Beatrix Novy: Max Beckmann, der Maler-Berserker, der auch erschüttert von der Erfahrung des Ersten Weltkriegs, seinen eigenen Expressionismus schuf, Max Beckmann ist jetzt im Museum Wiesbaden zu sehen. Warum eigentlich? Weil es auch um seine Frau geht, Quappi. Christiane Vielhaber, Sie haben die Ausstellung gesehen. Warum denn dieser private Zugang – eine Ausstellung über Quappi und Max Beckmann? Ist das jetzt wieder so ein Motiv, eine Ausstellung zu machen, irgendwie?
Christiane Vielhaber: Also mir hat das wahnsinnig gefallen, dass ein Museum sich um ein Bild kümmert, was – und das ist eigentlich der Anlass – seit 25 Jahren im Besitz des Museums ist. Es ist 1987 bei Ketterer in Stuttgart - nein, es ist 1987 aus dem Nachlass von Hanna Bekker vom Rath, die eine Kunsthandlung in Frankfurt hatte, ins Museum gekommen. Es ist Anfang der 50er-Jahre bei Ketterer versteigert worden, es ist über den Galeristen Flechtheim in den Kunsthandel gekommen – also es geht auf der einen Seite um die Provenienz, es geht um die Geschichte dieses Bildes, und dann hat man sich in Wiesbaden gesagt, wir haben das Bild gerade mal wieder ausgeliehen an die Pinakothek München, wo Beckmann und de Kooning und Picasso war, also die Frau. Das Bild wird ausgeliehen für Thema nackt vor ein paar Jahren im Städel in Frankfurt, es wird ausgeliehen für Beckmann und Beckmann und das und so – das Bild ist ständig auf Tournee. Was ist eigentlich an diesem Bild "Frau mit Hund"?
Und dann hat man erst gewollt, wir machen eine kleine Kabinettausstellung um dieses Bild, indem wir forschen, forschen, forschen. Dann hat man gewusst, plötzlich – eigentlich schon seit ein paar Jahren –, dass dieser Akt mit Hund, dass das nämlich Quappi ist, und was diese Ausstellung jetzt eigentlich belegt, anschaulich beweist, ist, dass es wirklich Quappi ist. Das sehen Sie nicht nur an den langen roten Fingernägeln, das sehen Sie nicht nur an dem Armband, das sehen Sie nicht nur an der etwas kräftigen Nase, sondern zum Beispiel dieser Hund, der neben diesem Akt, der Kopfüber da liegt, sitzt, und sich umguckt, das war der Pekinese Majong, den Beckmann seiner Frau, seiner zweiten Frau Quappi geschenkt hat. Es ist ein bisschen schwierig, wenn jetzt in dieser Ausstellung gesagt wird, dieser Pekinese guckt sich um, und es kann also insofern keine Bordellszene sein, denn erstens hat sie viel zu große rote Schluffen an – das sind wahrscheinlich seine –, wie sie da so liegt mit den Schenkeln, und diese Hausschuhe am Fuß, das müssten seine sein. Und dass der kleine Hund sich so friedlich umdreht, das ist eigentlich ein Zeichen dafür, dass hinter ihn das Herrchen steht.
Novy: Worauf deutet denn eigentlich der Titel, der Untertitel der Ausstellung hin, "Oh mein Liebling, ich werde so bös zu dir sein"? Das ist ja ein Zitat, ich weiß nicht, sagt er das, sagt sie das' Geht es um die private Beziehung zwischen den beiden?
