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Von den toten Zonen des Selbst

"Freud ist so stark in der Festigkeit des Erziehens, wie ich in der Tiefe der Relaxationstechnik", notierte 1932 der ungarische Psychoanalytiker Sándor Ferenczi in seinem "Klinischen Tagebuch". Der Schüler und Wegbegleiter Sigmund Freuds, der in Budapest lebte und arbeitete, gilt heute als ein Pionier der Psychotraumatologie.

Von Ulla Gosmann |
    "Persönlichkeitsstörung", "Borderline" oder "strukturelle Störung" - diagnostische Schlagwörter wie diese gehören mittlerweile (fast) zur Populärpsychologie, Anfang des 20. Jahrhunderts waren die darunter gefassten Probleme allerdings noch kaum verstanden. Heute weiß man, dass Bindungsstörungen, Süchte, Selbstverletzungen und Depressionen häufig auf frühkindliche Traumata zurückgehen, auf Erfahrungen von Missbrauch, Gewalt und Vernachlässigung. Was die Seele überwältigt, ist nicht die plötzlich und von 'außen' kommende Katastrophe, sondern das, was in (lebens-)wichtigen Beziehungen und häufig über Jahre hinweg passiert. Als "Sprachverwirrung zwischen den Erwachsenen und dem Kind" - so der Titel seines heute bekanntesten Textes - hat Sándor Ferenczi sexuellen und anderen seelischen Missbrauch beschrieben. Der Spezialist für 'schwere' Fälle erkannte, wozu Traumatisierung in früher Kindheit die Seele zwingen kann: zur Identifikation mit dem Angreifer und zum Verinnerlichen seines Schuldgefühls.

    Im Mittelpunkt der ersten Stunde steht die Beziehung zwischen Sigmund Freud und Sándor Ferenczi. Ihr Briefwechsel, der von 1908 bis 1933, Ferenczis Todesjahr, reicht und mehrere Bände umfasst, zeigt die enge Verbindung zwischen ihnen ebenso wie die Differenzen, die sich auftaten, als Ferenczi das 'echte' Trauma, den realen sexuellen Übergriff als eine Krankheitsursache (wieder-)entdeckte zu einer Zeit, als Freud bereits dahin 'umgeschwenkt' war, Vorfälle, die Patientinnen ihm schilderten, vor allem für Fantasien zu halten. Konflikte zwischen dem 'Vater' und der 'Mutter' der Psychoanalyse gab es jedoch nicht nur beim Blick zurück in die Krankengeschichten. Ferenczis Änderungen der Behandlungstechnik, seine "Kinderanalyse mit Erwachsenen", sein Einsatz "mütterlicher Freundlichkeit", sein Zulassen körperlichen Kontakts weckten Freuds Argwohn, dass Ferenczi "mit seinen Patientinnen Mutter und Kind spielt", dass "das ganze Repertoire (...) der petting-parties" in die "Technik der Analyse" wandern könnte. So wurde der therapeutische Abweichler nach seinem Tod 1933 lange Zeit kaum erwähnt. Heute jedoch berufen sich Traumatherapeuten unterschiedlicher Ausrichtung auf Ferenczis Einblicke in die Seele früh traumatisierter Menschen. Die zweite Stunde handelt deshalb von 'modernen' Symptomen und Problemen, von (inneren) Kindern, Müttern, Vätern und Tätern. Muss - und soll - das Trauma 'aufgedeckt' werden? Wovon muss der Patient, die Patientin verschont werden? Wovon die Behandlung, die Behandler? Um Therapie 'gegen' das Trauma, für ein besseres Leben geht es vor allem in der dritten Stunde. Zu Wort kommen in dieser Langen Nacht die Psychotherapeuten und Traumaexperten David Becker, Werner Bohleber, Mathias Hirsch, Andrea Möllering, Jochen Peichl, Luise Reddemann sowie Barbara Völkner, die als ehemalige Patientin aus ihrer Trauma- und Therapiegeschichte erzählt.


