Der Absturz war tief und schmerzhaft: Gerade noch erfolgreiche Journalistin, von den Kollegen geschätzt - und jetzt plötzlich Vollzeit-Mutter eines Kindes, die das alltägliche Chaos von Pipi, Pampers und Penaten bewältigen muss und dafür in ihrem Umfeld bestenfalls auf freundliches Desinteresse stößt.
Die gelernte Psychologin und Hamburger Journalistin Catharina Aanderud beschreibt in ihrem neuen Buch "Schatz, wie war dein Tag auf dem Sofa?" höchst anschaulich diese Erfahrung vieler junger Frauen, wenn sie in die Mutterrolle hineinschlittern.
Mit dem Kind verändert sich nicht nur die Partnerschaft, sondern die alltägliche Hausarbeit, und die Kindererziehung nimmt die Mutter fast völlig in Beschlag. Und das Schlimmste von allem: Den meisten Müttern geht dabei jedes Selbstbewusstsein verloren! Ganz verschämt outen sie sich dann als "NUR-Hausfrauen". Dabei sprechen die objektiven Zahlen gegen diese Selbstabwertung:
"Hier, an der Basis zu Hause, finden 55 Prozent aller Dienstleistungen unserer Gesellschaft statt, ohne dass sie als Wertschöpfung in das Bruttoinlandsprodukt eingehen [...]. In den heimischen vier Wänden fallen jährlich rund 96 Milliarden Arbeitsstunden an, dagegen nur 60 Milliarden in Jobs außer Haus."
Ausführlich beschreibt die Hamburger Journalistin in ihrem Buch die vielfältigen Tätigkeiten und Herausforderungen, denen sich eine Hausfrau stellen muss. Den Vergleich mit traditioneller Erwerbsarbeit müsse sie keinesfalls scheuen. Gefordert sei nämlich:
"Organisationstalent [...], Flexibilität, große Belastbarkeit und wirtschaftliches Denken - im Grunde genommen alles Managerfähigkeiten, die durch das Familienleben entstehen."
Trotzdem litt Catharina Aanderud wie die meisten Hausfrauen an Minderwertigkeitskomplexen. Ein Phänomen, das bei den europäischen Nachbarn ganz unbekannt zu sein scheint. Das zeigt gerade ihr informativer Vergleich mit den familienpolitisch gern zitierten Vorbildern Frankreich und Schweden. Dort seien Hausfrauen zum gesellschaftlichen Randphänomen geworden und die Mutter zwischen Beruf und Familie nunmehr der gesellschaftliche Standard. Die Erfahrungsberichte von Müttern aus diesen Ländern, lassen allerdings Zweifel aufkommen, ob diese "Errungenschaft" tatsächlich ein Gewinn für die Frauen und ihre Kinder ist. Für Katharina Aanderud kamen die schwedisch-französischen Lösungen jedenfalls nicht in Frage:
"Ich hätte nie gedacht, dass ich eine so intensive emotionale Bindung zu meinem Kind verspüren würde, dass ein Achtstundentag außer Haus (wie er mir zwischenzeitlich in leitender Position für eine Frauenzeitung angeboten wurde) für mich inzwischen undenkbar war - zumindest solange mein Sohn noch ein Kleinkind war."
Bei aller Freude am Kind bleibt aber dennoch der Gegensatz zwischen dem objektiven Wert und der gefühlten Wertlosigkeit der Familienarbeit. Das veranlasste die Journalistin, den Ursachen für diesen Widerspruch auf den Grund zu gehen.
Ihre einschlägige Liste ist lang und nicht ganz unbekannt - angefangen bei den Männern, die sich weigern, ihren Beitrag an der Hausarbeit und Kindererziehung zu leisten; fortgesetzt bei den Supermüttern, die öffentlich den Eindruck vermitteln, berufliche Karriere, Kinder und Haushalt seien nur eine Frage guter Organisation, bis hin zur völligen wirtschaftlichen Abhängigkeit von einem Mann.