Vielhaber: Wenn Sie diese Ausstellung, die nur zehn Bilder zeigt, verlassen haben, dann sind Sie ziemlich sicher, dass dieses schriftliche Zitat von Max Beckmann an Quappi, dass das genau so gut von ihr sein könnte. Es gibt dann zum Beispiel neben diesem Akt, der wirklich kopfüber so liegt an diesem Bett, gibt es dann daneben ein Bild, was ein Jahr früher entstanden ist, 1925, wo er sie in einem blauen Kleid malt, und da steht sie dann so, so selbstbewusst, die Hand so in der Taille, und dann guckt sie über uns hinweg, sie guckt uns überhaupt nicht an, und diese Ausstellung geht so weit zu sagen, dass Max Beckmann, der sonst eigentlich seine Signaturen unten gemacht hat, dass er das über ihren Augen gemacht hat, und das heißt, er ist mit ihr auf Augenhöhe. Er hat mal gesagt, dass das das Tollste sei, dass die sich beide gleichstark lieben. Ich glaube, so was gibt es im Leben wirklich nicht, dass sich zwei beide gleichstark lieben, aber dass sie möglicherweise die starke war und auch böse sein konnte, also dass sie ihn auch – in diesem Bild steht sie dann fast wie eine Domina –, dass sie ihn schon ganz gut in der Hand hatte. Und dann gibt es ein anderes Bild, da steigt sie auf, und sie ist durchaus immer zu erkennen, an der etwas großen Nase, an den vollen roten Lippen, an dem schönen Dekolleté, mit einem Ballon – das bezieht sich auf 1928, als die Olympiade, die Olympischen Spiele in Amsterdam waren, und da war er noch nicht in Amsterdam, er muss aber Bilder gesehen haben. Und sie steht in einem Ballon und steht da oben und hat eine Flagge in der Hand, und er – und das ist er ganz eindeutig – fällt kopfüber aus diesem Ballon. Also dass sie auch jederzeit Ballast abwerfen konnte. Sie steht stellvertretend für alle starken Frauen, aber in diesem Fall sieht man eben auch das Spiel der beiden, das Rollenspiel untereinander und miteinander.
Novy: Die meistgemalte Frau, Quappi Beckmann – also eine Ausstellung mit Grund, Christiane Vielhaber?
Vielhaber: Ja, absolut, und diese zehn Bilder sind so in dem Nebeneinander eigentlich so aufschlussreich. Vielleicht hätten auch vier gereicht, aber es macht einfach Spaß, so eine kunstwissenschaftliche Forschung anschaulich nachzuvollziehen.
Novy: Quappi und Max Beckmann, so heißt die Ausstellung im Museum Wiesbaden, Christiane Vielhaber hat sie für uns gesehen.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Christiane Vielhaber: Also mir hat das wahnsinnig gefallen, dass ein Museum sich um ein Bild kümmert, was – und das ist eigentlich der Anlass – seit 25 Jahren im Besitz des Museums ist. Es ist 1987 bei Ketterer in Stuttgart - nein, es ist 1987 aus dem Nachlass von Hanna Bekker vom Rath, die eine Kunsthandlung in Frankfurt hatte, ins Museum gekommen. Es ist Anfang der 50er-Jahre bei Ketterer versteigert worden, es ist über den Galeristen Flechtheim in den Kunsthandel gekommen – also es geht auf der einen Seite um die Provenienz, es geht um die Geschichte dieses Bildes, und dann hat man sich in Wiesbaden gesagt, wir haben das Bild gerade mal wieder ausgeliehen an die Pinakothek München, wo Beckmann und de Kooning und Picasso war, also die Frau. Das Bild wird ausgeliehen für Thema nackt vor ein paar Jahren im Städel in Frankfurt, es wird ausgeliehen für Beckmann und Beckmann und das und so – das Bild ist ständig auf Tournee. Was ist eigentlich an diesem Bild "Frau mit Hund"?
