An den hellgrünen Wänden: Schwarz-Weiß-Fotos in schlichten, dunkelbraunen Holzrahmen - Textauszüge, Dokumente, Handschriften und Grafiken in hellen Holzrahmen. Nicht zu viele. Übersichtlich. In der Mitte des Raumes stehen kleine Tische, die aussehen wie Barhocker. Hier können sich die Besucher auf iPads und aus Retro-Telefonhörern Filmbeiträge, Interviews und Reden ansehen und anhören.
Aus einem iPad tönt die Musik zu einem Video - ein NS-Propagandafilm über die Erstürmung der Polnischen Post in Danzig durch SS-Verbände Anfang September 1939.
Für Günter Grass, der 1927 in Danzig geboren wurde und die Stadt im II. Weltkrieg mit Eltern und Großeltern verließ, war die Erstürmung der Polnischen Post ein Schlüsselerlebnis, das er unter anderem in drei Kapiteln der Blechtrommel verarbeitete, wie die Ausstellung zeigt. Die Danziger Zeit von Günter Grass wird unter anderem dokumentiert durch ein Familienfoto am Ostseestrand, auf dem Grass als Säugling zu sehen ist und durch das Hochzeitsfoto der Eltern. Sein Vater war Deutscher, die Mutter kaschubischer Herkunft, erklärt der Leiter des Günter Grass-Hauses, Jörg Philipp Thomsa:
"Günter Grass hat auch die Konflikte zwischen Deutschen, Polen und Kaschuben miterlebt. Er ist eben in Danzig, der damals Freien Stadt, groß geworden, und - ja - musste sie kriegsbedingt verlassen und hat seither seine Erinnerungen in seiner Literatur immer wieder beschworen. Er selber erklärt seine sogenannte Schreib-Obsession - also fast alle Werke von ihm spielen ja in Danzig - damit, dass er eben diesen Verlust literarisch kompensieren musste und quasi Danzig in seinem Werk wieder auferstehen ließ."
Erst 1958 besuchte Grass seine Heimatstadt wieder - zu Recherchen für die Blechtrommel. Fotos zeigen Grass bei seinem Besuch - auf einem Bild ist er mit seiner Tante Anna Krause zu sehen - im Vordergrund scharren Hühner. Die Tante war nach dem Krieg in Danzig - nun Gdansk - geblieben.
Nach der Kindheit von Günter Grass und der Nachkriegszeit widmet sich die Ausstellung der Zeit der Entspannungspolitik. So begleitete Grass, der schon 1961 die Anerkennung der Oder-Neiße-Linie als Grenze gefordert hatte, im Jahre 1970 Bundeskanzler Willy Brandt nach Warschau. Jörg Philipp Thomsa:
"Es war seine Idee, Intellektuelle in die Delegation einzuladen. Er ist mit dieser Idee an Brandt herangetreten, der seinem Wunsch folgte. Und so ist u.a. der ebenfalls heimatlose Siegfried Lenz, der ja aus Ostpreußen ursprünglich stammt, mitgefahren. Und beide wurden Zeuge des berühmten Kniefalls von Brandt im Warschauer Ghetto."
Der historische Kniefall ist in der Ausstellung zu sehen - ein Bild von Grass oder Lenz aus dieser Zeit war aber weder in polnischen noch in deutschen Archiven zu finden. Aber der Brief wird gezeigt, in dem Grass vorschlug, deutsche Intellektuelle nach Warschau mitzunehmen.
Kurz nach dem Staatsbesuch in Warschau streikten Arbeiter in der Danziger Werft, ihr Aufstand wurde niedergeschlagen, es gab Tote. Grass verarbeitete das in seinem "Butt" - Fotos zeigen ihn beim Schreiben des Romans. Einige Arbeitsstufen und natürlich eine Grafik dazu sind ausgestellt. Bei den Ton-Dokumenten findet man auch einige Stellungnahmen zur SS-Zugehörigkeit von Günter Grass - u.a. die von Lech Walesa zunächst erhobene Forderung, er müsse die Ehrenbürgerschaft der Stadt Gdansk ablegen.
Die Ausstellung ist Bestandteil des Schleswig-Holstein Musik Festivals. Sie eignet sich auch für Touristen, die bei einem Rundgang in kurzer Zeit erstaunlich viel über die deutsch-polnische Geschichte seit 1927 erfahren - und darüber, wie Günter Grass sie in seinen Werken verarbeitet hat. Wer tiefer einsteigen will, kann die Video- und Ton-Dokumente nutzen. Im nächsten Jahr wird die Ausstellung in Gdansk gezeigt. Alle Beschriftungen und auch der Katalog sind zweisprachig. Und auch polnische Videos sind mit aufgenommen worden:
So hat die polnische Seite den Kampf der Polen um die Polnische Post in Danzig 1939, der für sie heldenhaft war, dargestellt. Zur feierlichen Eröffnung der Ausstellung "Von Danzig nach Lübeck - Günter Grass und Polen" heute Abend im Lübecker Günter-Grass-Haus wurde eine Video-Wand aufgestellt - der fußballbegeisterte Nobelpreisträger wird auf das WM-Spiel nicht verzichten wollen.
