachse rund. Seinen Namen verdankt der Schwamm der Struktur des Innenskeletts seiner Hülle: sie ist ein filigranes Geflecht aus feinen Kieselnadeln, durchlöchert wie das Korbgeflecht am Rücken eines Holzstuhls und, wie dieses, sowohl in einem rechtwinkligen Netz als auch über die Diagonalen verflochten.
Das Venusblumenkörbchen gilt als Meisterwerk der Biomineralisation: im Durchmesser 3 Nanometer messende Elementarbausteine aus Kieselerde (Siliziumdioxid) fügen die Zellen des Schwamms zunächst zu hauchfeinen Schichten zusammen, die dann so eingerollt werden, dass sich die Kieselnadeln bilden, Grundelement wieder für das Korbgeflecht, das hohen Druckwechseln widerstehen kann
Ähnlich meisterlich gestaltet, vom Molekül zur Makrostruktur, der Schwimmtank des Tintenfisches. Um ohne Kraftentfaltung in der Schwebe bleiben zu können, verfügt das Tier über einen mikrometerfein gekammerten Tank aus Calciumkarbonat. Die Kammerung ist nach Art der Honigwaben-Sandwichbleche, wie sie im Flugzeugbau Verwendung finden, strukturiert; infolgedessen hält der großenteils mit Stickstoff gefüllte Tank - seine Poren nehmen 90 Prozent des Volumens ein - noch den Wasserdrücken in 200 Metern Tiefe stand. Als Schulp Sepia-Schulp die Strände des Mittelmeeres. Gemahlen dient das Material als Zugabe für Zahnputzmittel. So nahe kann Biomineralogie sein. Noch näher: der Zahnarztbohrer.
Das Mineral, das hier weggebohrt wird, heißt "Hydroxylapatit", der wichtigste Bestandteil des Zahnes.
Muscheln schließlich: Perlmutt ist natürlich auch ein strukturelles biomineralisches Meisterwerk, bestehend aus Mikrometer kleinen Plättchen. Die gewöhnliche Weinbergschnecke ... Nautilus
Es gibt viele Dinge zwischen Himmel und Erde, von denen sich unsere Schulweisheit nichts träumen lässt, versichert der Dichter. Zu Recht, aber unvollständig: Auch die See ist noch voller unentdeckter Rätsel. So hat sich ein bislang als eher unauffällig geltender Seestern, Ophioma wendtii, ein sogenannter Haarstern, als Besitzer einer Optik herausgestellt, um die ihn Carl Zeiss beneidet hätte.
Die Geschichte kam ins Rollen, als Gordon Hendler, Meeresbiologe am Museum für Naturgeschichte in Los Angeles, an Ophioma wendtii, Verhaltenseigentümlichkeiten entdeckte. Der handtellergroße Seestern, dessen scheibenförmigem Körper fünf Arme entsprießen, wechselte seine Farbe im Tagesrhythmus: Nachts war er braun und grau, tagsüber dunkelrot. Der Farbwechsel, fand Hendler, war auf steuerbare pigmenthaltige Zellen zurückzuführen. Und die Pigmentzellen umringten kleine klare Fenster in den aus Calcit bestehenden Panzerschuppen des Tieres.
Hendler gab diese Informationen an das Weizmann Institut in Rehovot, Israel, weiter, das in Fragen der Biomineralisation - der Entstehung komplexer Minerale in Lebewesen - führende Fachleute beschäftigt, darunter Joanna Aizenberg. Die hatte der Seestern zunächst aus anderen Gründen interessiert:
Ursprünglich hatten wir uns das Skelett angesehen, das aus starkem Verbundmateral besteht. Und dann haben wir diese optischen Strukturen gesehen und gefunden, dass die wirklich gute Eigenschaften haben. Das geht schon mal so: Man sucht etwas Bestimmtes in der Natur und findet dann etwas noch viel Interessanteres.
In diesem Fall sollte unter der Leitung von Joanna Aizenberg, jetzt bei den Bell Laboratories in New Jersey, USA, einer der verblüffendsten optischen Sinne entdeckt werden, den die Tierwelt zu bieten hat:
Die ganze Oberfläche des Haarsterns ist mit Mikrolinsenfeldern bedeckt, der Durchmesser der Einzellinsen liegt zwischen 20- und 40-tausendstel Millimetern. Und weil das Tier vollständig damit bedeckt ist, kann es in alle Richtungen zugleich sehen, jede Linse zeigt in eine andere Richtung. So macht sich der Organismus ein Bild von seiner kompletten Umgebung. Und ich denke, diese ganze Ansammlung von Linsen arbeitet zusammen wie ein Komplexauge, wie es eine Fliege hat.
