Die Sammlung des Museums Europäischer Kulturen ist sowohl durch die Volkskunde wie durch die Völkerkunde geprägt. Sie enthält ihren Anteil nationaler Selbstvergewisserung durch die Volkskundlichen Sammlungen Rudolf Virchows ebenso wie einen Teil europäischer Ethnologie durch die Sammlungen des einstigen Berliner Museums für Völkerkunde - beide Häuser wurden im Zweiten Weltkrieg zerstört, viele Exponate gingen damals verloren, und was übrig blieb, wurde nach dem Krieg zwischen Ost und West verstreut und dann nach der Wende zu einer gemeinsamen Sammlung zusammengefügt. Von den über 270.000 Sammlungsstücken, über die das Museum Europäischer Kulturen heute verfügt, ist in den schmalen Sälen des Bruno-Paul-Baus kaum ein Prozent ausgestellt. Eine ständige Sammlungspräsentation gab es aus diesem Grund nie in diesem Museum, wie etwa in den benachbarten Museen für außereuropäische Ethnologie - nur turnusmäßig wechselnde Dauerausstellungen mit Themenschwerpunkten.
Für die Neueröffnung nach der zweijährigen Gebäudesanierung hat Museumsdirektor Konrad Vanja das Thema "Kulturkontakte" ersonnen. Schon im Titel, aber auch in der Ausstellung deutet sich nunmehr dasselbe kuratorische Prinzip an, das auch für das Humboldt-Forum im zu errichtenden Berliner Stadtschloss geplant ist: Die Ausstellungsobjekte werden aus chronologischen Zusammenhängen gelöst, sie erscheinen weniger als Zeugnisse einer bestimmten Epoche, denn als Installationen. Die strikte Trennung von "Kunstwerken" auf der einen und "Volkskunst" auf der anderen Seite wird aufgelöst. Und so wirken die Exponate plötzlich in den überfüllt wirkenden Räumen durch ihre fast aufdringliche Materialität. Die hundert Jahre alte venezianische Gondel, gleich am Beginn der Ausstellung wie ein symbolisches Leitmotiv aufgestellt, überrascht den Besucher durch ihre schiere Größe und durch die ungewöhnliche Nähe zu ihren Ornamenten, Materialien, den Lichteffekten ihrer schwarzen Bemalung. Sie steht nicht nur für die venezianische Tradition, sondern auch für deren Klischee und für den durchaus unterschiedlichen Gebrauch solcher Bilder. So changieren die europäischen "Kulturkontakte" durch alle Räume, und ganz egal auf welchem kulturellen Niveau sie angesiedelt sein mögen: Die ausgestellten Objekte sorgen für eine Materialität der Vieldeutigkeiten und der spielerisch-ästhetischen Fantasien, die weit über das ethnografische Korsett hinausgehen - vom sizilianischen Eselskarren, auf dem Kaiser Wilhelm I. reiste, und der mit Szenen von der Befreiung Siziliens vom osmanischen Joch bemalt ist, über irritierend vieldeutige Trachten, eine Werbe-Attrappe für Döner im Brot bis hin zum Prunkstück der Sammlung, einem mechanischen Weihnachtsberg aus dem Erzgebirge, bei dem durch Seilzüge in Gang gesetzte Figuren das Evangelium als gewaltiges Spieluhrenpanorama inszenieren.
Und was an Staunenswertem und Eindringlichen für die überbordende Dingwelt dieses Sammlungsteils gilt, das gilt im Besonderen auch für die Bildersammlung in der Sonderausstellung zu "Visuellen Studien im 19. Jahrhundert". Die hier auszugsweise gezeigten Fotografien von verschiedenen Volksgruppen und Siedlungsformen entfalten als Bild- und Blickatlas eine unerhörte Magie und verweisen zugleich auf den enormen Bilderschatz, der in den Archiven dieses Hauses schlummert.
