So ist er, der Traumgörge: stets zwischen Wachen und Schlafen, stets einen Märchenspruch auf den Lippen. Ein Wandler zwischen den Welten, ein Mensch zwischen allen Stühlen. Ganz so, wie es auch sein Schöpfer Alexander von Zemlinsky gewesen ist, der den Konservativen zu modern und den Modernen zu konservativ war, der in seinen acht Opern wundersame Verkleidungen und tragische Entzauberungen komponiert hat.
Steve Davislim leiht Zemlinskys Traumgörge seinen wunderbar lyrischen Tenor. Mit dieser sehr anspruchsvollen Partie feiert der Australier an der Deutschen Oper Berlin einen großen Erfolg. "Der Traumgörge" - hinter diesem Titel verbirgt sich ein Mann, der norddeutsch Görge statt Georg heißt, und der wegen seiner Phantastereien von den Mitmenschen "Traumgörge" genannt wird.
Positiv meinen die das nicht; als Bauern ist ihnen der Bücherwurm unheimlich. Vielleicht nicht ganz zu Unrecht, denn eine fiktive Prinzessin hält ihn davon ab, die reale Müllerstochter Grete zu heiraten. Görge flieht in ein anderes Dorf und wird dort zum Sprachrohr eines Bauernaufstandes.
Doch der Mob will seine Geliebte Gertraud als Hexe verbrennen, und so flieht Görge wieder. Mit Gertraud - von Manuela Uhl ebenfalls sehr gut verkörpert - kehrt er in sein altes Dorf zurück: dort rauscht die Mühle, blüht das Leben, wird der Traum Wirklichkeit.
Die märchenhafte Musik schillert zwischen den Welten so, wie es die Handlung tut. In Zemlinskys verzweigtem Tonsatz schleichen sich Motive oft wie Erinnerungen oder Träume ein; intime Lieder gleiten in den üppigen Orchesterklang des Wiener Fin de Siècle ab.
Der kanadische Dirigent Jacques Lacombe arbeitet das mit dem Orchester der Deutschen Oper deutlich heraus, er findet auch die richtigen Zwischentöne für die näckischen Phantasie-Wesen, ohne die Sänger zuzudecken. Mit dieser musikalisch geschlossenen Leistung erinnert die angeschlagene Deutsche Oper Berlin an ihre Glanzzeiten.
Doch werden die spektakulären Premieren-Misserfolge des Hauses leider auch an diesem Abend fortgesetzt: Die Regie von Joachim Schloemer stellt die musikalische Arbeit infrage. Schloemers Ausstatter Jens Kilian verlegt das Ganze in die heruntergekommene Rolltreppenlandschaft einer Großstadt, deren Bewohner denkbar platt gezeichnet sind: Görge ist ein verklemmter Intellektueller, sein Widersacher Kaspar ein Goldkettchen-Proll, Gertraudes Nebenbuhlerin ein Klon von Julia Timoschenko.
Wer auf der Bühne nicht gerade untätig herumsteht, fährt Skateboard, spritzt mit Erbrochenem umher oder wirft zum Pianissimo des Orchesters einen Einkaufswagen die Rolltreppe herunter. Zemlinskys permanent sich entwickelnde Musik geht so dreifach unter: in der Ablenkung des Zuschauers, im Bühnenlärm und im reflexhaften Publikumsprotest.
Am Ende wird Görge - den Schloemer mit Goebbels vergleicht - Führer einer Sekte, die Schloemer mit Scientology vergleicht. Und während Görge auf der Bühne noch träumt, gibt es im Saal schon ein böses Erwachen: Nein, dieses pseudopolitische Bühnen-Brainstorming ist kein Albtraum. Es ist die Realität eines Hauses, das noch vor wenigen Jahren durch Götz Friedrich zu den führenden gehörte.
Steve Davislim leiht Zemlinskys Traumgörge seinen wunderbar lyrischen Tenor. Mit dieser sehr anspruchsvollen Partie feiert der Australier an der Deutschen Oper Berlin einen großen Erfolg. "Der Traumgörge" - hinter diesem Titel verbirgt sich ein Mann, der norddeutsch Görge statt Georg heißt, und der wegen seiner Phantastereien von den Mitmenschen "Traumgörge" genannt wird.
Positiv meinen die das nicht; als Bauern ist ihnen der Bücherwurm unheimlich. Vielleicht nicht ganz zu Unrecht, denn eine fiktive Prinzessin hält ihn davon ab, die reale Müllerstochter Grete zu heiraten. Görge flieht in ein anderes Dorf und wird dort zum Sprachrohr eines Bauernaufstandes.
Doch der Mob will seine Geliebte Gertraud als Hexe verbrennen, und so flieht Görge wieder. Mit Gertraud - von Manuela Uhl ebenfalls sehr gut verkörpert - kehrt er in sein altes Dorf zurück: dort rauscht die Mühle, blüht das Leben, wird der Traum Wirklichkeit.
Die märchenhafte Musik schillert zwischen den Welten so, wie es die Handlung tut. In Zemlinskys verzweigtem Tonsatz schleichen sich Motive oft wie Erinnerungen oder Träume ein; intime Lieder gleiten in den üppigen Orchesterklang des Wiener Fin de Siècle ab.
Der kanadische Dirigent Jacques Lacombe arbeitet das mit dem Orchester der Deutschen Oper deutlich heraus, er findet auch die richtigen Zwischentöne für die näckischen Phantasie-Wesen, ohne die Sänger zuzudecken. Mit dieser musikalisch geschlossenen Leistung erinnert die angeschlagene Deutsche Oper Berlin an ihre Glanzzeiten.
Doch werden die spektakulären Premieren-Misserfolge des Hauses leider auch an diesem Abend fortgesetzt: Die Regie von Joachim Schloemer stellt die musikalische Arbeit infrage. Schloemers Ausstatter Jens Kilian verlegt das Ganze in die heruntergekommene Rolltreppenlandschaft einer Großstadt, deren Bewohner denkbar platt gezeichnet sind: Görge ist ein verklemmter Intellektueller, sein Widersacher Kaspar ein Goldkettchen-Proll, Gertraudes Nebenbuhlerin ein Klon von Julia Timoschenko.
Wer auf der Bühne nicht gerade untätig herumsteht, fährt Skateboard, spritzt mit Erbrochenem umher oder wirft zum Pianissimo des Orchesters einen Einkaufswagen die Rolltreppe herunter. Zemlinskys permanent sich entwickelnde Musik geht so dreifach unter: in der Ablenkung des Zuschauers, im Bühnenlärm und im reflexhaften Publikumsprotest.
Am Ende wird Görge - den Schloemer mit Goebbels vergleicht - Führer einer Sekte, die Schloemer mit Scientology vergleicht. Und während Görge auf der Bühne noch träumt, gibt es im Saal schon ein böses Erwachen: Nein, dieses pseudopolitische Bühnen-Brainstorming ist kein Albtraum. Es ist die Realität eines Hauses, das noch vor wenigen Jahren durch Götz Friedrich zu den führenden gehörte.