Wenn man einen Kristall aus Calcit auf eine Zeitung legt, sieht man die Schrift in der Regel doppelt, Ursache ist das Phänomen der Doppelbrechung. Es gibt nur eine Richtung im Kristall, in der ein normales Bild zu sehen ist, entlang der sogenannten c-Achse - der Haarstern schafft es, seine Mikrolinsen genau so zu kristallisieren, dass ein normales Bild entsteht. Mehr noch: Ophioma wendtii stattet seine Linsen mit optischen Raffinessen aus, mit denen Carl Zeiss, Jena, berühmt und groß geworden ist.
Die Form der Linsen ist genau so, dass die sphärische Aberration korrigiert wird. "Sphärische Aberration", das hat der Industrie schwer zu schaffen gemacht, das erzeugt schwere Abbildungsfehler, es ist, als ob man einen Flaschenboden als Linse benutzen würde, das ganze Bild ist verzerrt. Alle (unkorrigierten) sphärischen Linsen haben diesen Effekt. Aber dieser Organismus lässt seine Linsen aus orientiertem Calcit wachsen, ohne sphärische Aberration
Im Ergebnis, versichert Joanna Aizenberg, die die Seestern-Optik mit modernen Methoden vermessen hat, stellen die Mikrolinsen Menschenwerk in den Schatten:
Die besten Linsen, die wir uns denken können, zehn bis zwanzigmal besser als alles, was bisher an sphärischen Linsen dieser Größenordnung von der Industrie machbar war.
Die von Gordon Hendler am Museum für Naturgeschichte in Los Angeles gefundenen Pigmente schließlich stellten sich als eine Art einstellbare Sonnenbrille heraus:
Sie haben ein Pigment, dass sich am Tag vor die Lichtrezeptoren schiebt, wie eine Sonnenbrille, und nachts wird das Pigment wieder weggenommen, für eine bessere Weitsicht, ein bisschen wie die Iris unserer Augen. Alles zusammen eine erstaunliche optische Leistung.
Wie genau Lebewesen so etwas zustande bringen, wird derzeit allmählich aufgeklärt:
Wir wissen gegenwärtig nur, dass das von organischen Molekülen gesteuert wird. Da gibt es Proteine und Zellen, die den Prozeß steuern. Anders als bei der anorganischen Kristallisation gibt die Natur hochspezifische organische Substanzen dazu, die die Form und Orientierung der Kristalle bestimmen, etwa für optische Anwendungen, wie’s gebraucht wird.
Die Wissenschaftler vermuten jetzt auch bei vielen anderen Meeresbewohnern optische Eigentümlichkeiten, Überraschungen sind drin.
Diatomeen sind einerseits winzig; dafür, dass sie Einzeller sind, aber wieder riesig, die größten messen einen halben Millimeter, können also mit bloßem Auge gesehen werden. Diatomeen bevölkern in sehr großer Zahl die oberen Schichten der Gewässer, der Meere ebenso wie die der Flüsse. Im Meer stellen sie das erste Glied der Nahrungskette dar.
Seit es Mikroskope gibt, erfreuen Diatomeen auch das Auge, denn ihr Kieselsäurepanzer ist außerordentlich komplex und anmutig gebaut. Jetzt wird allmählich klar, wie ein so kleines Lebewesen so große Kompliziertheit hervorbringen kann, Mathias Schulenburg hat sich die Sache in Regensburg angesehen:
Man muss schon genau hinsehen, um eine der bemerkenswertesten Eigentümlichkeiten bestimmter Diatomeenpanzer zu bemerken, sagt Manfred Sumper Professor am Lehrstuhl für Biochemie I der Universität Regensburg, für die feinsten braucht man tatsächlich ein Elektroenmikroskop:
Und was man eben deutlich sehen kann, ist, dass diese Struktur aus hexagonalen Substrukturen aufgebaut ist, wenn man hier beginnt, eine große hexagonale Struktur, in dieser Struktur ist eine kleinere hexagonale Struktur eingelagert, in diese kleineren hexagonale Strukturen sind wiederum noch kleinere hexagonale Strukturen eingelagert, so dass man sich die Struktur vorstellen kann zusammengesetzt aus hexagonalen Strukturen mit immer kleineren Maßstäben.