    Dr. David Becker, Psychologe und Berater in Kriegs- und Krisengebieten
    "Wenn man mit traumatisierten Personen zu tun hat, dann gibt es zwei Zustände, die wir alle kennen, nämlich entweder man ist im Trauma, dann gibt es keine Sprache, oder man redet über das Trauma, dann gibt es wieder die Sprache, aber man ist dem Trauma äußerlich. Also diese Schwierigkeit - wie können wir eigentlich etwas besprechen, in dessen Mittelpunkt der Zusammenbruch aller Strukturen steht? Und diese Schwierigkeit, das nenn ich immer Ferenczis Dilemma, das begleitet die Traumatherapie bis zum heutigen Tage als eine zentrale Problematik."

    Frieden braucht Fachleute

    David Becker
    Die Erfindung des Traumas - verflochtene Geschichten
    2006 der Freitag Mediengesellschaft
    Teil I: Trauma und Bindung (Die Psychotherapie von Extremtraumatisierten - Chile, Mariana, Setting und Übergangsraum, Von der Mühsal, die eigene Ohnmacht zu nutzen; Teil II: Traumatische Prozesse und Gesellschaft

    Interview mit Dr. David Becker - Flüchtlinge und Trauma (PDF)

    Traumatisierung als Folge politischer Prozesse


    Dr. Werner Bohleber, Psychoanalytiker in Frankfurt
    "Er hat sicher eine enorme Einfühlungsfähigkeit gehabt, und er hat ja auch versucht, mit seinen therapeutischen Experimenten den andern als Subjekt - nicht nur als zu behandelnde Person, sondern auch als Gegenüber und Subjekt anzunehmen."


    Dr. Mathias Hirsch, Psychoanalytiker in Düsseldorf
    "Während Freud das isolierte Individuum betrachtet und konzipiert hat, das im Konflikt liegt mit seinem Triebleben, seinem Triebschicksal und der sozialen Umwelt, hat Ferenczi immer in Beziehungen gedacht. Und für mich ist das eben ein Pionier und Vorbild für ein doppeltes Denken, dass der Mensch immer das Ergebnis ist von wichtigen Beziehungserfahrungen von der Geburt an, letztlich bis zum Tode, und gleichzeitig aber die Verantwortung hat für sein Leben, gleichzeitig aber nicht immer nur Opfer sein kann - also diese duale Denken in Beziehungen und in der Verantwortung des Menschen für sein eigenes Leben. Dieses Denken, das man als Therapeut jederzeit auch zur Verfügung haben muss um nicht in einer sagen wir mal Opferidentifikation stecken zu bleiben. Ein Denken, welches auch einen gewissen Optimismus enthält, dass der Mensch sich entwickeln kann, wenn man ihn sozusagen an die Hand nimmt und ihn aus dem Schlimmsten versucht herauszubewegen. Ferenczi war jemand, der einen starken therapeutischen Optimismus einem relativen Pessimismus Freuds entgegengesetzt hat."




    Dr. Jochen Peichl, Traumatherapeut, Oberarzt der Klinik für Psychotherapie und Psychosomatik am Klinikum Nürnberg
    Von seinen Kollegen hat er immer wieder Patienten geschickt bekommen, und das waren halt überwiegend Patienten, die wir heute mit den Diagnosen vielleicht Borderline-Persönlichkeitsstörung, dissoziative Identitätsstörung belegen würden, oder Patienten, die halt multipel traumatisiert waren. Und ich denk ganz vieles aus der Geschichte und aus seiner Therapiegeschichte, die er so experimentell in den Jahren gemacht hat, ist aus diesem Wunsch zu verstehen, diese Patienten zu erreichen und ihnen zu helfen.




    Prof. Dr. Luise Reddemann
    Sie hat die Psychodynamisch Imaginative Traumatherapie entwickelt.
    "Also wie ich angefangen hab intensiver mich mit traumatisierten Patientinnen und Patienten zu beschäftigen, das war so Mitte der 80er-Jahre, da war Ferenczi für mich enorm wichtig. Also erstens dass er anerkennt, dass es Traumatisierung gibt, dass Traumatisierungen ne wichtige Bedeutung haben in der Entstehung von seelischen Erkrankungen, das war natürlich sehr, sehr wichtig, und dann seine Beschreibung, was da in dem traumatisierten Kind abläuft, fand ich unglaublich wichtig und ist für mich immer noch wichtig zum Verstehen von bestimmten Dingen."


