"Hier in Michigan wächst alles wie Unkraut", schwärmt Cathy. Und Michigan bedeutet: auch mitten in Detroit. Es wächst einfach.
"Mangold, Bohnen, Pastinaken, Karotten, Kartoffeln, Paprika, Aubergine, Tomaten, Zwiebeln. Alles! Und dieses Jahr habe ich zum ersten Mal Spinat gepflanzt."
Cathy ist Mitte 50, eine Frau mit tiefen Lachfalten, stets einfach und praktisch gekleidet. Mehrere Nachmittage die Woche arbeitet sie in einem Community Garden.
"Hope takes Root" heißt dieser Garten im nördlichen Corktown. Einer von vielen. Und es werden immer mehr. Nachbarn oder Freunde tun sich zusammen: Sie pachten ein Grundstück - und legen einfach los. Leer stehende Flächen gibt es im Überfluss, auch helfende Hände, und die Versorgungslage ist schlecht, gerade was frisches Obst und Gemüse betrifft.
"Die großen Supermarktketten haben der Stadt den Rücken gekehrt", sagt Nefer Ra Barber. Sie ist Trainerin bei Earthworks, einer der größten Farmen, die auch Fortbildungen für Erwachsene anbietet.
"Wir haben beschlossen, dass wir für uns selbst sorgen. Und wir haben es satt, unser Essen am Kiosk oder an Tankstellen kaufen zu müssen."
In Detroit gibt es Hunderte solcher Gärten und Farmen. Manche sagen sogar: Weit über tausend. Urban Gardening ist weit mehr als ein Hipsterding. Es ist eine politische Bewegung, die vielleicht nicht die Welt, aber doch die lokalen Wirtschaftskreisläufe ändern kann.
Der Eastern Market einen Kilometer von Downtown entfernt, ist der zentrale Umschlagplatz für Produkte aus der Region und hat eine 120-jährige Tradition. Hier verkauft auch Greg Willerer seine Ernte. Drei verschiedene Blattsalatmischungen. Die Versuchung ist groß, sie direkt aus der Tüte zu essen. So lecker - auch ohne Dressing.
"Salatsaison. Die schlimmste und zugleich beste Zeit des Jahres", sagt Greg, der vom Urban Farming lebt. Mit einem halben Hektar hat er angefangen: in seiner "Brother Nature" Farm - als Nachbar von Cathy. Inzwischen bewirtschaftet er zweieinhalb Hektar, also rund vier Fußballfelder, für einen Landwirt nicht besonders viel. Aber in Salat an diesem Samstag ausgedrückt: 70 Kilo.
Greg hat keine Zeit für ein Gespräch. Die Kunden stehen Schlange an seinem kleinen Stand. Seinen Nachbarn auf dem Eastern Market nebenan geht's nicht anders. Sie alle verkaufen Obst und Gemüse, produziert auf innerstädtischen Öko-Farmen in Detroit. Deswegen: Grown in Detroit.
"Grown in Detroit - das ist ein gemeinsames Projekt von Bauern hier in der Stadt. Manche sind nicht groß genug, um sich einen eigenen Stand leisten zu können. Sie tun sich einfach zusammen - wie eine Kooperative."
Phil Jones steht mit Mikrofon auf einer Tribüne in der Mitte der Markthalle, macht Späße, reicht Häppchen und gibt Kochtipps. Er hat ein Restaurant, ist aber auch Vorsitzender eines Expertengremiums, das die Stadt in Ernährungsfragen berät.
"Lebensmittel direkt aus Detroit - das ist der Schlüssel für unsere Zukunft. Großunternehmen und industrielle Landwirtschaft haben hier großen Schaden angerichtet. Sie haben der Wirtschaft, unserer Gesundheit und dem Leben vieler Menschen geschadet. Wir ermutigen deshalb die Detroiter, künftig anders zu essen. Damit helfen wir uns auch selbst. Darum geht es letztlich hier auf dem Eastern Market."
Eastern Market, sagt Phil Jones, ist der größte Markt dieser Art in den USA, wo solche Wochenmärkte immer beliebter werden. Aber für Detroit sei er so etwas wie das Rückgrat. Ein Treffpunkt für Junge, Alte, Schwarze, Weiße, Arme und Reiche.
Draußen vor den Markthallen wird gefeiert. Auf den Grills brutzeln Spareribs, aus den Lautsprechern tönen Hits aus alten Motown-Zeiten. Wer genug Mut hat, greift zum Karaoke-Mikrofon. Eine hochemotionale Angelegenheit...
