Es war wie so oft in Deutschland ein schwere Geburt, der eine langwierige und heftig umstrittene politische Debatte vorausging. Am 7. Juni des vergangenen Jahres hat der Deutsche Bundestag mit 369 Ja- gegen 257-Nein-Stimmen, das Fachkräfteeinwanderungsgesetz verabschiedet. Bundesinnenminister Horst Seehofer erklärte damals:
"Eine jahrzehntelange Debatte zu diesem Thema geht damit zu Ende. Denn das Gesetz ist gut. Es gewährleistet, dass wir eine Zuwanderung in den Bereich bekommen, wo es notwendig ist. Nämlich für Fachkräfte. Menschen, die nützlich sind für unser Land, und die wir brauchen. Dass wir also eine Zuwanderung in die Arbeitsplätze bekommen und keine Zuwanderung in die Sozialsysteme."
Lange Minimallösung bevorzugt
Dabei hatten sich gerade die Unionsparteien lange und entschieden gegen diese Reform gewehrt und eine Minimallösung bevorzugt. Auf der anderen Seite bleibt die Bundesregierung mit dem Vorwurf konfrontiert, dass es ihr bei der Reform eigentlich um etwas ganz anderes gehe:
"Wenn ein Gesetz zur Behebung eines Fachkräftemangels damit beginnt, dass es eine Arbeitsmarktöffnung für jeden gibt, auch in Sparten, wo gerade kein Mangel herrscht, auch da, wo der Einreisende überhaupt gar keine Jobzusage hat und keine klare Qualifikation, dann ist klar, worum es dieser Regierung geht - um immer weiterer Zuwanderung nach Deutschland."
So Gottfried Curio von der AfD. Das Argument lassen sie Regierungsparteien nicht gelten. Im Gegenteil. Erstmals wird mit der Reform für die Bundesrepublik überhaupt die die Möglichkeit der legalen Zuwanderung geschaffen. Und das hat mit Beliebigkeit nichts zu tun, erklärt der SPD Abgeordnete Lars Castellucci.
"Diese Einwanderung ist an strenge Voraussetzungen gebunden. Das soll auch so sein. Wie wollen behutsam vorgehen und wir können Nachsteuern, wenn das der Bedarf ergibt. Ich halte das für angemessen ich halte das für pragmatisch. Wir können dabei flexibel bleiben, das nenne ich ein modernes Einwanderungsrecht."
Paradigmenwechsel in der deutschen Einwanderungspolitik
Mit der Reform wird tatsächlich ein Paradigmenwechsel in der deutschen Einwanderungspolitik in Gang gesetzt, der mit den wirtschaftlichen Interessen Deutschlands begründet wird.
"Wir haben Fachkräftemangel und insofern haben wir ein Interesse daran, gute Fachkräfte zu bekommen. Und dafür braucht man Abläufe, die auch vernünftig sind und die deutlich machen, dass Deutschland daran interessiert ist, das Menschen zu uns kommen die bestimmte Arbeiten verrichten, die sonst niemand verrichtet."
Betont Angela Merkel, wobei die Bundeskanzlerin sogleich im Nachsatz darauf verweist, dass es dabei nicht darum gehen soll, die potenziell Zuwanderer gegen die hiesigen Erwerbstätigen auszuspielen, sondern dass man auf beide gleichermaßen angewiesen sei, wenn die Wirtschaftsleistung mittel- und langfristig nicht schrumpfen soll:
"Das schließt ein, dass wir natürlich unser inländisches Arbeitspotenzial auch voll ausreizen wollen. Das heißt, wir haben eine Vielzahl von Maßnahmen und Gesetzen, die allen Menschen in Deutschland eine Chance geben, auch wirklich erwerbs- und berufstätig zu sein. Wir verbessern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf im Blick auf die Frauenerwerbstätigkeit. Aber nichtsdestotrotz bleibt ein großer Fachkräftemangel da."
Auf künftig keine Einreise für Un- oder Niedrigqualifizierte
Die Koordinaten der Neuregelung sind schnell skizziert:
Die künftige Zuwanderung von Fachkräften aus Staaten, die nicht der EU angehören, ist nicht mehr wie bislang auf klar eingegrenzte "Mangelberufe" beschränkt, sondern steht allen Interessierten unter bestimmten Voraussetzungen offen. Und das gilt nicht nur für Akademiker, denen dieser Weg bislang schon offen stand, sondern eben auch für Fachkräfte aus allen Bereichen der Wirtschaft, die eine entsprechende Qualifikation mitbringen. Un- oder Niedrigqualifizierte dürfen dagegen auch künftig nicht einreisen.