    Barbara Völkner, ehemalige Patientin
    "Die körperlichen Symptome waren so heftig - ja also nicht nur Schmerzen, sondern dann auch als die Lähmungen einsetzten, ich kaum laufen konnte, da hab ich ja schon gedacht irgendwann lande ich im Rollstuhl - da bin ich überhaupt nicht auf die Idee gekommen, dass das was mit Traumata aus der Kindheit zu tun haben könnte."
    ...
    "Ich glaube ich habe getrennt zwischen Tag und Nacht. So wie das ja auch unterschiedlich war, nachts war er ein völlig anderer Mensch, und da habe ich nur Schmerzen erlebt und hatte Angst, sehr viel Angst - schon wenn die Türe aufging, ich hatte extreme Angst. Und am nächsten Morgen war es ein ganz anderer Mensch. Und wie ich das nun hinbekommen habe, das zu trennen, dafür finde ich keine Antwort, aber ich konnte das - ich habe das getrennt - oder meine Seele oder mein Körper konnte das trennen."

    Barbara Völkner
    Mein Körper erinnert sich - ein persönlicher Therapiebericht.
    Mit einem Kommentar von Günter H. Seidler,
    in: Trauma & Gewalt 3/2007, S. 176-184

    Dr. Andrea Möllering, Leiterin der Klinik für Psychotherapie und Psychosomatische Medizin, Evangelisches Krankenhaus Bielefeld

    "Gerade im Bereich des sexuellen Missbrauchs in der Kindheit ist es so, dass viele Patienten oder Menschen erst einmal dissoziieren. Das heißt dass sie Wahrnehmungsinhalte abspalten und dass sie vor allem körperliche Reaktionen haben. Sie beschreiben sich oft als - ja - gar nicht mehr in ihrem Körper befindlich, beschreiben, dass sie über ihrem Körper schwebten, dass sie nichts mehr fühlen - oder wie dann später auch die Betroffenen sagen "Ich wusste gar nicht, dass ich Hände hab. Ich hab mit meinen Händen zwar alles gemacht, aber ich habe sie nicht gespürt, ich hab sie heut - das erste Mal hab ich gespürt, dass ich wirklich Hände hab - die Hände waren immer negativ besetzt. Oder dass unterhalb der Gürtellinie nichts mehr gespürt wird. Es ist klar, der Körper ist da, aber er wird nicht wahrgenommen, er kann nicht wahrgenommen werden, was natürlich auch nen unglaublichen Einfluss auf Sexualität hat, die für viele Betroffene so später nicht mehr befriedigend lebbar ist."


    Literatur zum Thema:

    Ferenczi, Sándor: Ohne Sympathie keine Heilung. Das klinische Tagebuch von 1932, Fischer TB 1999

    Ferenczi, Sándor: Schriften zur Psychoanalyse, 3 Bde., Psychosozial-
    Verlag 2005

    Sándor Ferenczi, Otto Rank: Entwicklungsziele der Psychoanalyse. Zur Wechselbeziehung von Theorie und Praxis (1924), Turia & Kant 2008

    Sándor Ferenczi/ Georg Groddeck: Briefwechsel 1921-1933, Fischer TB 1986

    Sigmund Freud - Sándor Ferenczi. Briefwechsel, 6 Bde., hrsg. V. Eva Brabant, Ernst Falzeder u. Patrizia Gampieri-Deutsch, Böhlau Verlag 1993 - 2005

    Balint, Michael: Therapeutische Aspekte der Regression. Die Theorie der Grundstörung. Klett-Cotta 3. Aufl. 2003

    Bohleber, Werner: Trauma und Persönlichkeitsstörung. In: Christa Rohde-Dachser, Franz Wellendorf (Hrsg.): Inszenierungen des Unmöglichen. Theorie und Therapie schwerer Persönlichkeitsstörungen, Klett-Cotta 2004, S.60-75

    Cremerius, Johannes: "Die Sprache der Zärtlichkeit und der Leidenschaft". Reflexionen zu Sándor Ferenczis Wiesbadener Vortrag von 1932 In: Psyche 37, 1983, S. 988-1015