Pulsierendes städtisches Leben wie auf dem Eastern Market herrscht in der Michigan Avenue noch nicht. Aber Leute wie die 30-jährige Deveri Gifford arbeiten daran.
"What can I get you for today?"
Im Mai hat Deveri das Brooklyn Street Local eröffnet. Ein kleines Restaurant, in dem vorwiegend Detroiter Erzeugnisse auf den Tisch kommen.
"Schinken vom Schwein, das hier aufgezogen wurde. Brot von der örtlichen Bio-Bäckerei, Pommes aus Detroiter Kartoffeln oder eine Salat-Beilage, ebenfalls aus städtischem Anbau."
Für neun Dollar, gut sieben Euro, serviert Deveri eine vollwertige Mahlzeit. Das ist für Detroiter Verhältnisse nicht sehr teuer, aber auch nicht sehr günstig. Local Food hat seinen Preis.
"Wir ringen um die Balance zwischen dem, was erschwinglich ist und was wir in Rechnung stellen müssen. Das ist ein ständiger Prozess. Ich bin aber auch nicht bereit, schlechte Qualität einzukaufen. Auf die Balance kommt's an."
Ihre Zutaten bekommt Deveri von Lieferanten aus der Nachbarschaft, unter ihnen auch jener Greg Willerer, der auf dem Eastern Market seinen Salat verkauft. Natürlich gibt es Engpässe, je nach Saison, und natürlich kommen Gewürze, Öle oder Getreide nicht aus Detroit.
"Wir würden gerne alles an Zutaten aus der Stadt beziehen, wenn das ginge. Wenn wir andere Gerichte anbieten, zum Beispiel das 'Grilled Veggie Sandwich', fühle ich mich immer ein bisschen schuldig. Aber: Es gehört zu meinen Lieblingssandwiches, und deshalb muss es auf die Karte!"
Mehr Essen:
The Greening of Detroit ist eine gemeinnützige Initiative, die Farmer und Gärtner unterstützt und bei Detroitern jeglicher Couleur größtes Ansehen genießt.
Für den ersten Tag: Slows Bar B Q ist kein Geheimtipp mehr. Aber mit "Slows" begann die Wiederbelebung der Restaurant-Landschaft. Extrem lecker.
"Mangold, Bohnen, Pastinaken, Karotten, Kartoffeln, Paprika, Aubergine, Tomaten, Zwiebeln. Alles! Und dieses Jahr habe ich zum ersten Mal Spinat gepflanzt."
Cathy ist Mitte 50, eine Frau mit tiefen Lachfalten, stets einfach und praktisch gekleidet. Mehrere Nachmittage die Woche arbeitet sie in einem Community Garden.
"Hope takes Root" heißt dieser Garten im nördlichen Corktown. Einer von vielen. Und es werden immer mehr. Nachbarn oder Freunde tun sich zusammen: Sie pachten ein Grundstück - und legen einfach los. Leer stehende Flächen gibt es im Überfluss, auch helfende Hände, und die Versorgungslage ist schlecht, gerade was frisches Obst und Gemüse betrifft.
"Die großen Supermarktketten haben der Stadt den Rücken gekehrt", sagt Nefer Ra Barber. Sie ist Trainerin bei Earthworks, einer der größten Farmen, die auch Fortbildungen für Erwachsene anbietet.
"Wir haben beschlossen, dass wir für uns selbst sorgen. Und wir haben es satt, unser Essen am Kiosk oder an Tankstellen kaufen zu müssen."
In Detroit gibt es Hunderte solcher Gärten und Farmen. Manche sagen sogar: Weit über tausend. Urban Gardening ist weit mehr als ein Hipsterding. Es ist eine politische Bewegung, die vielleicht nicht die Welt, aber doch die lokalen Wirtschaftskreisläufe ändern kann.
Der Eastern Market einen Kilometer von Downtown entfernt, ist der zentrale Umschlagplatz für Produkte aus der Region und hat eine 120-jährige Tradition. Hier verkauft auch Greg Willerer seine Ernte. Drei verschiedene Blattsalatmischungen. Die Versuchung ist groß, sie direkt aus der Tüte zu essen. So lecker - auch ohne Dressing.
