Mahnwache für die Freiheitsrechte von Frauen - und zwar von Frauen mit Kopftuch. Jeden Samstag mittag um zwölf Uhr versammeln SIE sich diese Kopftuchträgerinnen in der zentralanatolischen Stadt Konya zu einer Mahnwache - so wie ihre Gesinnungsgenossinnen in vielen anderen türkischen Städten auch. Weg mit dem Kopftuchverbot, fordern die Demonstrantinnen, und zwar vor allem an den Universitäten: Das Recht auf Bildung müsse auch gläubigen Musliminnen zuteil werden.
Schon zum 144. Mal fand die Mahnwache in Konya jetzt statt - und langsam verlieren die Frauen die Geduld mit Ministerpräsident Erdogan und seiner AKP, die ihnen schon seit Jahren die Abschaffung des Kopftuchverbots in Aussicht stellen. Mit Rücksicht auf seine mächtigen Gegner im Staatsapparat, die Justiz und vor allem DAS das Militär, näherte sich Erdogan bisher nur behutsam der Umsetzung dieses Wahlversprechens: Im Rahmen einer großen Verfassungsreform wollte er das heiße Eisen im Laufe dieses Jahres anpacken. Doch nun ist er plötzlich von der Opposition überholt worden. Mit einem ganz einfachen Kunstgriff könne das Kopftuchverbot für Studentinnen abgeschafft werden, schlug die nationalistische Partei MHP jetzt vor. Oktay Vural, Vizefraktionschef der MHP, erklärt den Vorschlag so:
"Wird vor Gericht denn ein Unterschied gemacht zwischen Bürgerinnen mit und ohne Kopftuch, weisen die Krankenhäuser Bürgerinnen ab, weil sie Kopftuch tragen? Natürlich nicht, und so sollte es auch im Bildungswesen sein, dass nicht unterschieden wird, wer staatliche Leistungen empfangen darf und wer nicht. Unser Vorschlag ist dieser: Wenn Bürger dieses Landes staatliche Leistungen empfangen, dann dürfen sie nicht nach ihrer Kleidung diskriminiert und von dieser Leistung ausgeschlossen werden. "
Für Dozentinnen und Professorinnen soll das Kopftuch damit verboten bleiben, ebenso wie für Richterinnen und Ärztinnen - schließlich stehe es dem Staat frei, das Auftreten seiner Beamten zu regeln, sagt die MHP. Für Studentinnen soll es mit dieser Initiative aber frei gegeben werden. Wenn die Regierung es ernst meine, dann könne sie sich ja den MHP-Vorschlag zu eigen machen. Erdogan zeigt sich gesprächsbereit:
"Ich sage der Opposition: Wir sind in dieser Frage zu allem bereit. Wenn nötig, komme ich auch gerne zu ihnen. Wir sind da auf jeden Fall dabei. Wir setzen uns zusammen, einigen uns auf die Formulierung und dann ist alles klar."
In der Tat: Mit zusammen 410 von 550 Sitzen im Parlament sollte es nichts geben, was die Regierung und die MHP nicht gemeinsam verabschieden könnten - auch gegen die dritte Partei im Parlament, die kemalistische CHP, deren Vizevorsitzender Mustafa Özyüregi sich entsprechend irritiert zeigte:
"Das Kopftuch ist ein Symbol des politischen Islam. Wenn solche Symbole erlaubt werden, dann wird sich die Türkei von einem modernen Land in eine islamische Republik verwandeln. Wir bleiben dabei, dass wir gegen die Freigabe des Kopftuches im öffentlichen Raum sind. Aber die Regierung und die MHP wollen das nun machen, was soll ich dazu noch sagen?"
Im Parlament haben die Kemalisten nichts mehr zu sagen, aber dafür haben sie mächtige Verbündete in Schlüsselstellen des Staates - in der Bürokratie, im Militär und in der Justiz. Mit einer schriftlichen Drohung reagierte der Generalstaatsanwalt auf die Pläne der Parlamentsmehrheit: Wenn das Kopftuchverbot an den Hochschulen gelockert werde, dann würden die zuständigen Parteien wegen verfassungswidriger Aktivitäten belangt, erklärte der oberste Ankläger der Republik, im Klartext: Dann werde er Verbotsverfahren gegen sie einleiten. Während die MHP sichtbar zusammenzuckte, ging Erdogan in die Offensive:
"Die sollen uns bloß nicht mit der Verfassung unter der Nase herumwedeln, wir kennen die Verfassung mindestens so gut wie sie. Wenn die Gewaltenteilung in diesem Land funktionieren soll, wenn die legislativen, exekutiven und judikativen Organe funktionieren sollen, dann muss jeder seinen Platz in diesem System kennen und sich daran halten. Keiner darf sich über dieses System stellen."