Und genau hier erkennt Catharina Aanderud den Ansatzpunkt, um den Hausfrauen zu echter Anerkennung zu verhelfen und damit letztlich unsere Gesellschaft grundlegend zu verändern:
"Bekanntlich ist ja immer nur das etwas wert, was etwas kostet! Wenn aber Geld unser einziger Wertmaßstab ist, werden damit gleichzeitig alle nicht bezahlten Tätigkeiten entwertet."
Da der Wert von Haus- und Erziehungsarbeit mittlerweile selbst von Volkswirten vorgerechnet wird, gäbe es nur eine Schlussfolgerung: Diese Tätigkeit muss eben auch wie Erwerbsarbeit bezahlt werden!
Ausgearbeitete Konzepte dazu gäbe es bereits. So würden etwa der US-Wirtschaftsnobelpreisträger Gary Becker oder der renommierte Heidelberger Steuerexperte Paul Kirchhof die Forderung nach einem "Erziehungsgehalt" unterstützen.
Das größte Hindernis für die Durchsetzung dieser Forderung sieht Aanderud weniger beim Geld. Wenn eine Gesellschaft nur will, ändert sie eben ihre Prioritäten. Gefordert sei vor allem ein neues Selbstbewusstsein der Frauen. Aufgrund ihrer Erziehung hätten sie - anders als die Männer - nicht gelernt, für ihre Leistungen auf eine angemessene Honorierung zu bestehen - und zwar weder im Beruf noch als Hausfrauen:
"Sie sollten anfangen, Geld wichtiger zu nehmen und als Baustein ihrer Unabhängigkeit anzuerkennen [...]. Dagegen bräuchten die Männer für ihre innere Balance mehr Abstand davon, um nicht emotional zu verarmen und um den Wert von Beziehungen stärker schätzen zu lernen."
Diese neue Balance zwischen den Geschlechtern, so das Fazit von Catharina Aanderuds anregender Streitschrift, lässt sich am wirkungsvollsten durch ein Instrument herstellen: Das Hausfrauen-Gehalt für professionell arbeitende Familien-Managerinnen.
Auf exakt den gleichen Gedanken kommt auch der Computerfachmann und Managementberater Peter Mersch. In seinem Buch "Die Familienmanagerin. Kindererziehung und Bevölkerungspolitik in Wissensgesellschaften" macht er dazu einen systematisch erarbeiteten und präzis formulierten Vorschlag.
Während Catharina Aanderud vor allem aus der Sicht der missachteten Hausfrauen argumentiert, wählt Peter Mersch einen anderen Ansatzpunkt: Wie bereits im Titel erkennbar, kommt es ihm auf das Verhältnis von Wissensgesellschaft und Bevölkerungsentwicklung an. Einerseits würden die geistigen Fähigkeiten und das theoretische Wissen ihrer Menschen zum entscheidenden Erfolgsfaktor aller Industrienationen. Gleichzeitig entwickle sich in diesen Staaten ein demographisches Problem:
"Die Lebenserwartung steigt, während die Fertilitätsrate sinkt, und dies alles umso mehr, je höher das Bildungsniveau, der Lebensstandard und der Grad der Geschlechtergleichberechtigung sind."
Für Peter Mersch steht außer Frage, dass die Vergreisung und Schrumpfung der Bevölkerung gestoppt werden muss, um den Wohlstand unseres Landes langfristig zu sichern. Daher ist er ganz dezidiert der Meinung, dass der Staat bei der "Reproduktion des Humanvermögens" massiv eingreifen muss:
"Das heißt, den Nachwuchs oder die Rekrutierungspotenziale für die verschiedenen Gesellschaftsbereiche auf Basis einer langfristigen Planung bezüglich dem zukünftigen Bedarf an Menschen und deren Qualifikationen sicherzustellen."