Das Bild ist ähnlich einer Bienenwabe, in die ein Muster kleinerer Bienenwaben eingebettet ist - eine Wabe in der Mitte und sechs andere drumherum. Bei näherem Hinsehen ist in jede kleinere Bienenwabe wieder ein Muster noch kleinerer Bienenwaben eingebettet - eine Wabe in der Mitte und sechs drumherum, und so fort - das Phänomen nennt man in der Mathematik "Selbstähnlichkeit". Die Regensburger haben Diatomeen mit bis zu vier Strukturebenen gefunden.
Die filigrane Struktur eines Diatomeengehäuses bietet ein Maximum an Stabilität pro eingesetzter Kieselsäuremenge; sie ist überdies offen porös und damit durchlässig für Nährstoffe, und Sonnenlicht. Das ist wichtig, weil hinter dem Kieselsäurepanzer kleine Chloroplasten arbeiten, die Photosynthese betreiben und so die Substanzen für das erste Glied der ozeanischen Nahrungskette aufbauen.
Wie kommt eine so delikate Struktur zustande ? Das Geheimnis wurde gelüftet, als die Regenburger die Kieselsäure mit Flußsäure auflösten, einem für die meisten Minerale sehr aggressiven Medium, und die organischen Reste untersuchten. Sie fanden so genannte Polyamine, eine lange bekannte Proteingruppe, die in diesem Fall aber eine Besonderheit hatte:
Das ist eine lineare Kette, das sind immer drei Kohlenstoffatome, dann ein Stickstoffatom, dann wieder drei Kohlenstoffatome, wieder ein Stickstoffatom, also das ist eine lange, lange Kette, die sind linear aneinandergekoppelt, diese Einheiten, bis zu zwanzig mal. Das sind riesige Polyamid-Strukturen, wie sie in der Natur bisher nicht bekannt waren.
Mittlerweile ist es in Regensburg auch gelungen, die Baumeister-Proteine gentechnisch zu synthetisieren; in einem mit richtig dosierter Kieselsäure versehenen Glas Wasser entfalten sie eine ähnliche Wirkung wie in einer Diatomee.
Im Reagenzglas bilden die also wunderschöne Nanokügelchen aus SiO2, die ganz regelmäßige Durchmesser haben, also man kann die Bedingungen steuern, welche Nanokügelchen man produzieren will, die Nanokügelchen sind zwischen 50 bis 900 nm, die man herstellen kann im Reagenzglas damit.
Für die Entstehung der filigranen Diatomeen-Gehäuse hat Manfred Sumper in SCIENCE ein verblüffend einfaches Modell vorgestellt. Danach fügen sich zunächst in einer mit Kieselsäure angereicherten wäßrigen Lösung Tröpfchen aus Polyaminen zu einem hexagonalen Muster zusammen, ganz zwanglos, denn dieses Muster entspricht einem Zustand minimaler Energie, das sich an jeder Bierblume beobachten lässt. Bei Diatomeen ist das Reaktiongebiet allerdings so begrenzt, dass sich eine einlagige Tröpfchenschicht bildet. An den Begrenzungen der Tröpfchen fällt Kieselsäure aus, das erste Bienenwabenmuster bildet sich. Weil bei dem Prozeß auch Polyamine verbraucht werden, schrumpfen die Polyamintröpfchen, werden dabei unstabil und zerlegen sich in wiederum hexagonal angeordnete Muster kleinerer Tröpfchen und so fort - ein rein physiko-chemischer Musterbildungsprozeß, der möglicherweise auch für technische Anwendungen taugt:
Man kann kleine Strukturen herstellen, und woran man bei solchen kleinen SiO2-Strukturen immer denkt, ist natürlich optische Effekte zu erzielen, wie z.B. Lichtleitung, photonische Kristalle, das sind so die vermuteten Anwendungen solcher kleinen nanostrukturierten SiO2-Materialien.
Eine besonders schöne Anwendung wäre natürlich die Herstellung von synthetischen Opalen, die aus nichts anderem als regelmäßig arrangierten Siliziumdioxid-Kügelchehn bestehen.
