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Von Alkohol bis Zucker

Chemie. - Chemie hat die Geschichte der Menschheit wesentlich geprägt, und sie beeinflusst unser Leben heute mehr denn je. Warum sie dennoch bei uns Wohlstandsmenschen im 21. Jahrhundert einen derart schlechten Ruf bekommen hat, ergründet der gelernte Chemiker Christian Mähr in einem leicht lesbaren Büchlein anhand vieler Beispiele.

Rezension: Michael Lange |
    Gründlich räumt er mit allerlei Vorurteilen auf. Sein beißender Spott trifft dabei ebenso naive Naturfreunde wie fortschrittsgläubige Wissenschaftsanbeter. Seine zwölf Substanzen wählt er recht willkürlich. So entsteht eine anekdotenreiche "chemische Weltgeschichte" mit ironischen Randbemerkungen. In ihr finden auch Bösewichte wie DDT (Dichlordiphenyltrichloräthan) ihren Platz. Mit der Aussage, dass es sich bei DDT keineswegs um ein besonders starkes Gift handelt, überrascht Christian Mähr zunächst seine Leser. Im Vergleich mit den Atemgiften aus dem ersten Weltkrieg sei DDT wie Babypuder, schreibt er.

    Erfolgreich war DDT vor allem wegen seiner Langzeitwirkung auf Insekten. Diese Eigenschaft brachte in den fünfziger Jahren beeindruckende Erfolge bei der Bekämpfung der Anopheles-Mücke und damit der Malaria, die von dieser Mücke übertragen wird. Erst in den sechziger Jahren erhielt die Substanz ihren schlechten Ruf. Die Wissenschaftsjournalistin Rachel Carson beschrieb eine Welt, in der Insekten und Vögel durch DDT vernichtet worden waren. Sie richtete den Blick der Öffentlichkeit auf die Langzeitfolgen des Chemieeinsatzes, insbesondere auf die Anreicherung des Stoffes in der Nahrungskette. Die Naivität, mit der die Chemie lange Zeit bejubelt worden war, wich nach und nach einer grundsätzlichen Ablehnung jeglicher Chemie.

    Christian Mähr lässt sich davon nicht anstecken. Er ist ein Freund der Chemie, wenn auch nicht jeder Chemie. Sein Buch richtet sich an Leser, die zur Versöhnung mit dieser Wissenschaft bereit sind. Vorwissen ist nicht erforderlich, wenn auch mancher Leser sich wundern wird, wie viele verstaubte Erinnerungen aus der Schulchemie im Gedächtnis haften geblieben sind. Christian Mähr versteht es meisterhaft, sie hervor zu kitzeln. Zum UN-Jahr der Chemie brauchte es dringend ein Buch, das die Wissenschaft von den Substanzen spannend, unterhaltsam und leicht verständlich präsentiert, ohne sie zu glorifizieren. Das ist dem Chemiker, Romanautor und Wissenschaftsredakteur Christian Mähr gelungen.


    Christian Mähr: Von Alkohol bis Zucker. Zwölf Substanzen, die die Welt veränderten
    ISBN: 978-3-8321-9549-6
    DuMont (Softcover), 224 Seiten, 16,95€