Aber vor der beruflichen Qualifikation steht noch eine weitere Hürde, die genommen werden muss, um nach Deutschland kommen zu können. Die Sprache, die besonders im Vergleich zu Englisch, Spanisch oder Französisch schwerer zu erlernen ist und in der Welt außer in Deutschland, Österreich und Teilen der Schweiz kaum gesprochen wird. Dennoch brauchen die potentiellen Fachkräfte gute Deutschkenntnisse, sagt Arbeitsminister Hubertus Heil:
"Das machen wir nicht auf dem höchsten Germanistik-Niveau. Aber wichtig ist, dass man in der Wirtschaft und der Gesellschaft zurechtkommt."
Europäisches Sprachniveau B2 wird vorausgesetzt
Formal wird dafür das anerkannte europäische Sprachniveau B2 vorausgesetzt. Nach der geltenden Definition sollen sich die Betroffenen spontan und fließend verständigen können, so dass ein normales Gespräch mit Muttersprachlern ohne größere Anstrengung auf beiden Seiten gut möglich ist.
Außerdem sollen im eigenen Berufsumfeld Fachdiskussionen verstanden werden. Aber weil auf der anderen Seite die faktischen Hürden bekannt sind, sollen die Anforderungen nicht all zu hoch gehängt werden.
"Und es gibt auch die Möglichkeit, dass man Sprachkenntnisse, wenn man hier ist, dann zusätzlich erwirbt. Trotzdem ist die Sprache wichtig im Betrieb und auch im gesellschaftlichen Leben. Aber es ist nicht so, dass man ein abgeschlossenes Germanistik-Studium haben muss."
Sagt Arbeitsminister Heil und Wirtschaftsminister Peter Altmaier ergänzt:
"Und wenn es ein Unternehmen gibt, wo es beispielsweise auch heute so ist, dass Englisch die Arbeitssprache ist, weil die Kundenbeziehung vor allem zu angelsächsischen Ländern unterhalten werden, dann wird es sicherlich auch so sein, dass sie Fachkräfte rekrutieren, die diesen Anforderungen entsprechen."
Qualifizierte bekommen zunächst eine Aufenthaltserlaubnis
An der Sprache soll es also nicht scheitern und selbst wer noch keinen Arbeitsvertrag hat, aber eine qualifizierte Berufsausbildung nachweisen kann, bekommt unter dieser Voraussetzung eine Aufenthaltserlaubnis für sechs Monate, um in Deutschland eine Stelle zu finden.
In dieser Zeit können die Arbeitssuchenden bis zu zehn Wochenstunden auf Probe arbeiten oder ein Praktikum absolvieren. Es muss darüber hinaus allerdings auch noch gewährleistet sein, dass die Zuwanderer genügend finanzielle Mittel nachweisen, um den eigenen Lebensunterhalt in diesen sechs Monaten bestreiten zu können. Die Inanspruchnahme von staatlicher Unterstützung bleibt für diese Zeit verwehrt.
Dafür entfällt aber die sogenannte Vorrangprüfung, also die Pflicht der Bundesagentur für Arbeit für jede angebotene Stelle festzustellen, ob es nicht auch einen gleichwertigen Bewerber aus Deutschland oder der EU gibt, der von dem Unternehmen gleichermaßen eingestellt werden könnte.
Nachfrage nach 25.000 Fachkräften zusätzlich pro Jahr
Nach Schätzung der Bundesregierung könnten durch die neuen Regeln pro Jahr etwa 25.000 Fachkräfte zusätzlich nach Deutschland kommen. Aber gibt es überhaupt einen dauerhaft hohen Bedarf?
Der jüngste Fachkräftereport des Deutschen Industrie und Handelskammertages zeigt die Lücken auf: 23.000 Unternehmen aus allen Bereichen wurden befragt und die Ergebnisse sind trotz der inzwischen etwas gebremsten Konjunktur eindeutig.
"Über 50 Prozent der Unternehmen sagen, dass der Fachkräftemangel das größte Geschäftsrisiko ist - das ist vielleicht die beeindruckendste Zahl - und sagen das, obwohl gleichzeitig die Konjunktur doch schon sehr geschwächelt hat zuletzt. Und deshalb würde ich sagen: Wir haben flächendeckend Fachkräftemangel. Das heißt, es gibt in allen Regionen sehr viele Unternehmen, die in sehr vielen Berufen suchen. Und das ist in vielen Bereichen auch eine Wachstumsbremse inzwischen. Deshalb ist es eben wichtig, dass wir uns alle gemeinsam damit beschäftigen."
