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Von der Gedenkstätte zum Museum
Wie Brecht, Weigel und Seghers wohnten

Die Akademie der Künste in Berlin benennt ihre Gedenkstätten um: Die Wohnungen des Künstlerpaares Bertolt Brecht und Helene Weigel sowie der Schriftstellerin Anna Seghers sind nun offiziell Museen. "Hier ist Raum zum Denken", sagte AdK-Archivdirektor Werner Heegewaldt im Dlf.

Werner Heegewaldt im Gespräch mit Katja Lückert |
    Katja Lückert: Die Akademie der Künste in Berlin betreibt zwei Museen, die den Besucherinnen und Besuchern die Wohn- und Arbeitsräume der Schriftstellerin Anna Seghers, der Schauspielerin und Theaterleiterin Helene Weigel und des Schriftstellers Bertolt Brecht öffnen. Diese Orte in Berlin Mitte und Adlershof hießen bisher "Gedenkstätten" und wurden jetzt in "Museen" umbenannt. Wie es zu dieser Entscheidung kam, erklärte uns heute Nachmittag der Direktor des Archivs der Berliner Akademie der Künste, Werner Heegewaldt.
    Werner Heegewaldt: Das ist eine längere Diskussion gewesen, wo wir uns die Frage gestellt haben, ob dieser Begriff "Gedenkstätte" noch so passend sei. "Gedenkstätte" wird ja überwiegend für Orte verwendet, die die Erinnerung an die Opfer von Gewaltherrschaft und Willkür, vor allem im Nationalsozialismus, wachhalten sollen. Und das erschien uns, zumindest für einen literarischen Erinnerungsort, nicht mehr so treffend zu sein. Dazu kam, dass wir gerade von unseren internationalen Besuchern wissen, dass sie die englische Übersetzung "Memorial" irgendwie nicht so recht mit den Personen Brecht, Weigel und Seghers in Verbindung bringen. Und deswegen haben wir uns dazu entschlossen, den Namen zu ändern und daraus literarische Museen zu machen.
    Sachliche und nüchterne Möbel bei Brecht
    Lückert: Das heißt aber, an dem Gebäude wurde jetzt nichts geändert? Welche Museumsstücke sind denn nun in den zum Museum umbenannten Räumen zu sehen?
    Heegewaldt: Also, am Gebäude wurde schon ein bisschen was geändert. Wir haben gerade den Durchgang in der Chausseestraße, wo man zum Innenhof geht und dann zu den Wohnräumen von Brecht und Weigel kommt, den haben wir zusammen mit dem Literaturforum im Brecht-Haus neu gestaltet, so dass man also auch ein bisschen ins Haus hineingezogen wird und schon in der Durchfahrt etwas über die berühmten Bewohner erfährt. Ja, was ist zu sehen in der Chausseestraße? Es gibt die zwei Wohnungen von Brecht und Weigel. Brecht wohnte im ersten Geschoss, die Weigel unten, Parterre. Brecht ist 1953 eingezogen, 56 gestorben, also er hat drei Jahre dort gelebt. Und das ganze Haus in ein klassisches Berliner Mietshaus, so um 1840 gebaut. In der Wohnung von Brecht, das sind mehr kleinteilige Räume, bis auf das große Arbeitszimmer, sind eben, seinem Stil entsprechend, sehr sachliche, nüchterne Möbel, aber bequeme Möbel, zum Teil aus der Biedermeierzeit, an denen man sehr gut leben und arbeiten konnte. Gerade wenn man ins große Arbeitszimmer hereinkommt, merkt man so richtig: Hier ist Raum zum Denken und für Gespräche.
    Anna Seghers liebte ihre kleine Wohnung im Grünen
    Lückert: Auf welche Weise sprechen denn diese Bücher und Möbel noch heute zu den Besuchern. Ein Stuhl, auf dem Brecht gesessen hat, ist auch ein Stuhl, oder ist es vielleicht auch ein Grund, dass es sich ein wenig belebter anfühlen soll, als das, was man gemeinhin mit dem Wort Gedenkstätte assoziiert?
    Heegewaldt: Ja, das ist durchaus ein Gedanke. Also, wenn unsere Besucher in die Wohnräume kommen, dann strahlt das schon eine Aura aus, wenn man in Schlafzimmer sieht: Dort liegt die Zeitung, die am Tag seines Todes, 14. August 1956, erschienen ist. Alles ist genauso erhalten, wie zum Todeszeitpunkt, die spartanische Einrichtung, der Spazierstock und seine Kappe, die an der Tür hängen. Das verschafft schon einen sehr starken Zugang.
    Lückert: Wenn wir jetzt noch über Anna Seghers sprechen, wie unterscheidet sich denn ihr Wohnen von dem Wohnen Brechts?
    Heegewaldt: Das unterscheidet sich schon! Anna Seghers wohnte in Adlershof. JWD im Grünen, in einem kleinen, bürgerlichen Wohnhaus, in einer sehr übersichtlichen Wohnung. Alles war sehr, sehr zweckmäßig eingerichtet. Die Bücher mussten rein, 10.000 Bände, es musste alles auf ihre Arbeitsverhältnisse abgepasst werden und war sehr, sehr spartanisch. Sie hat sich auch immer wieder widersetzt, den Vorschlägen der DDR-Oberen, ob sie denn in ein ganzes Haus ziehen möchte. Sie war in dieser kleinen Wohnung in Adlershof sehr glücklich!