Das habe die Politik bislang noch nicht begriffen. Zudem hätten die Regierungen bei ihrer bisherigen Familienpolitik zu den völlig falschen und daher wirkungslosen Instrumenten gegriffen. Ihr Denkfehler:
"Es ist viel leichter [...], eine Familie mit Kindern zu einem weiteren Kind zu bewegen, als Kinderlose zu einem ersten Kind. Und mit jedem weiteren Kind sinken die biographischen und natürlich auch die Gesamt-Opportunitätskosten weiter ab und machen eine Entscheidung für ein weiteres Kind leichter und wahrscheinlicher."
Eine effektive Familienpolitik müsse daher auf die gezielte Förderung von Großfamilien setzen anstatt darauf, Kinderlose zu Eltern machen zu wollen. Allerdings könnten sich unter den heutigen Bedingungen gerade gut ausgebildete Eltern eine Großfamilie finanziell überhaupt nicht leisten. Zudem lehnten es die emanzipierten Frauen von heute ab, sich in die völlige wirtschaftliche Abhängigkeit eines Mannes zu begeben. Sie beharrten auf Einkommen durch eigene Erwerbstätigkeit. Berücksichtigt man all diese Faktoren, dann gibt es für den Managementberater Mersch nur eine Lösung: Die Familienmanagerin muss her:
"Eine Familienmanagerin ist eine professionelle Erzieherin (bzw. ein Erzieher) mit entsprechender Ausbildung und Arbeitsvertrag, die in vielen Aspekten etwa einer staatlich beschäftigten dänischen Tagesmutter entspricht, anders als diese aber nicht ausschließlich für das Betreuen fremder, sondern in erster Linie für das Aufziehen eigener Kinder bezahlt wird. Je mehr Kinder eine Familienmanagerin betreut, desto mehr verdient sie."
Finanziert würde das Ganze durch eine Kinderlosensteuer. Kinderlose würden so ihre Pflicht, persönlich für ausreichend Nachwuchs zu sorgen, ganz einfach an andere - nämlich die Großfamilien - delegieren. Dieses Konzept des Managementberaters Peter Mersch ist zweifellos konsequent, von bestechender Klarheit und mit vielen Argumenten unterfüttert.
Allerdings ist es eine ökonomisch-technokratische Vision, die inhumane Züge trägt. Ausdrücklich - und das durchzieht sein gesamtes Buch - geht es ihm faktisch um eine Beschränkung des Nachwuchses bei den Unterschichtfamilien. Schon heute gäbe es hier viel mehr Kinder als bei Akademikern, so dass die Qualität des "Humanvermögens" bereits erheblich abgesunken sei. Der Versuch, hier durch verbesserte Bildung in Kindergärten und Schulen korrigierend einzugreifen, sei wenig Erfolg versprechend.
Aber selbst wenn man davon absieht: Die Hoffnung, mit dem Modell der "Familienmanagerin" gerade die gut ausgebildeten Frauen zu Hüterinnen von Großfamilien zu machen, verkennt deren Lebensvorstellungen. Gerade weil sie heute über hohe berufliche Qualifikationen verfügen, drängt es sie danach, diese auch in der Arbeitswelt einzusetzen.
Die alleinige Beschränkung auf das begrenzte, familiäre Umfeld für zwei Jahrzehnte und mehr, erscheint daher für sie undenkbar. Zudem ist es der Wunsch der überwältigenden Mehrheit der Frauen, zwar ihr Leben auf Kinder auszurichten, aber dabei dennoch nicht ihren Beruf vollständig an den Nagel zu hängen.
Darüber hinaus dürfte die angepeilte Arbeitsteilung zwischen Kinderlosen und Großfamilien zu einer verschärften Polarisierung in der Gesellschaft führen. Einer Polarisierung, die genauso verhängnisvoll wäre, wie es bereits die heutige Polarisierung zwischen den Geschlechtern durch die einseitige Verteilung der Erziehungsarbeit ist. - Bezahlte Familienarbeit, so das Fazit aus beiden Büchern, könnte durchaus ein Mittel sein, um hier die notwendige Trendumkehr einzuleiten.