Die gesetzgebende Gewalt im Land gehe noch immer von der Volksvertretung aus und nicht von der Justiz, mahnte auch Parlamentspräsident Köksal Toptan den Staatsanwalt. Die Justiz solle mit Urteilen sprechen und nicht mit Presseerklärungen zur Tagespolitik. Wie dieser Machtkampf ausgeht, ist aber noch längst nicht entschieden. Aus den Reihen der kemalistischen Hochschulrektoren wird bereits die Forderung laut, gegen eine Abschaffung des Kopftuchverbots möge das Militär intervenieren.
Schon zum 144. Mal fand die Mahnwache in Konya jetzt statt - und langsam verlieren die Frauen die Geduld mit Ministerpräsident Erdogan und seiner AKP, die ihnen schon seit Jahren die Abschaffung des Kopftuchverbots in Aussicht stellen. Mit Rücksicht auf seine mächtigen Gegner im Staatsapparat, die Justiz und vor allem DAS das Militär, näherte sich Erdogan bisher nur behutsam der Umsetzung dieses Wahlversprechens: Im Rahmen einer großen Verfassungsreform wollte er das heiße Eisen im Laufe dieses Jahres anpacken. Doch nun ist er plötzlich von der Opposition überholt worden. Mit einem ganz einfachen Kunstgriff könne das Kopftuchverbot für Studentinnen abgeschafft werden, schlug die nationalistische Partei MHP jetzt vor. Oktay Vural, Vizefraktionschef der MHP, erklärt den Vorschlag so:
"Wird vor Gericht denn ein Unterschied gemacht zwischen Bürgerinnen mit und ohne Kopftuch, weisen die Krankenhäuser Bürgerinnen ab, weil sie Kopftuch tragen? Natürlich nicht, und so sollte es auch im Bildungswesen sein, dass nicht unterschieden wird, wer staatliche Leistungen empfangen darf und wer nicht. Unser Vorschlag ist dieser: Wenn Bürger dieses Landes staatliche Leistungen empfangen, dann dürfen sie nicht nach ihrer Kleidung diskriminiert und von dieser Leistung ausgeschlossen werden. "
Für Dozentinnen und Professorinnen soll das Kopftuch damit verboten bleiben, ebenso wie für Richterinnen und Ärztinnen - schließlich stehe es dem Staat frei, das Auftreten seiner Beamten zu regeln, sagt die MHP. Für Studentinnen soll es mit dieser Initiative aber frei gegeben werden. Wenn die Regierung es ernst meine, dann könne sie sich ja den MHP-Vorschlag zu eigen machen. Erdogan zeigt sich gesprächsbereit:
"Ich sage der Opposition: Wir sind in dieser Frage zu allem bereit. Wenn nötig, komme ich auch gerne zu ihnen. Wir sind da auf jeden Fall dabei. Wir setzen uns zusammen, einigen uns auf die Formulierung und dann ist alles klar."
In der Tat: Mit zusammen 410 von 550 Sitzen im Parlament sollte es nichts geben, was die Regierung und die MHP nicht gemeinsam verabschieden könnten - auch gegen die dritte Partei im Parlament, die kemalistische CHP, deren Vizevorsitzender Mustafa Özyüregi sich entsprechend irritiert zeigte:
"Das Kopftuch ist ein Symbol des politischen Islam. Wenn solche Symbole erlaubt werden, dann wird sich die Türkei von einem modernen Land in eine islamische Republik verwandeln. Wir bleiben dabei, dass wir gegen die Freigabe des Kopftuches im öffentlichen Raum sind. Aber die Regierung und die MHP wollen das nun machen, was soll ich dazu noch sagen?"
Im Parlament haben die Kemalisten nichts mehr zu sagen, aber dafür haben sie mächtige Verbündete in Schlüsselstellen des Staates - in der Bürokratie, im Militär und in der Justiz. Mit einer schriftlichen Drohung reagierte der Generalstaatsanwalt auf die Pläne der Parlamentsmehrheit: Wenn das Kopftuchverbot an den Hochschulen gelockert werde, dann würden die zuständigen Parteien wegen verfassungswidriger Aktivitäten belangt, erklärte der oberste Ankläger der Republik, im Klartext: Dann werde er Verbotsverfahren gegen sie einleiten. Während die MHP sichtbar zusammenzuckte, ging Erdogan in die Offensive:
"Die sollen uns bloß nicht mit der Verfassung unter der Nase herumwedeln, wir kennen die Verfassung mindestens so gut wie sie. Wenn die Gewaltenteilung in diesem Land funktionieren soll, wenn die legislativen, exekutiven und judikativen Organe funktionieren sollen, dann muss jeder seinen Platz in diesem System kennen und sich daran halten. Keiner darf sich über dieses System stellen."
Die gesetzgebende Gewalt im Land gehe noch immer von der Volksvertretung aus und nicht von der Justiz, mahnte auch Parlamentspräsident Köksal Toptan den Staatsanwalt. Die Justiz solle mit Urteilen sprechen und nicht mit Presseerklärungen zur Tagespolitik. Wie dieser Machtkampf ausgeht, ist aber noch längst nicht entschieden. Aus den Reihen der kemalistischen Hochschulrektoren wird bereits die Forderung laut, gegen eine Abschaffung des Kopftuchverbots möge das Militär intervenieren.