SPD: zwischen Verständnis und Kurs halten
Mit Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Schwesig äußerte eine SPD-Politikerin Verständnis für die Proteste. "Die Sparvorschläge betreffen vor allem den ländlichen Raum und das ist wirklich falsch", sagte Schwesig im ARD-Fernsehen. "Es ist wichtig, dass die Leute Planungssicherheit haben, dass man ihnen nicht finanzielle Grundlagen über Nacht entzieht und dass man vor allem miteinander redet." Auch die SPD-geführten Länder Niedersachen, Brandenburg und das Saarland verlangen die Rücknahme der Kürzungen. Die saarländische Regierungschefin Rehlinger etwa sagte der "Rheinischen Post" aus Düsseldorf, die Landwirte könnten die Kürzungen beim Agrardiesel nicht "von jetzt auf gleich einkalkulieren". Eine Alternative zum Dieselkraftstoff gebe es für Traktoren "zumindest kurzfristig" nicht.
Allerdings zeigt sich, dass es bei den Sozialdemokraten keine einheitliche Sichtweise gibt. So verteidigte etwa Bundeskanzler Scholz trotz der bundesweiten Proteste von Landwirten den geplanten Subventionsabbau. Die Entscheidung sei sorgfältig abgewogen worden, sagte der SPD-Politiker. Dazu stehe die Bundesregierung.
FDP-Chef Lindner: Proteste unverhältnismäßig
Der FDP-Vorsitzende Lindner kritisierte die Proteste als "unverhältnismäßig". "Sie haben sich verrannt, bitte kehren Sie um", appellierte er an die Landwirte. Die Gesellschaft habe eine Verantwortung für die Landwirtschaft, so der Bundesfinanzminister, aber die Landwirtschaft habe umgekehrt auch eine Verantwortung für die Gesellschaft. Lindner verteidigte die Subventionskürzungen im Agrarbereich. "Gerade eine europäisch und national so hochsubventionierte Branche wird sich nicht jedes Konsolidierungsbeitrags erwehren können." Die Landwirtschaft profitiere etwa von der gesenkten Stromsteuer und fordere neue Fördermittel für den Stallumbau. "Wer neue Subventionen will, muss auch auf alte verzichten."
CDU: Wut "nachvollziehbar" - Merz: Abschaffung von Agrardieselsubvention später und EU-weit
Der sächsische Ministerpräsident Kretschmer warf der Bundesregierung im Deutschlandfunk vor, sie engagiere sich nicht ausreichend im Sinne einer Konfliktlösung. Es brauche dringend Gespräche und einen Konsens, sagte der Christdemokrat in unserem Programm.
"Die Wut der Bauern ist absolut nachvollziehbar", sagte CDU-Generalsekretär Linnemann der "Rheinischen Post". Der Umgang der Ampel-Regierung mit den Landwirten sei "respektlos". Wenn die Kürzungen beim Agrardiesel kämen, drohe weiteren Bauernhöfen "das endgültige Aus". Linnemann forderte: "Sie müssen zurückgenommen werden."
Auch der CDU-Bundesvorsitzende Merz solidarisierte sich mit den Bauernprotesten gegen die Politik der Bundesregierung. Er bereitete die Landwirte aber auf mögliche künftige Subventionsstreichungen vor. "Ich verspreche Ihnen nicht, dass das mit Kfz-Steuerbefreiung und Dieselsteuer auf alle Zeiten so bleibt", sagte er bei einer Protestkundgebung im Sauerland. "Wir werden daran denken müssen zu sparen." Die Pläne der Bundesregierung kritisiert Merz dennoch scharf: Um die derzeitigen Subventionen abzubauen, müssten erst eine Reihe von Bedingungen erfüllt sein. Etwa brauche es zunächst Alternativen für dieselbetriebene Agrarfahrzeuge. Zudem "muss es in ganz Europa stattfinden und nicht nur einseitig in Deutschland".
CSU-Vizechef Weber: Bauernproteste starkes Zeichen von bürgerlichem Engagement
Der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber (CSU), lobte die Proteste der Landwirte als starkes demokratisches Signal. "Ich erlebe die Bauern als Bürger, die für ihre Interessen eintreten, werben und demonstrieren", sagte der stellvertretende CSU-Chef der "Augsburger Allgemeinen". "Das ist ein starkes Zeichen von bürgerschaftlichem Engagement."
