Ursula von der Leyen hat in den vergangenen Tagen viele Gespräche geführt. Mit ihrem Amtskollegen in Bagdad, mit Vertretern der Kurden in Erbil, mit deutschen Soldaten im kleinen Kreis, mit Journalisten und sicher auch mit den Bundestagsabgeordneten in ihrer Delegation, sieben an der Zahl. Sie sind der Ministerin auf Schritt und Tritt gefolgt, haben gesehen, wie deutsche Ausbilder irakische Soldaten beim Aufspüren etwa von chemischen Kampfstoffen schulen. Die Parlamentarier sind auf der Suche nach Argumenten für oder gegen eine Verlängerung dieses Mandats, dass Ende Oktober ausläuft. Von der Leyen wirbt für diesen Einsatz! Bei einigen Abgeordneten ist das weitgehend sinnlos bzw. überflüssig. Ihr Urteil stand schon vorher fest. In der Unionsfraktion etwa muss sie keine Überzeugungsarbeit leisten. Reinhard Brandl, CSU, sieht es so:
"Ganz praktisch, die ABC-Ausbildung, wenn nicht hier, wo sonst soll man eine solche Ausbildung betreiben, ich bin sehr zufrieden mit dem, was die Soldaten hier leisten."
Auch entschieden, aber anders entschieden argumentieren die Vertreter von Linkspartei und AfD. Beide Fraktionen lehnen den Einsatz ab, so wie schon bei der Abstimmung im vergangenen März. Der Abgeordnete Alexander Neu begründet das folgendermaßen:
"Die Linke lehnt konsequent Auslandseinsätze ab. Da hat auch dieser Besuch nichts dran geändert. Ausbildung mit ABC Schutzkomponenten finde ich ok, könnte aber auch genauso auf deutschem Staatsgebiet stattfinden."
Gute Chancen bei den Liberalen
So also klingt ein Nein von links, anders formuliert der Abgeordnete Rüdiger Lucassen das Nein von rechts:
"Wir sehen nach wie vor, auch nachdem, was ich hier erlebe, die Gefahr, dass wir unter Umständen hier vielleicht die Falschen ausbilden, also hoch risikoreich und unabhängig von dem Mandatsantrag, den die Bundesregierung einreicht, gehe ich jetzt davon aus, dass wir einer Verlängerung des Mandats nicht zustimmen werden."
Die beiden anderen Oppositionsparteien sind weniger rigoros. Auch die Grünen haben im März mit Nein gestimmt. Wir schauen uns das neue Mandat sehr genau an, sagt Tobias Lindner nach dieser Reise:
"Was hier im Irak an Ausbildungsunterstützung geleistet wird, kann ich persönlich für sinnvoll erachten, wichtig ist am Ende natürlich der gesamte politische Prozess, Regierungsbildung, Versöhnung, das Verhältnis der Kurden zur Zentralregierung. Wenn man diese Dinge nicht angeht, dann kann auch die beste Ausbildungsunterstützung nichts nutzen."
Die besten Chancen, Ja-Stimmen aus der Opposition zu finden, hat Ursula von der Leyen wohl in den Reihen der Liberalen. Die FDP hat sich vor fünf Monaten enthalten. Nach diesen drei Tagen in Jordanien und im Irak betont Marie-Agnes Strack-Zimmermann: Noch haben wir uns nicht festgelegt.
"Die Frage, ob wir uns auch im Zentralirak engagieren, das werden wir in der Fraktion in Ruhe klären, das war auch der Grund, warum ich mitgekommen bin. Es ist in der Tat so, dass alle Anwesenden in der Regierung, im Militär, den Wunsch äussern, auch die Soldaten selber. Nichtsdestotrotz ist es für uns wichtig, abzuwägen, was macht Sinn, was macht weniger Sinn und das werde ich mir vorbehalten, bis die Entscheidung reif ist."
"Sinnvoller Beitrag zur Stabilisierung des Irak"
Und die SPD? Der Koaltionspartner? Die Verteidigungsministerin weiß, dass auch da im März gestöhnt wurde. Warum noch ein Einsatz? Warum Hilfe für den Irak? Ein Land mit milliardenschweren Öleinnahmen? Als SPD Obmann im Verteidigungsausschuss gehört Fritz Felgentreu nun wahrlich nicht zu den rebellischen Kräften in der Fraktion. Wir müssen jetzt beraten, bilanziert er vor dem Abflug nach Berlin, und weiter:
"Ich kann, wenn ich in die Fraktion zurückkehre, schon berichten, dass die Arbeit, die die Soldatinnen und Soldaten hier machen, ein sinnvoller Beitrag für die Stabilisierung des Iraks ist."
Das darf man wohl wenigstens als ein "immerhin" werten. Dazu kommt: Sollte es bei den Genossen eng werden, gibt es ja noch einen SPD-Außenminister im Kabinett, der helfen kann, das neue Mandat koalitionsverträglich zu machen.