    Haynal, Andre: Die Technik-Debatte in der Psychoanalyse. Freud - Ferenczi - Balint, Psychosozial-Verlag 2001

    Hirsch, Mathias: Schuld und Schuldgefühl. Zur Psychoanalyse von Trauma und Introjekt, Vandenhoeck & Ruprecht 4. Aufl. 2010

    Peichl, Jochen: Die inneren Trauma-Landschaften. Borderline, Ego-State, Täter-Introjekt. Schattauer 2006

    Reddemann, Luise: Imagination als heilsame Kraft. Zur Behandlung von Traumafolgen mit ressourcenorientierten Verfahren, Klett-Cotta 5. erw. Aufl. 2005

    Sachsse, Ulrich: Traumazentrierte Psychotherapie. Theorie, Klinik und Praxis. Schattauer 2004

    Winnicott, Donald W.: Reifungsprozesse und fördernde Umwelt Psychosozial-Verlag 2006

    Wöller, Wolfgang: Trauma und Persönlichkeitsstörung. Psychodynamisch-integrative Therapie, Schattauer 2006



    Auszug aus dem Manuskript:

    Im Nachwort zu ihrem Roman "Die liebe Angst" schreibt Liane Dirks

    "Noch immer bin ich meinem Psychoanalytiker dankbar, der ein volles Jahr mein konsequentes Schweigen ertrug. Vier mal die Woche, vier mal die Woche auf der Couch unentwegtes Schweigen, und wir sind durch alle Facetten dieser unheimlichen Stille gegangen, bis dorthin, wo man nichts mehr hört, wo der Tod sitzt und wartet, wo man nicht mehr leben will. Eines Tages sagte er, er bewundere dieses Mädchen, das sich eine Knarre kaufte, um den Alten einfach abzuballern. Er sagte es genau so, ich weiß es noch genau, und ich mußte lachen. Ein befreiendes Lachen, es gab mir meine Kraft zurück, die Fähigkeit zu handeln, es war die Gegenwart, die es mir gab, es gab mir mein Leben wieder, das Jetzt. Keine der vielen Frauen und Frauen und Männer, die mir geschrieben haben oder die ich bei Veranstaltungen, Lesungen Seminaren kennengelernt habe, hat den Alten oder die Alte 'abgeballert'. Sie sind stattdessen den langen Weg gegangen zu sich selbst zurück. Und der, es sei offen gesagt, ist natürlich nicht leicht."

    Barbara Völkner, ehemalige Patientin
    "Also ich habe gelernt, dass Trauerarbeit notwendig ist und dass ich lernen muss zu akzeptieren, dass ich dieses Trauma hatte und dass die Narben bleiben. Und dass ich mein Leben etwas verändern muss und für mich einen Weg finden jetzt mit diesen Narben oder mit diesem beschädigten Leben umzugehen - und nicht dass man damit stehen bleiben muss, dass jetzt also immer das Leben weiter schlecht ist und eben beschädigt, aber dass man einen neuen Weg finden muss und sich auf andere Dinge konzentrieren. Also dass ein Leben sich lohnt, dass es schön ist trotz dieser Narben, das war ein ganz wichtiger Schritt, und auch jenseits der Therapie ist das ein Lernprozess, der nicht aufhört."

    Wir haben nicht über die Behandlung von Akut- oder Extremtraumatisierungen durch Gewalttaten, Unfälle und andere Katastrophen gesprochen. Nicht über den Anteil der Frauenbewegung daran, dass heute offener über sexuellen Missbrauch gesprochen werden kann. Nicht über Körper-, Kunst- und Bewegungstherapie. Auch nicht über die dunkle Seite der Bereitschaft, sehr vieles 'Trauma' zu nennen.

    Dr. David Becker
    "Also einerseits haben wir ein Zuviel vom Traumagerede, und andererseits nach wie vor ein Zuwenig an Wirklich-Lernen über die Opfer. Und da denke ich halt ist es wichtig, dass wir verstehen, dass traumatische Prozesse nicht einfach ein schreckliches Ereignis und hinterher gibt's unangenehme Folgen, sondern wir haben es in den meisten Kriegs- und Krisengebieten dieser Welt eben mit langjährigen Prozessen zu tun, die zum Teil ein ganzes Leben lang dauern. Und das ist dann das was wir Trauma nennen. Und das ist eigentlich - wäre richtiger umschrieben mit ein traumatisches Leben, das wir versuchen müssen zu begreifen."