Die verschiedenen Disziplinen der Naturwissenschaften waren lange Zeit eher auf Trennung bedacht. Mit dem Aufkommen der Nanotechnologie wird diese Trennung mehr und mehr überwunden, denn auf der Ebene der Atome treten die Gemeinsamkeiten deutlich zutage. Ein kürzlich in der Wissenschaftszeitschrift SCIENCE erschienener Artikel beschreibt ein nanotechnologisches Unternehmen, bei dem nichts weniger als anorganische Chemie, Materialwissenschaft, Biomineralisation, Biochemie, Molekularbiologie, Elektronik und Evolutionstechnik bemüht werden mussten.
Nach funktionierender Nanotechnologie muss man nicht lange suchen, in jedem Lebewesen sind nanoskopische Strukturen aktiv: Die Erbsubstanz DNA, Antikörper, Muskelproteine als Nanomaschinen und vieles andere mehr. Besonders raffinierte Nanotechnologie findet sich im Meer, Muscheln etwa können Proteine bilden, die aus den im Meerwasser gelösten Stoffen Kristalle wachsen lassen, die sich zu zähen, mehrschichtigen Panzern fügen. Die detaillierte Erforschung solcher Vorgänge wird "Biomineralisation" genannt, das Zahnwachstum gehört auch dazu; jetzt, sagt Angela Belcher, Assistant Professor an der University of Texas und Verfasserin des SCIENCE-Beitrages, sollen der Disziplin auch Ausläufer ins Hochtechnologische wachsen:
Wir versuchen, von der Natur abzukupfern, wie etwa Seemuscheln Proteine dazu bringen, Minerale zu synthetisieren. Diese Methoden möchten wir jetzt für elektronische Materialien nutzen.
Viele Substanzen gewinnen technisch interessante Eigenschaften, wenn sie in der Gestalt von Nanopartikeln vorliegen, Ensembles von einigen hundert bis tausend Atomen. Goldnanos etwa können dann in hauchdünnen Schichten Glas färben; ansonsten ganz ordinäre Verbindungen verdoppeln die Lichtfrequenz von Lasern, wenn sie in Nanoclustern organisiert sind. Angela Belchers Verfahren zur Erzeugung solcher Quantenpunkt- Strukturen klingt so exotisch, dass ein Hinweis auf ihre zahlreichen wissenschaftlichen Auszeichnungen angebracht scheint, Angela Belcher verwendet - dressierte Viren.
Wir nehmen im Wesentlichen vielleicht eine Milliarde Viren, die bis auf ein variables Proteinanhängsel identisch sind, und setzen die einem Selektionsprozeß aus. Übrig bleiben die, deren Protein fest an das interessierende Material bindet, in diesem Fall Zinksulfid. Die haben dann einen molekularen Keim für Kriställchen des gewünschten Materials, in diesem Fall Zinksulfid.
Die "guten" Viren dürfen sich in Gast-Bakterien vermehren. Das Zinksulfid ist in diesem Fall vornehmlich Modellsubstanz, die von den Viren selektiv gesucht, gebunden und zu Kriställchen, Quantenpunkten, gefügt wird. Deren Qualität, sagt Angela Belcher, sei noch nicht sonderlich hoch, aber verbesserungsfähig. Das Verfahren funktioniere auch bei vielen anderen Verbindungen:
Wir haben auch Viren für Cadmium-Sulfid. Mit diesem Prozeß von Virenselektion, -vermehrung und Reinigung können wir Viren für viele verschiedene Materialien herausfiltern.
Mit nanoskopischen Partikeln lassen sich neue Eigenschaftsräume erschließen, wenn sie ganz regelmäßig, wie in einem Kristall, arrangiert werden. Mikroskopisch feine Siliziumdioxidkügelchen etwa sind ungeordnet unscheinbar, in einem strengen Gitter geordnet werden sie zu farbenprächtigem Opal. Materialien mit gitterartig angeordneten Partikeln werden es auch sein, die das Rechnen mit Licht ermöglichen; jetzt schon helfen sie, die Übertragungskapazität von Glasfasern zu vervielfachen etc. Angela Belcher kann solche Strukturen erzeugen, indem sie ihre Nanokristalle erzeugenden Viren ihrerseits kristallisiert.
Wir haben also die Neigung dieser Viren mit den daran gebundenen Halbleiter-Nanopartikeln genutzt, sich ganz von selbst zu langreichweitig geordneten Strukturen zu fügen, in diesem Fall zu Flüssigkristallen, zu Dünnfilmen. Jedes Virus hat also an seinem Kopf ein Nanoteilchen wachsen lassen und sich dann eingeordnet, das gab schließlich Reihen von Nanopartikeln über viele Zentimeter hinweg.