Sagt Achim Derks, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie und Handelskammertages, kurz DIHK.
Potenzierung des Problems wegen der Demografie
Auch an der Rangfolge hat sich wenig geändert. Die meisten offenen Stellen gibt es im Bereich der Pflege und der sozialen Dienstleistungen. Danach folgen der Bau und das Ausbaugewerbe sowie die Gastronomie. Aber schon dann folgen die Verkehrsunternehmen, sowie der IT Sektor, die Industrie und das Handwerk, wo händeringend Fachkräfte gesucht werden.
"Den ganz großen flächendeckenden Mangel, den haben wir sicherlich noch nicht in Deutschland. Aber wenn wir vergleichen zum Beispiel mit dem letzten Jahrzehnt, dann ist es deutlich knapper geworden und in manchen Berufe auch wirklich so knapp, dass die Wirtschaft schon gravierende Probleme hat."
Betont Professor Enzo Weber vom Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung in Nürnberg. Im Blick auf die Zukunft, wird Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer noch deutlicher. Denn all die Probleme werden sich in der nahen Zukunft potenzieren, wenn aufgrund der demographischen Entwicklung ab dem Ende dieses Jahrzehnts weniger Menschen in Deutschland für den Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen.
"Wir werden Anfang der dreißiger sechs Millionen Menschen weniger im erwerbsfähigen Alter aus der deutschen Bevölkerung haben. Die Lücke müssen wir schließen, wenn wir nicht weniger Kraft in unserer Volkswirtschaft auf die Straßen bringen wollen."
Visa-Verfahren: altmodisch, aufwändig, zeitintensiv
Die Reform soll jetzt eine Wende einleiten und wird von den Arbeitgebern begrüßt. Er selbst habe es vor noch nicht all zu langer Zeit noch überhaupt nicht für möglich gehalten, dass die Reform überhaupt zustande kommt, erklärt Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer, um dann aber sogleich eine zentrale Forderung der Wirtschaft für die bevorstehende Umsetzung hinterherzuschieben:
"Dass es nicht bürokratisch lange Verfahren geben darf, die dazu führen, dass man Monate erstmal wartet auf eine Termin. Weitere Monate wartet, bis die Papiere geprüft worden sind und so weiter."
In der bisherigen Praxis erweisen sich die vor allem die Visa-Verfahren als altmodisch, aufwändig und zeitintensiv, weil die Konsularabteilungen in den Botschaften noch nicht darauf eingestellt sind und oft genug auch das Personal fehlt.
"Aufgrund kontinuierlich steigender Antragszahlen stoßen einige Auslandsvertretungen personell und räumlich an ihre Grenzen, was zu erheblichen Wartezeiten bei der Visumsbeantragung führen kann", schreibt die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine kleine Anfrage der FDP-Fraktion.
Digitalisierung der Originaldokumente geplant
Wartezeiten auf einen Termin zur Beantragung des Visums oder eines Aufenthaltstitels verzögern die Arbeitsaufnahme in Deutschlands häufig monatelang. Um diesen Engpass zu beheben, wurde Ende des vergangenen Jahres der Probebetrieb für eine neue Arbeitseinheit im Auswärtigen Amt gestartet, die für die "Visabearbeitung im Inland" zuständig ist.
Sie soll die 230 deutschen Auslandsvertretungen bei der Visumsbearbeitung für die Erwerbsmigration unterstützen. Die Einheit ist faktisch eine Vorstufe für das neue Bundesamt für Auswärtige Angelegenheiten mit Sitz in Brandenburg an der Havel, das nach der Zustimmung des Bundesrates Mitte Februar im kommenden Jahr die Arbeit aufnehmen soll.
In diesem Zusammenhang sollen auch die bislang zeitaufwändigen Postwege für das verschicken der Originaldokumente, wie etwa Zeugnisse und Ausweispapiere, weitgehend digitalisiert werden, damit die Visa-Erteilung künftig in angemessenen Fristen erfolgen kann.
Informationsportal "Make it in Germany"
Dem vorgelagert ist ein neues Informationsportal der Bundesregierung unter dem Titel "Make it in Germany" das Interessierten Tipps und Hinweise für das konkrete Verfahren geben sollen. Aber damit nicht genug:
"Wir erproben derzeit ganz konkret, wie wir Fachkräfte aus ausgewählten Partnerländern gezielt für den Bedarf der beteiligten Unternehmen gewinnen können. Wir haben uns geeinigt auf Pilotprojekte zusammen mit der Wirtschaft mit den einzelnen Kammern mit dem DIHK und mit der BDA. Wir werden diese Pilotprojekte beispielsweise in Brasilien, in Indien und in Vietnam beginnen und die Erfahrungen, die gemacht werden, werden einfließen in die weitere Etablierung des Systems."
