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Vom Winzling zum Mammut

Genetik. - Spätestens seit den Kinoerfolgen von "Jurassic Park" steht die Idee von der Wiedererweckung ausgestorbener Tiere mit Hilfe der Gentechnik im Raum. Das Vorhaben ist immens kompliziert, dennoch ist es mit Hilfe neuer Methoden aus der synthetischen Biologie denkbar.

Von Michael Lange |
    Vor allem jetzt im Sommer werden in Sibirien fast wöchentlich neue Mammut-Überreste entdeckt. Der Permafrostboden taut auf und immer besser erhaltene Stoßzähne, Knochen-, Haut- und Fellreste kommen zum Vorschein. Nachdem in Japan eine tiefgefrorene Maus geklont werden konnte, keimte erneut die Hoffnung, dass aus gut erhaltenem, tiefgefrorenem Gewebe, auch ein Mammut geklont werden könnte. Der Zoologe und Mammutexperte Alexej Tichonow von der russischen Akademie der Wissenschaften in Sankt Petersburg hält das jedoch für ausgeschlossen.

    "Zum Klonen braucht man eine lebende Zelle. Auch die Membranen des Tieres müssen intakt sein. Wenn wir gefrorenes Mammutgewebe unter dem Mikroskop anschauen, sehen wir zwar die Form der Zellen, aber sobald wir das Gewebe auftauen, erkennen wir, das alle Membranen zerstört sind."

    Gut erhalten sind allerdings die Erbmoleküle: Die DNA. Im Innern der Haare des Mammutfells fanden Wissenschaftler von der Pennsylvania-State-University die vollständige Mammut DNA - wenn auch zerlegt in unzählige einzelne Schnipsel. Aber es gelang den Forschern 70 Prozent des Mammut-Genoms im Computer zu rekonstruieren. Theoretisch könnte man das Mammut-Erbgut nach diesem Bauplan wieder zusammen setzen, so der aus Deutschland stammende Leiter der Arbeitsgruppe: Stefan Schuster von der Pennsylvania-State-University.

    "Es geht insgesamt darum 3,5 Milliarden Basenpaare zusammenzustückeln. Heute ist man in der Lage - das sind Arbeiten von Craig Venter - 800.000 Basenpaare zu einem Chromosom zusammenzufügen. Und wenn wir jetzt eine Extrapolierung machen, dass wir jetzt knapp eine Million können und wir brauchen 3.500 Millionen, dann können Sie sehen, wie viel technische Verbesserungen noch notwendig wären, um so etwas irgendwann mal Realität werden zu lassen."

    Unmöglich jedenfalls ist es nicht. Wenn sich die Techniken der DNA-Synthese genau so schnell entwickeln, wie die der Entzifferung von DNA in den letzten Jahren, würde es gerade einmal zehn bis 15 Jahre dauern, bis das Mammut-Erbgut im Labor neu erschaffen werden könnte. Schuster:

    "Vor drei Jahren hätte ich gesagt: Unmöglich! Aber momentan findet ein revolutionärer Fortschritt in vielen Bereichen der Molekularbiologie statt, und deshalb denke ich heute, zum jetzigen Zeitpunkt, dass es nicht mehr unmöglich ist."

    Noch gibt es kein konkretes Projekt, das Mammut mit Hilfe der synthetischen Biologie neu erstehen zu lassen. Nachdem ein Mammut-Klonprojekt in Japan im Sande verlaufen ist, sind die Forscher vorsichtiger geworden. Aber immer mehr von ihnen haben Freude daran, in Gedankenspielen dem Mammut eine zweite Chance zu geben. Und neueste Forschungen zeigen einen weiteren Weg zur Rückkehr des Mammuts: Gewissermaßen eine Abkürzung. Statt das Genom neu aufzubauen, könnte man das Erbgut eines Elefanten so verändern, dass aus ihm ein Mammut wird. Auch Stefan Schuster von der Pennsylvania-State-University sieht darin den schnelleren Weg, um dem Elefanten möglichst bald einen haarigen Verwandten zu bescheren.

    "Was wir scherzhaft nennen: reverse engineering. Also dass wir versuchen herauszufinden, welche Veränderungen müssen wir in einen asiatischen Elefanten einführen, dass er mehr mammutartig wird. Also eine Mammutifizierung eines indischen Elefanten. Um so etwas mit einem Mammut zu machen, müsste man minimal 400 000 Änderungen durchführen und maximal mehrere Millionen."

    Diese Art Genmanipulation ist noch unmöglich, aber an den Methoden wird gearbeitet. Auch wenn es ganz sicher wichtigere Ziele gibt, die Auferstehung der Eiszeitriesen scheint nur eine Frage der Zeit.