    Aber wollen wir das?

    Barbara Völkner, ehemalige Patientin
    "Ja, man will sein eigenes Leben nicht damit beschädigen. Als ob es ansteckend ist, ich weiß es nicht. Vielleicht auch weil es einem ja auch passieren könnte. Ich mein auch keiner ist vor einem Trauma - auch als Erwachsener nicht geschützt. Ich mein das muss nicht immer gerade sexuelle Gewalt sein. Aber überhaupt etwas ganz Schlimmes zu erfahren, wo man nicht aus und ein weiß, wo man ohnmächtig ist. Also ich glaube, solchen Dingen, sich mit so was zu beschäftigen - geht man lieber aus dem Wege."

    Dass eine komplexe Traumatisierung, ein Bindungs- oder Beziehungstrauma nicht das ganze Leben bestimmen muss, dass man verstehen lernt, was nicht nur mit, sondern in dem Opfer einer Überwältigung passiert - sei das nun sexueller Missbrauch, Gewalt, Vernachlässigung, emotionale Ausbeutung, verdanken wir auch Sigmund Freuds 'liebem Sohn' Sándor Ferenczi.


    Liane Dirks
    Die liebe Angst
    Roman
    2008 Kiepenheuer & Witsch
    Der Romanerstling von Liane Dirks wurde als literarisches Meisterwerk gelobt und für die Hilfe zur Selbsthilfe eingesetzt - bis zur Aktion "Keine Gewalt gegen Kinder" der früheren Familienministerin Angela Merkel.

    Nichts ist eigentlich ungewöhnlich in dieser Familie. Die Eltern und die Kinder sind nett, der Vater kocht in den feinsten Hotels. Wenn nur das ewige Tingeln nicht wäre von einem Ort zum nächsten, aufbauen, abreißen, Zelte und Betten - Köche bauen kein Haus.

    "Euer Vater hat wieder etwas angestellt", sagte die Mutter zu den Kindern, wenn sie die Koffer packte, auf und fort - Hamburg, die Karibikinsel Barbados, München, Fürstenfeldbruck, Rothenburg und schließlich Bielefeld. Und wenn die Angst nicht wäre, die "liebe wütige Angst", wie Anne, die zu Beginn der Geschichte vier und am Ende elf Jahre ist, dieses Gefühl des Unbeschützten nennt. Das Mädchen erzählt die Geschichte seiner Kindheit, erzählt von der Liebe zum Vater, der mit seinen Träumen und Märchen alles verzaubern kann, seine Sehnsüchte aber auch mit Alkohol und Sex stillt, nie satt wird und seine beiden Töchter sexuell missbraucht, über Jahre hin."

    Anne erlebt die Kälte und Wut der Mutter, die alles ahnt und nicht eingreift, sie sucht Schutz bei der älteren Schwester und erleidet die Brutalität der Nachbarn, als die Bombe platzt und der Vater ins Gefängnis kommt. Und doch werden in dieser Familie auch Sterne gebastelt und Märchen erzählt, Anne tobt, spielt, lacht und tröstet die arme Mutter.

    Die Deutschsprachige Gesellschaft für Psychotraumatologie e.V. ist eine wissenschaftliche Fachgesellschaft.

    Ein psychisches Trauma wird als ein tief greifendes Erlebnis definiert, das den Rahmen üblicher, bisher gemachter Erfahrungen sprengt und die biologischen und psychischen Bewältigungsmechanismen des menschlichen Gehirns überfordert. Traumatische Ereignisse beinhalten Bedrohungen des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit, versetzen die Betroffenen in extreme Hilflosigkeit und Angst und gehen mit dem Gefühl extremer Ohnmacht einher. Häufig entwickeln die Opfer schwere psychische Störungen, von denen das bekannteste Krankheitsbild die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) ist.