"Irgendwann im Frühjahr 1990 rief eine Sprecherin von Amnesty International Deutschland an, um mir Folgendes mitzuteilen: Es würden vermehrt Angehörige des Geheimdienstes Securitate um politisches Asyl in Deutschland bitten."
Der rumäniendeutsche Schriftsteller Richard Wagner war empört: Nach der Öffnung des Eisernen Vorhangs beanspruchten die Unterdrücker für sich den Schutz eines demokratischen Rechtsstaates.
"Auf meine Frage, woher man denn wisse, dass es Securitatemitglieder seien, antwortete sie, dass die Antragsteller ihre Securitate-Tätigkeit als Asylgrund angeben und dazu den Hinweis, es würde ihnen die Todesstrafe drohen."
Die Verantwortlichen für Terror, Massenverhaftungen und Deportationen, die den rumänischen Diktator Nicolae Ceausescu an der Macht gehalten hatten, sahen sich selbst nun dem Volkszorn ausgesetzt. Sie baten nicht ihre Opfer oder deren Angehörige um Vergebung, nicht um Gnade, vielmehr suchten sie, im Ausland, beim einstigen Feind unterzukriechen.
"Sie hatten Angst vor der Bevölkerung, die gleiche Angst, die die Bevölkerung bisher vor ihnen hatte."
In Rumänien herrschte seit dem Ende der deutschen Besatzung eine Sicherheitspolizei, die – wie in so vielen anderen sogenannten Volksrepubliken auch – nach sowjetischem Vorbild aufgebaut worden war. Anders als in anderen Staaten des kommunistischen Machtgefüges wagte die unterdrückte rumänische Bevölkerung kaum, sich zur Wehr zu setzen. Und folglich verlangte hier während der Zeitenwende von 1989/1990 auch keine Oppositionsbewegung die Aufklärung der Geheimdienstverbrechen. Nicht einmal nach dem Tod des Ceaucescus. Richard Wagner beschreibt, wie sich die einstigen Geheimdienstler in seinem Heimatland nach der Hinrichtung des Diktators unter das Volk zu mischen versuchten:
"So liefen sie zunächst in Panik auseinander, in drei Richtungen: In die Politik, die Wirtschaft und den neuen Geheimdienst, denn zur gleichen Zeit, im Frühjahr 1990 wurde bereits der neue Geheimdienst aus der Taufe gehoben. Das Ausmaß der Kontinuität lag auf der Hand – die Konsequenz aber tritt erst Schritt für Schritt zutage", " so der Schriftsteller auf einer Tagung. Wohl gibt es seit 1999 in Bukarest eine Behörde, die rumänische Geheimdienstakten herausgibt – doch diese wird mit Gerichtsverfahren überzogen. Ohnehin bearbeitet diese Einrichtung Anträge der Opfer von einst nur schleppend, so Richard Wagners eigene Erfahrung. Der in Berlin lebende rumäniendeutsche Schriftsteller erhielt im Jahr 2003 die Zusage, dass ihm in seiner Heimat Akteneinsicht gewährt würde. Das Material aber, das ihm fünf Jahre später vorgelegt wurde, war von der Akteneinsichtsbehörde und vom Geheimdienst nicht nur abgestempelt, sondern, so seine Vermutung, auch sorgfältig gesäubert worden:
""Merkwürdig, dass ein freier Schriftsteller in Berlin die nationale Sicherheit eines EU-und NATO-Landes gefährden könnte durch seine Securitateakte."
Die Schwierigkeiten, die sich bei der Aufarbeitung der jüngsten Vergangenheit in Rumänien ergeben, sind durchaus exemplarisch für andere postkommunistische Staaten. Vielfach haben die jungen Demokratien Institutionen aufgebaut, die sich am Vorbild der deutschen Stasi-Unterlagenbehörde orientieren: Sie sollen Mitarbeiter in öffentlichen Ämtern auf ihre Vorgeschichte überprüfen, die Mechanismen der Diktatur offenlegen und möglicherweise sogar die Strafverfolgung eklatanter Rechtsbrüche möglich machen. Doch die Widerstände sind erheblich: Zum einen kommen sie aus den Reihen ehemaliger Amtsträger, aber auch der Widerstand aus der Bevölkerung in Ländern wie Rumänien, Polen, Ungarn, Tschechien, Bulgarien oder der Slowakei ist erheblich. Deutschland ist für viele, die in Osteuropa die Aufarbeitung vorantreiben wollen, ein Vorbild. Das zeigt sich bei den Konferenzen des Europäischen Netzwerkes der für die Geheimpolizeiakten zuständigen Behörden. Und dies, obwohl auch die hierzulande geübte Herangehensweise nach Auffassung von Experten Mängel aufweist.
