"Wohin mit uns?" - Diese Frage stellen sich drei Stipendiatinnen der Volkswagen Stiftung. Obwohl es ihnen mit ihren Stipendien ja relativ gut geht, machen sie sich Sorgen um ihre Zukunft.
" Ab Mitte 30 schließen sich viele Türen in der Förderung von Post-Docs, bei Stipendien und Fördergeldern und in sofern haben wir da viele Gemeinsamkeiten. Und wir haben in Bereichen promoviert, die nicht sehr weit verbreitet sind oder wenn man bestimmte Gebiete abdeckt, wie in meinem Fall Menschenrechte, kann man nicht an alle Universitäten gehen."
Die Politikwissenschaftlerin Anja Mihr leitet in Venedig einen Masterstudiengang für Menschenrechte und Demokratie. Sie ist eine der drei Postdoktorandinnen, die die Tagung zur Zukunft von Forschenden, Lehrenden und Universitäten organisiert haben. Science Fiction als Motto signalisiert, dass hier ohne gedankliche Schranken nach Antworten für die aktuellen Probleme gesucht werden soll. Auch die 33 Jahre alte Theologin Rajah Scheepers gehört zum Team, denn auch sie macht sich Gedanken über die Zukunft während sie in Hannover an ihrer Habilitation arbeitet:
"Meine erste größte Sorge ist die zunehmende Ökonomisierung und Verschulung der Hochschulen, die dazu führt, dass man sich heute als Erstsemesterstudent weniger seine Veranstaltungen auswählen kann als mein zweijähriger Sohn im Kindergarten, dass es überhaupt keine Freiheit mehr gibt in diesem Bereich, der zweite Bereich ist die Chancengleichheit von Frauen, immer noch bekleiden Frauen nur 9% der C4 Stellen an den Universitäten."
Die Dritte im Bunde ist Lidia Guzy, Religionswissenschaftlerin an der FU Berlin. Die drei haben zwölf Thesen zur Hochschulpolitik formuliert. Darin fordern sie unter anderem mehr Kooperation mit außeruniversitären Institutionen, mehr Frauen in wissenschaftlichen Führungspositionen und mehr soft skills für Wissenschaftler. Diese Thesen sollen nicht nur auf der Tagung für Diskussionen sorgen - Lidia Guzy:
"Wir möchten eine Publikation herausbringen, die auch Forderungen stellt, denn wir möchten auch mitentscheiden, wie die zukünftige Hochschullandschaft aussehen soll."
So interdisziplinär, wie die drei Doktorinnen zusammen arbeiten, so interdisziplinär stellen sie sich auch die Zukunft an den deutschen Hochschulen vor. Auch die Gießener Biochemie-Professorin Katja Becker unterstrich gestern, dass an der Interdisziplinarität kein Weg mehr vorbeiführen wird. Die Malaria-Forscherin weiß aber aus eigener Erfahrung, dass das für Wissenschaftler ein zwiespältiges Thema ist:
"Denn es ist sehr schön, es braucht Mut, es macht Spaß, interdisziplinär zu arbeiten, aber es ist in der Regel für die Karriere nicht unbedingt sehr förderlich. Es lässt sich sehr viel leichter publizieren, wenn man in hohem Maße fachspezifisch publiziert und in der Regel lassen sich auch bessere Stellen erreichen, die ja doch in der Regel fachspezifisch ausgeschrieben sind."
Ein anderer Faktor ist natürlich das Geld. Dabei geht es nicht nur um eine besser Bezahlung für Nachwuchswissenschaftler und Lehrbeauftragte, die sich auf der Tagung alle wünschen. Es geht auch um das Zukunftsthema Drittmittel. Anja Mihr hat guten Grund sich da Veränderung zu wünschen
"Manchmal fehlt es an der Kooperation mit der Verwaltung: Wenn man als Drittmittelforscherin an eine Universität kommt – und ich habe das drei Jahre lang erlebt – dann ist da nicht unbedingt ein Willkommen dahinter. Da heißt es erst mal: 'ach, sie sind zusätzliche Arbeit!' und wenn sie sagen: 'ich hab 200.000 Euro mitgebracht', werden sie auch nicht Begeisterungssprünge erleben. Dieser Mentalitätswandel hat noch nicht eingesetzt."
Dementsprechend hofft sie für die Zukunft auf mehr Flexibilität in der Hochschulverwaltung. Auch sonst wollen die Nachwuchswissenschaftler die weitere Entwicklung der Hochschulen mitgestalten. Und Rajah Scheepers hat eine Idee wie das gehen könnte:
"Idealerweise würde das für mich so aussehen, dass regelmäßig man zu Zukunftskongressen zusammenkäme, wo eben aus allen Statusgruppen – auch von den Studierenden – Menschen sitzen und man überlegt: wie sieht es jetzt aus, wie soll es aussehen, was ist der Wunsch, den wir haben und welche konkreten Schritte können wir unternehmen, um dorthin zu kommen?"
Das Jahr 2012 hatten die Tagungsorganisatorinnen für ihre Science Fiction Überlegungen ausgeguckt. Claudia Wiesner ist von der Marburger Universität zur Tagung gekommen und hat sehr konkrete Visionen, wie sie sich ihre Hochschule dann vorstellt.
"Unbürokratischer. Ich hätte sie gerne hierarchiefreier, besser ausgestattet, was Räume, Bücher, und finanzielle Mittel angeht, internationaler. Das sind die Dinge, die ich sehe."
Allerdings werde sie 2012 wohl nicht mehr dort sein, ergänzt die Projektleiterin vom Zentrum für Konfliktforschung gleich. Noch bis Mittwoch geht die Tagung und man darf wohl mit weiteren neuen Ideen rechnen. Denn die Ansage lautet: "mutig querdenken!"