Kritiker werfen der Konzeption des künftigen Humboldt-Forums seit jeher vor, das Museum und seine Sammlungen zu ästhetisieren, als geschichtsvergessene Aufhebung aller Wissensinhalte. Das wiedereröffnete Museum Europäischer Kulturen führt nun auf engstem Raum jedoch auch die Vorteile dieses Konzepts vor Augen, das die Exponate aus dem Zwangskorsett einer positivistischen Ordnung herauslöst und der Wissenschaft ein kreatives Moment zugesteht.
Nun werden absehbar auch wieder Stimmen lauter werden, die die Eingliederung auch des Museums Europäischer Kulturen in das künftige Humboldt-Forum fordern.
Für die Neueröffnung nach der zweijährigen Gebäudesanierung hat Museumsdirektor Konrad Vanja das Thema "Kulturkontakte" ersonnen. Schon im Titel, aber auch in der Ausstellung deutet sich nunmehr dasselbe kuratorische Prinzip an, das auch für das Humboldt-Forum im zu errichtenden Berliner Stadtschloss geplant ist: Die Ausstellungsobjekte werden aus chronologischen Zusammenhängen gelöst, sie erscheinen weniger als Zeugnisse einer bestimmten Epoche, denn als Installationen. Die strikte Trennung von "Kunstwerken" auf der einen und "Volkskunst" auf der anderen Seite wird aufgelöst. Und so wirken die Exponate plötzlich in den überfüllt wirkenden Räumen durch ihre fast aufdringliche Materialität. Die hundert Jahre alte venezianische Gondel, gleich am Beginn der Ausstellung wie ein symbolisches Leitmotiv aufgestellt, überrascht den Besucher durch ihre schiere Größe und durch die ungewöhnliche Nähe zu ihren Ornamenten, Materialien, den Lichteffekten ihrer schwarzen Bemalung. Sie steht nicht nur für die venezianische Tradition, sondern auch für deren Klischee und für den durchaus unterschiedlichen Gebrauch solcher Bilder. So changieren die europäischen "Kulturkontakte" durch alle Räume, und ganz egal auf welchem kulturellen Niveau sie angesiedelt sein mögen: Die ausgestellten Objekte sorgen für eine Materialität der Vieldeutigkeiten und der spielerisch-ästhetischen Fantasien, die weit über das ethnografische Korsett hinausgehen - vom sizilianischen Eselskarren, auf dem Kaiser Wilhelm I. reiste, und der mit Szenen von der Befreiung Siziliens vom osmanischen Joch bemalt ist, über irritierend vieldeutige Trachten, eine Werbe-Attrappe für Döner im Brot bis hin zum Prunkstück der Sammlung, einem mechanischen Weihnachtsberg aus dem Erzgebirge, bei dem durch Seilzüge in Gang gesetzte Figuren das Evangelium als gewaltiges Spieluhrenpanorama inszenieren.
Und was an Staunenswertem und Eindringlichen für die überbordende Dingwelt dieses Sammlungsteils gilt, das gilt im Besonderen auch für die Bildersammlung in der Sonderausstellung zu "Visuellen Studien im 19. Jahrhundert". Die hier auszugsweise gezeigten Fotografien von verschiedenen Volksgruppen und Siedlungsformen entfalten als Bild- und Blickatlas eine unerhörte Magie und verweisen zugleich auf den enormen Bilderschatz, der in den Archiven dieses Hauses schlummert.
Kritiker werfen der Konzeption des künftigen Humboldt-Forums seit jeher vor, das Museum und seine Sammlungen zu ästhetisieren, als geschichtsvergessene Aufhebung aller Wissensinhalte. Das wiedereröffnete Museum Europäischer Kulturen führt nun auf engstem Raum jedoch auch die Vorteile dieses Konzepts vor Augen, das die Exponate aus dem Zwangskorsett einer positivistischen Ordnung herauslöst und der Wissenschaft ein kreatives Moment zugesteht.
Nun werden absehbar auch wieder Stimmen lauter werden, die die Eingliederung auch des Museums Europäischer Kulturen in das künftige Humboldt-Forum fordern.