Ein weiteres Problem bei der Aufarbeitung: In vielen Transformationsländern hat es keinen grundlegenden Wechsel der Eliten gegeben. Wie etwa in Rumänien, wo 40.000 ehemalige hauptamtliche Mitarbeiter der Securitate heute Schaltstellen in der Wirtschaft und im öffentlichen Sektor besetzen. Der Wechsel in die neue Normalität fiel ihnen hier besonders leicht, weil Rumänien keine kraftvolle Bürgerrechtsbewegung hatte. Wo die Mächtigen von einst oder ihre Handlanger weiterhin entscheidende Stellen im Staate besetzt halten, werden auch die Verbrechen des kommunistischen Herrschaftsapparates nur zögernd erforscht oder strafrechtlich verfolgt – und die schriftlichen Hinterlassenschaften nur mit spitzen Fingern angefasst. Ohne einen grundlegenden Elitenwechsel könne die Repressionsgeschichte nicht geschrieben werden – beklagen deshalb Bürgerrechtler, Dissidenten und Journalisten. Eine "Entgiftung" der post-kommunistischen Gesellschaften will denn auch der ungarische Schriftsteller und Dissident György Dalos den jungen Demokratien in Osteuropa verordnen.
"Das Problem ist nämlich, dass die Vergangenheit nicht einfach die Diktatur ist, sondern auch die Menschen, die in dieser Diktatur lebten."
Über mehrere Generationen haben sich die Menschen in den einstigen Diktaturen an den Mangel an Offenheit gewöhnt. Nur 20 Jahre nach dem Ende der kommunistischen Herrschaft misstrauen sie noch immer dem Versuch von Historikern und Intellektuellen, die Untaten oder Machtmechanismen offenzulegen. Selbst in seinem Land, dem bis heute der Ruf anhaftet, es habe dort ein relativ milder "Gulaschkommunismus" geherrscht, so Dalos.
"Dazu gab es diese in einem ungarischen Witz verankerten fünf Regeln für Intellektuelle: Wenn Dir etwas einfällt, sage es nicht, wenn Du etwas sagst, schreibe es nicht, wenn Du schreibst, veröffentliche es nicht, wenn Du es veröffentlichst – dann wundere Dich nicht."
Dalos war als junger Mann Mitglied der Ungarischen Arbeiterpartei, 1968 fiel er in Ungnade. Er wurde aus der Partei ausgeschlossen und zu einer Haftstrafe verurteilt. Heute beobachtet er, dass auch in Ungarn der Ungeist des Ancien Régime immer noch regiert. Und noch etwas anderes steht einer kraftvollen Aufarbeitung der kommunistischen Vergangenheit im Wege. Die Staaten, die einst unter sowjetischer Hegemonie standen, definierten sich früher nicht allein über ihre sozialistische Wirtschaftsordnung, sondern auch über ihre antifaschistische Haltung. Der Antifaschismus legitimierte die Staaten im sowjetischen Einflussgebiet. Wer nun aber heute die Schrecken des Stalinismus benenne, der wolle zugleich die Verbrechen des Nationalsozialismus kleinreden, so lautet eine Begründung für die andauernde Glorifizierung der kommunistischen Nachkriegsdiktaturen. Die lettische Außenministerin Sandra Kalnietes löste im Jahr 2004 einen Proteststurm aus mit ihren Worten:
Europa hatte sich eben erst von der Plage des Nazismus befreit und es war nach dem Blutbad des Krieges sehr verständlich, dass nur wenige Menschen die Kraft hatten, der bitteren Wahrheit ins Auge zu blicken. Sie konnten nicht mit der Tatsache umgehen, dass der Terror in der einen Hälfte Europas weiterging, wo hinter dem Eisernen Vorhang das Sowjetregime weiter Genozide an den Völkern Osteuropas verübte und sogar am eigenen Volk. Erst nach dem Fall des Eisernen Vorhangs erhielten die Forscher einen Zugang zu den archivierten Dokumenten und Lebensgeschichten der Opfer. Diese belegen, dass beide totalitären Regime – Nazismus und Kommunismus – gleich kriminell waren.