Aanderud, Catharina:
Schatz, wie war dein Tag auf dem Sofa? - Hausfrau - die unterschätzte Familien-Managerin
Kösel Verlag München, 192 Seiten, 14,95 Euro
Mersch, Peter:
Die Familienmanagerin - Ein Weg aus der demographischen Krise
Norderstedt, Books on Demand, 224 Seiten, 19,80 Euro
Die gelernte Psychologin und Hamburger Journalistin Catharina Aanderud beschreibt in ihrem neuen Buch "Schatz, wie war dein Tag auf dem Sofa?" höchst anschaulich diese Erfahrung vieler junger Frauen, wenn sie in die Mutterrolle hineinschlittern.
Mit dem Kind verändert sich nicht nur die Partnerschaft, sondern die alltägliche Hausarbeit, und die Kindererziehung nimmt die Mutter fast völlig in Beschlag. Und das Schlimmste von allem: Den meisten Müttern geht dabei jedes Selbstbewusstsein verloren! Ganz verschämt outen sie sich dann als "NUR-Hausfrauen". Dabei sprechen die objektiven Zahlen gegen diese Selbstabwertung:
"Hier, an der Basis zu Hause, finden 55 Prozent aller Dienstleistungen unserer Gesellschaft statt, ohne dass sie als Wertschöpfung in das Bruttoinlandsprodukt eingehen [...]. In den heimischen vier Wänden fallen jährlich rund 96 Milliarden Arbeitsstunden an, dagegen nur 60 Milliarden in Jobs außer Haus."
Ausführlich beschreibt die Hamburger Journalistin in ihrem Buch die vielfältigen Tätigkeiten und Herausforderungen, denen sich eine Hausfrau stellen muss. Den Vergleich mit traditioneller Erwerbsarbeit müsse sie keinesfalls scheuen. Gefordert sei nämlich:
"Organisationstalent [...], Flexibilität, große Belastbarkeit und wirtschaftliches Denken - im Grunde genommen alles Managerfähigkeiten, die durch das Familienleben entstehen."
Trotzdem litt Catharina Aanderud wie die meisten Hausfrauen an Minderwertigkeitskomplexen. Ein Phänomen, das bei den europäischen Nachbarn ganz unbekannt zu sein scheint. Das zeigt gerade ihr informativer Vergleich mit den familienpolitisch gern zitierten Vorbildern Frankreich und Schweden. Dort seien Hausfrauen zum gesellschaftlichen Randphänomen geworden und die Mutter zwischen Beruf und Familie nunmehr der gesellschaftliche Standard. Die Erfahrungsberichte von Müttern aus diesen Ländern, lassen allerdings Zweifel aufkommen, ob diese "Errungenschaft" tatsächlich ein Gewinn für die Frauen und ihre Kinder ist. Für Katharina Aanderud kamen die schwedisch-französischen Lösungen jedenfalls nicht in Frage:
"Ich hätte nie gedacht, dass ich eine so intensive emotionale Bindung zu meinem Kind verspüren würde, dass ein Achtstundentag außer Haus (wie er mir zwischenzeitlich in leitender Position für eine Frauenzeitung angeboten wurde) für mich inzwischen undenkbar war - zumindest solange mein Sohn noch ein Kleinkind war."
Bei aller Freude am Kind bleibt aber dennoch der Gegensatz zwischen dem objektiven Wert und der gefühlten Wertlosigkeit der Familienarbeit. Das veranlasste die Journalistin, den Ursachen für diesen Widerspruch auf den Grund zu gehen.
Ihre einschlägige Liste ist lang und nicht ganz unbekannt - angefangen bei den Männern, die sich weigern, ihren Beitrag an der Hausarbeit und Kindererziehung zu leisten; fortgesetzt bei den Supermüttern, die öffentlich den Eindruck vermitteln, berufliche Karriere, Kinder und Haushalt seien nur eine Frage guter Organisation, bis hin zur völligen wirtschaftlichen Abhängigkeit von einem Mann.
Und genau hier erkennt Catharina Aanderud den Ansatzpunkt, um den Hausfrauen zu echter Anerkennung zu verhelfen und damit letztlich unsere Gesellschaft grundlegend zu verändern:
"Bekanntlich ist ja immer nur das etwas wert, was etwas kostet! Wenn aber Geld unser einziger Wertmaßstab ist, werden damit gleichzeitig alle nicht bezahlten Tätigkeiten entwertet."