Sagt Wirtschaftsminister Peter Altmaier. Doch neben den Visa-Problemen und der Sprache gibt es noch eine weitere große Hürde, die für ausländische Fachkräfte auch abschreckend wirken könnte. Die notwendige Anerkennung der Berufsabschlüsse.
Das deutsche Berufsbildungssystem ist so anders
"Weil einfach das deutsche Berufsbildungssystem so anders als das in den meisten anderen Ländern der Welt ist."
Sagt Prof Enzo Weber vom Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung in Nürnberg.
"Und man kann sicherlich auch sagen, dieses Gesetz ist noch immer gemacht unter der Maßgabe, naja, wir wollen doch möglichst alle Risiken vermeiden. Also man stellt relativ hohe Mindestanforderungen für die Einwanderung nach Deutschland. Man braucht einen Abschluss, der muss gleichwertig sein. Man braucht einen Arbeitsvertrag, der soll qualifikationsadäquat sein. Also die Hürden sind relativ hoch."
Genau das sieht Thomas Liebig von der OECD in Paris auch im Internationalen Vergleich. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung hat Ende des vergangenen Jahres eine vergleichende Studie zur Anerkennungspraxis in einzelnen Ländern vorgelegt. Gerade mit Blick auf Schweden oder Kanada stellt die Studie fest:
"Die sind nicht unbedingt flotter, aber die haben das Problem der Anerkennung nicht. Das halte ich wirklich für den großen Hemmschuh und wirklich für den großen Fehler dieses Fachkräfteeinwanderungsgesetzes. Es geht nicht darum das man nicht Anforderungen stellen kann. Ganz im Gegenteil. Aber ich glaube, das muss noch viel intensiver und viel systematischer betrieben werden."
Über 1.500 Anerkennungsstellen in Deutschland
Vor allem bei den Sprachanforderungen sollte man Liebig zufolge genauer hinschauen. Denn die Fachkräfte würden am Ende auch nur länger in Deutschland bleiben, wenn sie damit - auch jenseits des Berufsalltags - zurechtkommen und sich integrieren können. Achim Derks von Deutschen Industrie und Handelskammertag spricht da von einem Lernprozess der mit der Reform einhergehen müsse.
"Meine persönliche Einschätzung ist, wir brauchen jetzt mal zwei, drei Jahre, um die Prozesse vernünftig zu organisieren, um vielleicht die Kriterien auch einfach rüberzubringen. Aber wenn ich dann zum Beispiel sage, wer einen staatlichen Berufsabschluss hat im jeweiligen Land von zwei bis drei Jahren, dann mindestens zwei Jahre in dem Beruf auch tätig war, der hat zumindest eine gute Chance, hier hinzukommen. Im Grundsatz glaube ich, müssen wir es zuerst einmal ausprobieren, und es ist eigentlich zu früh, um da ein abschließendes Urteil zu treffen."
Stellen für die berufliche Anerkennung gibt es im ganzen Land. Etwa bei den Handwerks- oder Industrie- und Handelskammern. Sie sind für die Berufe zuständig, die in Deutschland im Dualen System gelernt werden. Also jenen Berufsabschlüssen, die im Nebeneinander von Schule und Betrieb erfolgen. Anders sieht das bei den Gesundheitsberufen aus.
Zuständigkeiten sind für Zuwanderer eine Herausforderung
Da sind die jeweiligen Bundesländer - und konkret die Kommunen vor Ort - für die Berufsanerkennung zuständig. Über 1.500 Anerkennungsstellen gibt es im Moment in Deutschland. Wer soll da aus dem Ausland kommend wissen, wo man sich hinwenden soll?
"Und das ist insgesamt schon für die Menschen, die zu uns kommen wollen extrem kompliziert zu erfahren, wer ist für mich zuständig, wann bekomme ich eine Rückmeldung, wie lange dauern solche Prozesse, das wollen wir mit der neuen Servicestelle systematisieren und einen Ansprechpartner im Sinne eines Lotsen für einen Prozess, den Menschen die nach Deutschland kommen wollen, als Fachkräfte, zur Verfügung zu stellen."
Sagt Daniel Terzenbach, Vorstandsmitglied der Bundesagentur für Arbeit bei der Eröffnung der neuen Zentralen Servicestelle Berufsanerkennung kurz ZSBA in Bonn.