"Salatsaison. Die schlimmste und zugleich beste Zeit des Jahres", sagt Greg, der vom Urban Farming lebt. Mit einem halben Hektar hat er angefangen: in seiner "Brother Nature" Farm - als Nachbar von Cathy. Inzwischen bewirtschaftet er zweieinhalb Hektar, also rund vier Fußballfelder, für einen Landwirt nicht besonders viel. Aber in Salat an diesem Samstag ausgedrückt: 70 Kilo.
Greg hat keine Zeit für ein Gespräch. Die Kunden stehen Schlange an seinem kleinen Stand. Seinen Nachbarn auf dem Eastern Market nebenan geht's nicht anders. Sie alle verkaufen Obst und Gemüse, produziert auf innerstädtischen Öko-Farmen in Detroit. Deswegen: Grown in Detroit.
"Grown in Detroit - das ist ein gemeinsames Projekt von Bauern hier in der Stadt. Manche sind nicht groß genug, um sich einen eigenen Stand leisten zu können. Sie tun sich einfach zusammen - wie eine Kooperative."
Phil Jones steht mit Mikrofon auf einer Tribüne in der Mitte der Markthalle, macht Späße, reicht Häppchen und gibt Kochtipps. Er hat ein Restaurant, ist aber auch Vorsitzender eines Expertengremiums, das die Stadt in Ernährungsfragen berät.
"Lebensmittel direkt aus Detroit - das ist der Schlüssel für unsere Zukunft. Großunternehmen und industrielle Landwirtschaft haben hier großen Schaden angerichtet. Sie haben der Wirtschaft, unserer Gesundheit und dem Leben vieler Menschen geschadet. Wir ermutigen deshalb die Detroiter, künftig anders zu essen. Damit helfen wir uns auch selbst. Darum geht es letztlich hier auf dem Eastern Market."
Eastern Market, sagt Phil Jones, ist der größte Markt dieser Art in den USA, wo solche Wochenmärkte immer beliebter werden. Aber für Detroit sei er so etwas wie das Rückgrat. Ein Treffpunkt für Junge, Alte, Schwarze, Weiße, Arme und Reiche.
Draußen vor den Markthallen wird gefeiert. Auf den Grills brutzeln Spareribs, aus den Lautsprechern tönen Hits aus alten Motown-Zeiten. Wer genug Mut hat, greift zum Karaoke-Mikrofon. Eine hochemotionale Angelegenheit...
Pulsierendes städtisches Leben wie auf dem Eastern Market herrscht in der Michigan Avenue noch nicht. Aber Leute wie die 30-jährige Deveri Gifford arbeiten daran.
"What can I get you for today?"
Im Mai hat Deveri das Brooklyn Street Local eröffnet. Ein kleines Restaurant, in dem vorwiegend Detroiter Erzeugnisse auf den Tisch kommen.
"Schinken vom Schwein, das hier aufgezogen wurde. Brot von der örtlichen Bio-Bäckerei, Pommes aus Detroiter Kartoffeln oder eine Salat-Beilage, ebenfalls aus städtischem Anbau."
Für neun Dollar, gut sieben Euro, serviert Deveri eine vollwertige Mahlzeit. Das ist für Detroiter Verhältnisse nicht sehr teuer, aber auch nicht sehr günstig. Local Food hat seinen Preis.
"Wir ringen um die Balance zwischen dem, was erschwinglich ist und was wir in Rechnung stellen müssen. Das ist ein ständiger Prozess. Ich bin aber auch nicht bereit, schlechte Qualität einzukaufen. Auf die Balance kommt's an."
Ihre Zutaten bekommt Deveri von Lieferanten aus der Nachbarschaft, unter ihnen auch jener Greg Willerer, der auf dem Eastern Market seinen Salat verkauft. Natürlich gibt es Engpässe, je nach Saison, und natürlich kommen Gewürze, Öle oder Getreide nicht aus Detroit.
"Wir würden gerne alles an Zutaten aus der Stadt beziehen, wenn das ginge. Wenn wir andere Gerichte anbieten, zum Beispiel das 'Grilled Veggie Sandwich', fühle ich mich immer ein bisschen schuldig. Aber: Es gehört zu meinen Lieblingssandwiches, und deshalb muss es auf die Karte!"
Mehr Essen:
The Greening of Detroit ist eine gemeinnützige Initiative, die Farmer und Gärtner unterstützt und bei Detroitern jeglicher Couleur größtes Ansehen genießt.
Für den ersten Tag: Slows Bar B Q ist kein Geheimtipp mehr. Aber mit "Slows" begann die Wiederbelebung der Restaurant-Landschaft. Extrem lecker.