"Also das hier ist eine Fünfachsmaschine, wir können da einspannen und fünf Seiten bearbeiten, weil der Tisch hier sich schwenkt."
Samuel Azer steht vor einer der modernsten Fertigungsmaschinen im MAN-Ausbildungszentrum, erzählt von Bearbeitungsachsen, von Genauigkeitsklassen und wie er das Programmieren der vollautomatischen Steuerungstechnik lernte:
"Ja, es war ganz gut, habe etwas Respekt davor gehabt. Es ist die neueste Maschine und die größte Maschine, da muss man vorsichtig sein, aber zum Glück ist bei mir nichts Schlimmes passiert und es ist gut gelaufen. "
Vor zwei Jahren, im September 2015, stand der damals 18-jährige Azubi im ersten Lehrjahr noch einige Meter weiter an den alten, konventionellen Dreh- und Fräsmaschinen, musste gemeinsam mit dem zweiten ägyptischen Flüchtling, seinem Freund, um sieben Uhr antreten, bis 16 Uhr durchhalten.
Sein Freund ist auch noch dabei, gemeinsam habe man sich immer wieder angetrieben. Mittlerweile spezialisieren sie sich auf bestimmte Bereiche, wo sie später als Angestellte arbeiten wollen. In Kürze werden beide erstmals im Schichtdienst mit eingeteilt an den regulären Produktionsmaschinen für Schiffsmotorenteile:
"Ja, als wir immer zusammengearbeitet haben, war es so, dass er sagte, ich möchte besser werden, es war so ein Wettbewerb, aber im Freundlichen, dass wir uns gegenseitig motivieren. "
"Also die Energie ist immer noch da"
Es gab eigentlich nie den Moment, wo er alles aufgeben wollte, die Ausbildung hinschmeißen, weil sie zu schwer geworden wäre, überlegt der Ägypter:
"Also die Energie ist immer noch da, ich stehe immer noch gern früh auf, sogar manchmal am Wochenende, man gewöhnt sich auch dran und wenn die Arbeit interessant ist, dann hat man auch Lust früh aufzustehen, also die Arbeit ist nicht schlimm hier, sie ist sehr gut, deswegen ist man dann motiviert. "
Natürlich seien die Berufsschule und die Theorie schwer, die Fachbegriffe müssen auch auf Englisch gelernt werden. Aber wenn einen die Ausbildung interessiert, sei das alles kein Problem, betont Samuel. Im März schloss der heute 20-Jährige die Zwischenprüfung mit der Note 1,5 ab. Wenn es so weitergeht kann er eventuell das dritte Lehrjahr verkürzen:
"Also, wenn ich meine Ausbildung verkürze, dann wäre ich im Juli oder August schon fertig. Ich möchte dann ein oder zwei Jahre arbeiten, das schaue ich dann halt. Ich meine, MAN braucht auch Leute, die studieren, oder Techniker werden oder Programmierer, ja, also mein Ziel ist immer noch da, Ingenieur zu werden, aber eben Step by Step, einen Schritt nach dem anderen."
"Es läuft wirklich ganz ganz toll"
Wenn es so weitergeht wird sein Azubi auf jeden Fall übernommen, meint der Chef des Ausbildungszentrums Herbert Huttner. Huttner startete damals 2015 das Flüchtlingsprojekt gemeinsam mit der IHK Schwaben und ist noch immer positiv überrascht. In diesem September begannen wieder drei Asylbewerber das erste Lehrjahr:
"Also die beiden gehören wirklich zu den Leistungsträgern dieses Lehrjahres, also beide haben Einser in der Berufsschule, also beide haben fantastische Zeugnisse, wie ich es mir manchmal wünschen würde von unseren regulären Azubis. Also es läuft ganz toll und ich habe die Leistungsbereitschaft der Beiden hier im Haus auch hervorgehoben, was dazu geführt hat, dass auch weitere Asylbewerber bei uns eine Chance bekommen. "
2015 hatte der aus Glaubensgründen aus Ägypten geflohene Samuel Angst vor den ägyptischen Behörden, vermied öffentliche Fotos oder gar die Nennung seines vollen Namens. Die Ablehnung seines Asylantrages und die drohende Abschiebung belasteten ihn lange. Das alles ist vorbei, ist er erleichtert:
"Ich bin jetzt anerkannt seit dem 1. April und ich habe jetzt eine Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre, danach bekomme ich, wenn ich einen Arbeitsvertrag habe und wenn ich C1 im Sprachkurs erreicht habe, dann bekomme ich die unbegrenzte Aufenthaltserlaubnis."