AfD "an der Seite unserer Landwirte" - doch daran gibt es Zweifel
"Wir unterstützen, dass die Bauern und andere Bürger friedlich für ihr Recht und ihre Interessen demonstrieren", teilt die AfD mit. "Sie gehen stellvertretend für weite Teile der Gesellschaft auf die Straße." In einem "Sofortprogramm" fordert die Partei: Eine Verdopplung der Agrardiesel-Rückerstattung. Außerdem solle es keine Kfz-Besteuerung "ohne Ausgleich für die Landwirte" geben. Und drittens: Ein Ende "der verrückten Energiepolitik der Ampel-Regierung sowie der Europäischen Union, um unsere Energiepreise zu halbieren".
Allerdings wird unter anderem in Medienberichten darauf hingewiesen, dass die AfD in ihrem Grundsatzprogramm von 2016 "mehr Wettbewerb" und "weniger Subventionen" für die Landwirtschaft forderte. Auch an anderer Stelle tauchten Zweifel am Engagement der AfD auf, berichtet etwa Focus Online. Parteivertreter erklärten hingegen, sie sähen keinen Widerspruch.
Grüne verweisen auf strukturelle Probleme
Bereits im Dezember war Agrarminister Özdemir bei einer Bauern-Kundgebung in Berlin ausgebuht worden - obwohl der Grünenpolitiker bereits damals Kritik an den Beschlüssen der Ampel-Koalition äußerte. "Ich kämpfe im Kabinett dafür, dass das nicht in der Härte kommt", sagte er. Die Belastungen für die Branche seien ohnehin sehr groß, Existenzängste griffen um sich. Nun erklärte Özdemir, er hätte den Beschluss zur Subventionskürzung gern vermieden und das jetzt gefundene Ergebnis zur teilweisen Rücknahme der Pläne gern früher gehabt.
Bundeswirtschaftsminister Habeck, der vor einigen Tagen bei einer Blockade-Aktion am Verlassen einer Fähre gehindert worden war, rief angesichts der Bauernproteste zu einer Debatte über einen weiteren Wandel der Landwirtschaft auf. Der Grünen-Politiker verwies in einem auf sozialen Medien verbreiteten Video seines Ministeriums auf strukturelle Probleme der Branche.
Natürlich wolle man angesichts der Probleme an jeder einzelnen Subvention ohne Abstriche festhalten, sagte Habeck mit Blick auf den Bauernverband. Es gebe aber auch andere Antworten: "Faire Preise, gute Bezahlung für anspruchsvolle Arbeit, für Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Tierschutz, direkte Vermarktung. Meiner Ansicht nach sollte man die Debatte jetzt nutzen, um ernsthaft und ehrlich genau darüber zu diskutieren", meinte Habeck.
Linke stellt sich hinter Bauernprotest
Linken-Chef Schirdewan nannte den Bauernprotest den "berechtigten Aufschrei der Landwirte gegen eine katastrophale Agrarpolitik der Bundesregierung". Immer mehr Bauern könnten von ihren Einnahmen nicht mehr leben, während die Regierung zu sehr auf Lebensmittelkonzerne und große Investoren achte. Es dürfe nicht sein, dass Nahrung unter dem Erzeugerpreis den Bauern abgekauft werde, fügte er hinzu. "Es geht nicht nur um die Abwendung von haushaltspolitischen Kürzungen, sondern auch um die aktive Förderung einer nachhaltigen und modernen Landwirtschaft", meinte der Linken-Vorsitzende.
Auch Wagenknecht äußert Unterstützung
Auch die ehemalige Linken-Spitzenpolitikerin Wagenknecht, die nun eine eigene Partei gegründet hat, äußerte Unterstützung für die Bauern-Proteste: "Sie erleben eine Regierung, die keinen Plan hat", meinte Wagenknecht bei einer Pressekonferenz. Die Koalition ziehe den Menschen das Geld aus der Tasche und spalte das Land.
Die Bundesregierung hatte am Montag weitere Sparvorhaben zur Entlastung des Bundeshaushalts 2024 auf den Weg gebracht. Vorgesehen ist unter anderem die schrittweise Abschaffung der Beihilfe für den Agrar-Diesel. Die seit 1951 übliche teilweise Rückvergütung der Diesel-Steuer an Landwirte soll 2024 zunächst um 40 Prozent und in den Jahren 2025 und 2026 um jeweils 30 Prozent verringert werden. Ab 2027 gäbe es dann keine Vergünstigung mehr. Die geplante Streichung der Kfz-Steuerbefreiung für Landwirte hatte die Bundesregierung bereits zurückgenommen.