Da der Wert von Haus- und Erziehungsarbeit mittlerweile selbst von Volkswirten vorgerechnet wird, gäbe es nur eine Schlussfolgerung: Diese Tätigkeit muss eben auch wie Erwerbsarbeit bezahlt werden!
Ausgearbeitete Konzepte dazu gäbe es bereits. So würden etwa der US-Wirtschaftsnobelpreisträger Gary Becker oder der renommierte Heidelberger Steuerexperte Paul Kirchhof die Forderung nach einem "Erziehungsgehalt" unterstützen.
Das größte Hindernis für die Durchsetzung dieser Forderung sieht Aanderud weniger beim Geld. Wenn eine Gesellschaft nur will, ändert sie eben ihre Prioritäten. Gefordert sei vor allem ein neues Selbstbewusstsein der Frauen. Aufgrund ihrer Erziehung hätten sie - anders als die Männer - nicht gelernt, für ihre Leistungen auf eine angemessene Honorierung zu bestehen - und zwar weder im Beruf noch als Hausfrauen:
"Sie sollten anfangen, Geld wichtiger zu nehmen und als Baustein ihrer Unabhängigkeit anzuerkennen [...]. Dagegen bräuchten die Männer für ihre innere Balance mehr Abstand davon, um nicht emotional zu verarmen und um den Wert von Beziehungen stärker schätzen zu lernen."
Diese neue Balance zwischen den Geschlechtern, so das Fazit von Catharina Aanderuds anregender Streitschrift, lässt sich am wirkungsvollsten durch ein Instrument herstellen: Das Hausfrauen-Gehalt für professionell arbeitende Familien-Managerinnen.
Auf exakt den gleichen Gedanken kommt auch der Computerfachmann und Managementberater Peter Mersch. In seinem Buch "Die Familienmanagerin. Kindererziehung und Bevölkerungspolitik in Wissensgesellschaften" macht er dazu einen systematisch erarbeiteten und präzis formulierten Vorschlag.
Während Catharina Aanderud vor allem aus der Sicht der missachteten Hausfrauen argumentiert, wählt Peter Mersch einen anderen Ansatzpunkt: Wie bereits im Titel erkennbar, kommt es ihm auf das Verhältnis von Wissensgesellschaft und Bevölkerungsentwicklung an. Einerseits würden die geistigen Fähigkeiten und das theoretische Wissen ihrer Menschen zum entscheidenden Erfolgsfaktor aller Industrienationen. Gleichzeitig entwickle sich in diesen Staaten ein demographisches Problem:
"Die Lebenserwartung steigt, während die Fertilitätsrate sinkt, und dies alles umso mehr, je höher das Bildungsniveau, der Lebensstandard und der Grad der Geschlechtergleichberechtigung sind."
Für Peter Mersch steht außer Frage, dass die Vergreisung und Schrumpfung der Bevölkerung gestoppt werden muss, um den Wohlstand unseres Landes langfristig zu sichern. Daher ist er ganz dezidiert der Meinung, dass der Staat bei der "Reproduktion des Humanvermögens" massiv eingreifen muss:
"Das heißt, den Nachwuchs oder die Rekrutierungspotenziale für die verschiedenen Gesellschaftsbereiche auf Basis einer langfristigen Planung bezüglich dem zukünftigen Bedarf an Menschen und deren Qualifikationen sicherzustellen."
Das habe die Politik bislang noch nicht begriffen. Zudem hätten die Regierungen bei ihrer bisherigen Familienpolitik zu den völlig falschen und daher wirkungslosen Instrumenten gegriffen. Ihr Denkfehler:
"Es ist viel leichter [...], eine Familie mit Kindern zu einem weiteren Kind zu bewegen, als Kinderlose zu einem ersten Kind. Und mit jedem weiteren Kind sinken die biographischen und natürlich auch die Gesamt-Opportunitätskosten weiter ab und machen eine Entscheidung für ein weiteres Kind leichter und wahrscheinlicher."