" Ab Mitte 30 schließen sich viele Türen in der Förderung von Post-Docs, bei Stipendien und Fördergeldern und in sofern haben wir da viele Gemeinsamkeiten. Und wir haben in Bereichen promoviert, die nicht sehr weit verbreitet sind oder wenn man bestimmte Gebiete abdeckt, wie in meinem Fall Menschenrechte, kann man nicht an alle Universitäten gehen."
Die Politikwissenschaftlerin Anja Mihr leitet in Venedig einen Masterstudiengang für Menschenrechte und Demokratie. Sie ist eine der drei Postdoktorandinnen, die die Tagung zur Zukunft von Forschenden, Lehrenden und Universitäten organisiert haben. Science Fiction als Motto signalisiert, dass hier ohne gedankliche Schranken nach Antworten für die aktuellen Probleme gesucht werden soll. Auch die 33 Jahre alte Theologin Rajah Scheepers gehört zum Team, denn auch sie macht sich Gedanken über die Zukunft während sie in Hannover an ihrer Habilitation arbeitet:
"Meine erste größte Sorge ist die zunehmende Ökonomisierung und Verschulung der Hochschulen, die dazu führt, dass man sich heute als Erstsemesterstudent weniger seine Veranstaltungen auswählen kann als mein zweijähriger Sohn im Kindergarten, dass es überhaupt keine Freiheit mehr gibt in diesem Bereich, der zweite Bereich ist die Chancengleichheit von Frauen, immer noch bekleiden Frauen nur 9% der C4 Stellen an den Universitäten."
Die Dritte im Bunde ist Lidia Guzy, Religionswissenschaftlerin an der FU Berlin. Die drei haben zwölf Thesen zur Hochschulpolitik formuliert. Darin fordern sie unter anderem mehr Kooperation mit außeruniversitären Institutionen, mehr Frauen in wissenschaftlichen Führungspositionen und mehr soft skills für Wissenschaftler. Diese Thesen sollen nicht nur auf der Tagung für Diskussionen sorgen - Lidia Guzy:
"Wir möchten eine Publikation herausbringen, die auch Forderungen stellt, denn wir möchten auch mitentscheiden, wie die zukünftige Hochschullandschaft aussehen soll."
So interdisziplinär, wie die drei Doktorinnen zusammen arbeiten, so interdisziplinär stellen sie sich auch die Zukunft an den deutschen Hochschulen vor. Auch die Gießener Biochemie-Professorin Katja Becker unterstrich gestern, dass an der Interdisziplinarität kein Weg mehr vorbeiführen wird. Die Malaria-Forscherin weiß aber aus eigener Erfahrung, dass das für Wissenschaftler ein zwiespältiges Thema ist:
"Denn es ist sehr schön, es braucht Mut, es macht Spaß, interdisziplinär zu arbeiten, aber es ist in der Regel für die Karriere nicht unbedingt sehr förderlich. Es lässt sich sehr viel leichter publizieren, wenn man in hohem Maße fachspezifisch publiziert und in der Regel lassen sich auch bessere Stellen erreichen, die ja doch in der Regel fachspezifisch ausgeschrieben sind."
Ein anderer Faktor ist natürlich das Geld. Dabei geht es nicht nur um eine besser Bezahlung für Nachwuchswissenschaftler und Lehrbeauftragte, die sich auf der Tagung alle wünschen. Es geht auch um das Zukunftsthema Drittmittel. Anja Mihr hat guten Grund sich da Veränderung zu wünschen
"Manchmal fehlt es an der Kooperation mit der Verwaltung: Wenn man als Drittmittelforscherin an eine Universität kommt – und ich habe das drei Jahre lang erlebt – dann ist da nicht unbedingt ein Willkommen dahinter. Da heißt es erst mal: 'ach, sie sind zusätzliche Arbeit!' und wenn sie sagen: 'ich hab 200.000 Euro mitgebracht', werden sie auch nicht Begeisterungssprünge erleben. Dieser Mentalitätswandel hat noch nicht eingesetzt."
Dementsprechend hofft sie für die Zukunft auf mehr Flexibilität in der Hochschulverwaltung. Auch sonst wollen die Nachwuchswissenschaftler die weitere Entwicklung der Hochschulen mitgestalten. Und Rajah Scheepers hat eine Idee wie das gehen könnte:
"Idealerweise würde das für mich so aussehen, dass regelmäßig man zu Zukunftskongressen zusammenkäme, wo eben aus allen Statusgruppen – auch von den Studierenden – Menschen sitzen und man überlegt: wie sieht es jetzt aus, wie soll es aussehen, was ist der Wunsch, den wir haben und welche konkreten Schritte können wir unternehmen, um dorthin zu kommen?"
Das Jahr 2012 hatten die Tagungsorganisatorinnen für ihre Science Fiction Überlegungen ausgeguckt. Claudia Wiesner ist von der Marburger Universität zur Tagung gekommen und hat sehr konkrete Visionen, wie sie sich ihre Hochschule dann vorstellt.
"Unbürokratischer. Ich hätte sie gerne hierarchiefreier, besser ausgestattet, was Räume, Bücher, und finanzielle Mittel angeht, internationaler. Das sind die Dinge, die ich sehe."
Allerdings werde sie 2012 wohl nicht mehr dort sein, ergänzt die Projektleiterin vom Zentrum für Konfliktforschung gleich. Noch bis Mittwoch geht die Tagung und man darf wohl mit weiteren neuen Ideen rechnen. Denn die Ansage lautet: "mutig querdenken!"