Zentrale Servicestelle Berufsanerkennung unterstützt seit Februar
Diese hat am 1. Februar ihre Arbeit aufgenommen. Die Servicestelle unterstützt interessierte ausländische Fachkräfte bei der Zusammenstellung der erforderlichen Unterlagen für die jeweils zuständige Anerkennungsstelle, informiert über regionale Beratungs- und Qualifizierungsangebote und hilft bei der Suche nach einem Arbeitgeber. Hierdurch sollen die örtlichen Anerkennungsstellen, die am Ende jeweils das 'Go' geben müssen, entlastet und die einzelnen Verfahren beschleunigt werden, betont Terzenbach.
"Und dann werden wir so Stück für Stück ausdestillieren: Was sind die wirklichen Interessen und wo geht es konkret hin? Und dann wird man das Anerkennungsverfahren mit der zuständigen Anerkennungsstelle dann zwischen der Servicestelle der Bundesagentur administrieren, und der Mensch, der zu ins kommen will, die Fachkraft, die kriegt von einer Stelle Rückmeldung und hat natürlich einen relativ schlanken Prozess."
160.000 Erstkontakt-Anfragen für eine Arbeit in Deutschland
Allein im vergangenen Jahr hat es 160.000 Anfragen von Menschen aus EU und Nicht-EU-Ländern gegeben, die sich vorstellen könnten, in Deutschland zu arbeiten. Das waren Erstkontakte und meist nur Informationsgespräche, erklärt Daniel Terzenbach, und das werde mit der neuen Servicestelle deutlich professioneller und umfangreicher werden, vermutet er. Auch seien mit den neuen Regeln für Fachkräfte die Hürden niedriger, betont Achim Derks vom DIHK:
"Wenn sie in Kasachstan Schneiderin gelernt haben, zwei Jahre lang in einer Schule waren. Wenn Sie dann ein paar Jahre lang gearbeitet haben in Kasachstan, als Schneiderin. Dann bekommen sie eine volle Anerkennung, auch wenn es keine berufliche Bildung nach deutschem Muster ist. Und wir haben auch hinzugenommen jetzt die Möglichkeit der Teilanerkennung, das heißt, man muss auch nicht 100 Prozent erreichen. Wenn ich dann nach Deutschland komme, kann ich die Nachqualifikationen machen und bin drin. Wir haben gerade in den Berufen, die keine besonders hohe Hürde haben, also wo es keine Berufszugangsbeschränkungen in Deutschland gibt, bislang relativ wenig Erfahrung, weil die in der Regel gar nicht kommen durften, wenn sie nicht Mangel-Berufe waren. Wir sind jetzt hier eigentlich erst am Anfang, und im Grundsatz glaube ich, müssen wir es erst einmal ausprobieren."
Zehn Prozent der zugewanderten Fachkräfte gehen wieder
In einem sind sich jedoch alle Beobachter einig. Diese Reform wird trotz des Paradigmenwechsels nicht mehr als ein Einstieg sein.
"Wir reden über Fachkräfteeinwanderung von Menschen außerhalb der Europäischen Union und wir stehen in der Konkurrenz auch zu vielen anderen Staaten, die Fachkräfte anwerben. Das heißt, man kann nicht damit rechnen, dass uns gleich alle die Bude einlaufen. Mann kann auch nicht damit rechnen, dass ab Tag eins, dem 1. März, alle Verfahren schon so reibungslos laufen, wie wir uns das wünschen. Da müssen wir ein bisschen dran arbeiten, wir machen das mit Hochdruck, weil wir diese ergänzende Fachkräfteeinwanderung brauchen."
Sagt Arbeitsminister Hubertus Heil. Und noch etwas kommt dazu: Kommen ist das eine. Aber bleiben auch alle? Nach der Studie des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung verlassen jährlich rund 10 Prozent der zugewanderten Fachkräfte das jeweilige Land wieder aus den unterschiedlichsten Gründen. Dadurch steigt der Aufwand der Fachkräftegewinnung nochmals deutlich an. Erfolgreich kann das ganze Unterfangen am Ende nur sein, wenn auch die Integration der Zuwanderer gelingt, sagt Achim Derks:
"Dieser Fachkräftemangel und der Umgang damit ist ein Thema für uns alle. Also es geht nicht um die Probleme der Betriebe. Bei denen schlägt es natürlich als erstes auf, am Ende sind es Engpässe für uns alle. Das Haus kann nicht gebaut werden, die Pflege findet nicht statt. Die Kneipe macht zu. Das sind alles Themen die sind nicht schön und deshalb sind wir gut beraten da gemeinsam uns ran zu machen."