Aus einem iPad tönt die Musik zu einem Video - ein NS-Propagandafilm über die Erstürmung der Polnischen Post in Danzig durch SS-Verbände Anfang September 1939.
Für Günter Grass, der 1927 in Danzig geboren wurde und die Stadt im II. Weltkrieg mit Eltern und Großeltern verließ, war die Erstürmung der Polnischen Post ein Schlüsselerlebnis, das er unter anderem in drei Kapiteln der Blechtrommel verarbeitete, wie die Ausstellung zeigt. Die Danziger Zeit von Günter Grass wird unter anderem dokumentiert durch ein Familienfoto am Ostseestrand, auf dem Grass als Säugling zu sehen ist und durch das Hochzeitsfoto der Eltern. Sein Vater war Deutscher, die Mutter kaschubischer Herkunft, erklärt der Leiter des Günter Grass-Hauses, Jörg Philipp Thomsa:
"Günter Grass hat auch die Konflikte zwischen Deutschen, Polen und Kaschuben miterlebt. Er ist eben in Danzig, der damals Freien Stadt, groß geworden, und - ja - musste sie kriegsbedingt verlassen und hat seither seine Erinnerungen in seiner Literatur immer wieder beschworen. Er selber erklärt seine sogenannte Schreib-Obsession - also fast alle Werke von ihm spielen ja in Danzig - damit, dass er eben diesen Verlust literarisch kompensieren musste und quasi Danzig in seinem Werk wieder auferstehen ließ."
Erst 1958 besuchte Grass seine Heimatstadt wieder - zu Recherchen für die Blechtrommel. Fotos zeigen Grass bei seinem Besuch - auf einem Bild ist er mit seiner Tante Anna Krause zu sehen - im Vordergrund scharren Hühner. Die Tante war nach dem Krieg in Danzig - nun Gdansk - geblieben.
Nach der Kindheit von Günter Grass und der Nachkriegszeit widmet sich die Ausstellung der Zeit der Entspannungspolitik. So begleitete Grass, der schon 1961 die Anerkennung der Oder-Neiße-Linie als Grenze gefordert hatte, im Jahre 1970 Bundeskanzler Willy Brandt nach Warschau. Jörg Philipp Thomsa:
"Es war seine Idee, Intellektuelle in die Delegation einzuladen. Er ist mit dieser Idee an Brandt herangetreten, der seinem Wunsch folgte. Und so ist u.a. der ebenfalls heimatlose Siegfried Lenz, der ja aus Ostpreußen ursprünglich stammt, mitgefahren. Und beide wurden Zeuge des berühmten Kniefalls von Brandt im Warschauer Ghetto."
Der historische Kniefall ist in der Ausstellung zu sehen - ein Bild von Grass oder Lenz aus dieser Zeit war aber weder in polnischen noch in deutschen Archiven zu finden. Aber der Brief wird gezeigt, in dem Grass vorschlug, deutsche Intellektuelle nach Warschau mitzunehmen.
Kurz nach dem Staatsbesuch in Warschau streikten Arbeiter in der Danziger Werft, ihr Aufstand wurde niedergeschlagen, es gab Tote. Grass verarbeitete das in seinem "Butt" - Fotos zeigen ihn beim Schreiben des Romans. Einige Arbeitsstufen und natürlich eine Grafik dazu sind ausgestellt. Bei den Ton-Dokumenten findet man auch einige Stellungnahmen zur SS-Zugehörigkeit von Günter Grass - u.a. die von Lech Walesa zunächst erhobene Forderung, er müsse die Ehrenbürgerschaft der Stadt Gdansk ablegen.
Die Ausstellung ist Bestandteil des Schleswig-Holstein Musik Festivals. Sie eignet sich auch für Touristen, die bei einem Rundgang in kurzer Zeit erstaunlich viel über die deutsch-polnische Geschichte seit 1927 erfahren - und darüber, wie Günter Grass sie in seinen Werken verarbeitet hat. Wer tiefer einsteigen will, kann die Video- und Ton-Dokumente nutzen. Im nächsten Jahr wird die Ausstellung in Gdansk gezeigt. Alle Beschriftungen und auch der Katalog sind zweisprachig. Und auch polnische Videos sind mit aufgenommen worden:
So hat die polnische Seite den Kampf der Polen um die Polnische Post in Danzig 1939, der für sie heldenhaft war, dargestellt. Zur feierlichen Eröffnung der Ausstellung "Von Danzig nach Lübeck - Günter Grass und Polen" heute Abend im Lübecker Günter-Grass-Haus wurde eine Video-Wand aufgestellt - der fußballbegeisterte Nobelpreisträger wird auf das WM-Spiel nicht verzichten wollen.