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Von den anderen das Lehren lernen

Die Aus- und Weiterbildung von Lehrern ist in Deutschland ein immerwährendes föderales Streitthema. Eine Tagung des DAAD fragte nun nach der Lehrerausbildung im internationalen Vergleich – und förderte zahlreiche nationale Eigenheiten zutage.

Von Verena Kemna |
    Die Auswahlkriterien für den Lehramtsstudiengang an finnischen Hochschulen sind hart. Im vergangenen Jahr hat nur etwa jeder zehnte Bewerber einen Studienplatz bekommen. Nur talentierte und motivierte Studierende haben in Finnland eine Chance, Lehrer zu werden. Ein Vorteil des finnischen Ausbildungssystems, meint Mirja Talib. Sie ist an der Universität Helsinki zuständig für Lehrerausbildung. In der Regel beginnt das Studium mit einem Bachelor und endet mit einem Master. Im Curriculum werden neben den kulturellen, pädagogischen und psychologischen Fächern die unterschiedlichsten Aspekte wissenschaftlichen Arbeitens mit besonders vielen "Creditpoints" bewertet. Auch das sei eine positive Besonderheit des finnischen Systems, meint Mirja Talib.

    "Im Bachelorstudium müssen die Studierenden ein bestimmtes Thema ihrer Wahl wissenschaftlich bearbeiten. Geht es dann an den Master, müssen sie eine sehr aufwendige Arbeit, ähnlich einer Doktorarbeit bewältigen. Das ist großartig und auch eine Herausforderung für den späteren Lehrerberuf."

    Für den Schulalltag bräuchten ihre Studierenden allerdings mehr praktische Erfahrung, das sei die Herausforderung, meint Mirja Talib. Punkten können finnische Studierende dagegen mit ihrer Auslandserfahrung. Fast jeder dritte angehende Lehrer kann in seiner Vita auf Auslandssemester verweisen. Für die finnische Professorin Mirja Talib ist ein Auslandsaufenthalt eine hervorragende Ergänzung zur universitären Ausbildung im Heimatland.

    "Wir versuchen, die Studierenden zum Nachdenken über sich selbst anzuregen, damit sie eine eigene Persönlichkeit entwickeln. Klar, müssen die fachlichen Voraussetzungen da sein, letztendlich aber geht es um die Person selbst."

    Auch in Großbritannien ist es nicht leicht, einen der etwa 40.000 Lehramtsstudienplätze zu ergattern. Je nach Fachrichtung, hat nur etwa jede dritte Bewerbung Erfolg. Auch dort gehe es bei der Auswahl um mehr als nur um gute Noten, sagt Norbert Pachler. In persönlichen Gesprächen versuchten wir die Eignung der Bewerber genau zu prüfen, erklärt der Pädagoge aus Österreich. Er leitet das Seminar für Lehrerbildung der Universität London. An ein dreijähriges Bachelorstudium schließt sich eine einjährige Lehrerausbildung an. Das Besondere ist die enge Zusammenarbeit von Hochschulen und Schulen. In England entscheiden die Schulen, wer bei ihnen als Lehrer anfangen darf.

    "Das heißt man, geht davon aus, wenn man bei der Auswahl für den Lehrberuf mit entscheiden kann, bekommt man Lehrer, die besser an die lokalen Gegebenheiten angepasst sind."

    Auch wer bereits im Berufsleben steht, kann in England Lehrer werden. Norbert Pachler weiß, dass viele Schulen gerade an den "Seiteneinsteigern" interessiert sind. Ein Plus des englischen Systems, findet der Pädagoge aus Österreich. Motivation und Eignung sind auch in den USA eine wichtige Voraussetzung für das Lehrerstudium. Murry Nelson hat jahrelang als Erziehungswissenschaftler an der Universität Pennsylvania gelehrt. Studierende müssen nach dem ersten Studienjahr mindestens 80 Stunden mit Kindern der verschiedenen Altersstufen verbracht haben.

    "Sie müssen 80 Stunden mit Kindern verbracht haben, entweder als Betreuer bei Freizeitcamps oder auch im Klassenzimmer. Sie können als Aufsicht auf Spielätzen arbeiten, sie können auch einfach nur Freiwilligendienst leisten. Erst dann wissen sie, dass sie gerne mit Kindern arbeiten möchten."

    Viel zu selten ergänzten amerikanische Lehramtsstudierende ihre Erfahrungen mit Auslandssemestern. Zu viele bürokratische Hindernisse, machten es den Studierenden fast unmöglich, meint Murry Nelson. Seiner Ansicht nach hat das amerikanische Erziehungswesen noch einen anderen entscheidenden Nachteil. Es ist der Glaube der Amerikaner an Testergebnisse und internationale Rankinglisten.

    "So ein Ranking hilft nicht dabei Erfolg oder Misserfolg vorherzusagen, es ist gerade mal gut genug, um sich entweder auf die Schulter zu klopfen oder zu sagen, wir müssen was tun. Die einzige Reaktion ist normalerweise noch mehr Tests."