Und dann hat man erst gewollt, wir machen eine kleine Kabinettausstellung um dieses Bild, indem wir forschen, forschen, forschen. Dann hat man gewusst, plötzlich – eigentlich schon seit ein paar Jahren –, dass dieser Akt mit Hund, dass das nämlich Quappi ist, und was diese Ausstellung jetzt eigentlich belegt, anschaulich beweist, ist, dass es wirklich Quappi ist. Das sehen Sie nicht nur an den langen roten Fingernägeln, das sehen Sie nicht nur an dem Armband, das sehen Sie nicht nur an der etwas kräftigen Nase, sondern zum Beispiel dieser Hund, der neben diesem Akt, der Kopfüber da liegt, sitzt, und sich umguckt, das war der Pekinese Majong, den Beckmann seiner Frau, seiner zweiten Frau Quappi geschenkt hat. Es ist ein bisschen schwierig, wenn jetzt in dieser Ausstellung gesagt wird, dieser Pekinese guckt sich um, und es kann also insofern keine Bordellszene sein, denn erstens hat sie viel zu große rote Schluffen an – das sind wahrscheinlich seine –, wie sie da so liegt mit den Schenkeln, und diese Hausschuhe am Fuß, das müssten seine sein. Und dass der kleine Hund sich so friedlich umdreht, das ist eigentlich ein Zeichen dafür, dass hinter ihn das Herrchen steht.
Novy: Worauf deutet denn eigentlich der Titel, der Untertitel der Ausstellung hin, "Oh mein Liebling, ich werde so bös zu dir sein"? Das ist ja ein Zitat, ich weiß nicht, sagt er das, sagt sie das' Geht es um die private Beziehung zwischen den beiden?
Vielhaber: Wenn Sie diese Ausstellung, die nur zehn Bilder zeigt, verlassen haben, dann sind Sie ziemlich sicher, dass dieses schriftliche Zitat von Max Beckmann an Quappi, dass das genau so gut von ihr sein könnte. Es gibt dann zum Beispiel neben diesem Akt, der wirklich kopfüber so liegt an diesem Bett, gibt es dann daneben ein Bild, was ein Jahr früher entstanden ist, 1925, wo er sie in einem blauen Kleid malt, und da steht sie dann so, so selbstbewusst, die Hand so in der Taille, und dann guckt sie über uns hinweg, sie guckt uns überhaupt nicht an, und diese Ausstellung geht so weit zu sagen, dass Max Beckmann, der sonst eigentlich seine Signaturen unten gemacht hat, dass er das über ihren Augen gemacht hat, und das heißt, er ist mit ihr auf Augenhöhe. Er hat mal gesagt, dass das das Tollste sei, dass die sich beide gleichstark lieben. Ich glaube, so was gibt es im Leben wirklich nicht, dass sich zwei beide gleichstark lieben, aber dass sie möglicherweise die starke war und auch böse sein konnte, also dass sie ihn auch – in diesem Bild steht sie dann fast wie eine Domina –, dass sie ihn schon ganz gut in der Hand hatte. Und dann gibt es ein anderes Bild, da steigt sie auf, und sie ist durchaus immer zu erkennen, an der etwas großen Nase, an den vollen roten Lippen, an dem schönen Dekolleté, mit einem Ballon – das bezieht sich auf 1928, als die Olympiade, die Olympischen Spiele in Amsterdam waren, und da war er noch nicht in Amsterdam, er muss aber Bilder gesehen haben. Und sie steht in einem Ballon und steht da oben und hat eine Flagge in der Hand, und er – und das ist er ganz eindeutig – fällt kopfüber aus diesem Ballon. Also dass sie auch jederzeit Ballast abwerfen konnte. Sie steht stellvertretend für alle starken Frauen, aber in diesem Fall sieht man eben auch das Spiel der beiden, das Rollenspiel untereinander und miteinander.
Novy: Die meistgemalte Frau, Quappi Beckmann – also eine Ausstellung mit Grund, Christiane Vielhaber?
Vielhaber: Ja, absolut, und diese zehn Bilder sind so in dem Nebeneinander eigentlich so aufschlussreich. Vielleicht hätten auch vier gereicht, aber es macht einfach Spaß, so eine kunstwissenschaftliche Forschung anschaulich nachzuvollziehen.
Novy: Quappi und Max Beckmann, so heißt die Ausstellung im Museum Wiesbaden, Christiane Vielhaber hat sie für uns gesehen.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.