Eine effektive Familienpolitik müsse daher auf die gezielte Förderung von Großfamilien setzen anstatt darauf, Kinderlose zu Eltern machen zu wollen. Allerdings könnten sich unter den heutigen Bedingungen gerade gut ausgebildete Eltern eine Großfamilie finanziell überhaupt nicht leisten. Zudem lehnten es die emanzipierten Frauen von heute ab, sich in die völlige wirtschaftliche Abhängigkeit eines Mannes zu begeben. Sie beharrten auf Einkommen durch eigene Erwerbstätigkeit. Berücksichtigt man all diese Faktoren, dann gibt es für den Managementberater Mersch nur eine Lösung: Die Familienmanagerin muss her:
"Eine Familienmanagerin ist eine professionelle Erzieherin (bzw. ein Erzieher) mit entsprechender Ausbildung und Arbeitsvertrag, die in vielen Aspekten etwa einer staatlich beschäftigten dänischen Tagesmutter entspricht, anders als diese aber nicht ausschließlich für das Betreuen fremder, sondern in erster Linie für das Aufziehen eigener Kinder bezahlt wird. Je mehr Kinder eine Familienmanagerin betreut, desto mehr verdient sie."
Finanziert würde das Ganze durch eine Kinderlosensteuer. Kinderlose würden so ihre Pflicht, persönlich für ausreichend Nachwuchs zu sorgen, ganz einfach an andere - nämlich die Großfamilien - delegieren. Dieses Konzept des Managementberaters Peter Mersch ist zweifellos konsequent, von bestechender Klarheit und mit vielen Argumenten unterfüttert.
Allerdings ist es eine ökonomisch-technokratische Vision, die inhumane Züge trägt. Ausdrücklich - und das durchzieht sein gesamtes Buch - geht es ihm faktisch um eine Beschränkung des Nachwuchses bei den Unterschichtfamilien. Schon heute gäbe es hier viel mehr Kinder als bei Akademikern, so dass die Qualität des "Humanvermögens" bereits erheblich abgesunken sei. Der Versuch, hier durch verbesserte Bildung in Kindergärten und Schulen korrigierend einzugreifen, sei wenig Erfolg versprechend.
Aber selbst wenn man davon absieht: Die Hoffnung, mit dem Modell der "Familienmanagerin" gerade die gut ausgebildeten Frauen zu Hüterinnen von Großfamilien zu machen, verkennt deren Lebensvorstellungen. Gerade weil sie heute über hohe berufliche Qualifikationen verfügen, drängt es sie danach, diese auch in der Arbeitswelt einzusetzen.
Die alleinige Beschränkung auf das begrenzte, familiäre Umfeld für zwei Jahrzehnte und mehr, erscheint daher für sie undenkbar. Zudem ist es der Wunsch der überwältigenden Mehrheit der Frauen, zwar ihr Leben auf Kinder auszurichten, aber dabei dennoch nicht ihren Beruf vollständig an den Nagel zu hängen.
Darüber hinaus dürfte die angepeilte Arbeitsteilung zwischen Kinderlosen und Großfamilien zu einer verschärften Polarisierung in der Gesellschaft führen. Einer Polarisierung, die genauso verhängnisvoll wäre, wie es bereits die heutige Polarisierung zwischen den Geschlechtern durch die einseitige Verteilung der Erziehungsarbeit ist. - Bezahlte Familienarbeit, so das Fazit aus beiden Büchern, könnte durchaus ein Mittel sein, um hier die notwendige Trendumkehr einzuleiten.
Aanderud, Catharina:
Schatz, wie war dein Tag auf dem Sofa? - Hausfrau - die unterschätzte Familien-Managerin
Kösel Verlag München, 192 Seiten, 14,95 Euro
Mersch, Peter:
Die Familienmanagerin - Ein Weg aus der demographischen Krise
Norderstedt, Books on Demand, 224 Seiten, 19,80 Euro