Mit dieser Redepassage löste die Ministerin heftige Proteste aus. Anders als sie können Historiker in Osteuropa durchaus zwischen beiden Diktaturen differenzieren. Dem Vorwurf aber, die Erforschung von Untaten der einstigen Volksrepubliken ließe die Verbrechen des nationalsozialistischen Deutschland und seiner Kollaborateure verblassen, sehen sie sich gleichwohl ausgesetzt. Zudem lassen sich geschichtswissenschaftliche Erkenntnisse oder Zitate aus Geheimdienstdossiers allzu leicht im politischen Alltag missbrauchen, so die Erfahrung des ungarischen Schriftstellers György Dalos mit dem Umgang mit dem heißen Material aus dem Kalten Krieg
"Dieses Geheimwissen verwandelte sich einerseits zu Waren im Selbstbedienungsladen für die Medien und in Waffen im Munitionsdepot der politischen Parteien."
Für die Gegner der Aufarbeitung ein weiteres Argument, einen Schlussstrich zu fordern. Für die Befürworter der Aufarbeitung dagegen ein Argument, das Geheimwissen der Machtapparate erst recht den betroffenen Menschen und einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Der Aufklärungsprozess in Ostmitteleuropa stößt noch aus anderen Gründen auf erhebliche Widerstände.
Die Juristin Agnes Zsidai vom Historischen Archiv der einstigen Staatssicherheitsdienste in Ungarn beklagt einen bis heute fest verankerten Rechtspositivismus. Der bewirke, dass vom Staat begangene Verbrechen immer noch gern gerechtfertigt und entschuldigt würden. Was damals rechtens war, könne heute nicht verurteilt werden, weder moralisch, noch juristisch, so dächten viele Menschen in ihrem Land. Zudem lähme ein obrigkeitsstaatliches, autoritätsgläubiges Denken die Aufarbeitung und schütze vor allem die Täter bis heute.
"Ich muss sagen, die Veröffentlichung der Identität der hauptamtlichen Mitarbeiter ist noch immer ungeregelt. Die Verantwortungen für die Verbrechen sind nicht geklärt."
Agnes Zsidai beklagt, dass die Menschen in ihrem Land, die über Generationen der Staatsmacht hilflos ausgeliefert waren, bis heute kein Bewusstsein für den Unrechtsstaat entwickelt hätten. Diese Unfähigkeit, Unrecht benennen und ahnden zu wollen, habe sich schon kurz nach der Zeitenwende gezeigt, als selbst an den Runden Tischen nur zögerlich Aufklärung verlangt worden sei.
"Bereits in der Zeit des oppositionellen Rundtisches gab es ein stillschweigendes Einvernehmen zwischen den Akteuren dahin gehend, dass das neue System keinerlei politisch-juristische Vergeltung gegen die Prominenten und gegen die Aktivisten des gestürzten Systems verübt. Aber die Erinnerungsbedürfnisse an die Vergangenheit zeigten sich in erster Linie in der gesellschaftlichen Schicht von Intellektuellen und den von Vergeltung Betroffenen."
Erschüttert sei sie, so die ungarische Rechtswissenschaftlerin, die sich der professionellen Geschichtsaufarbeitung verschrieben hat, über den Geschichtsunterricht in der Schule ihrer Tochter. Er vernachlässige - auch dies eine Parallele zu anderen Staaten - die jüngste Vergangenheit – und das, obgleich sich in der ungarischen Gesellschaft zwar nicht das Bedürfnis nach Strafverfolgung, wohl aber eine Bereitschaft zum Gedanken- und Erfahrungsaustausch über die Vergangenheit wachse.
"Es ist eine neue Erscheinung, gegenüber sozialistischer Amnesie, dass die Vergangenheit zu öffentlich erzählbarer Geschichte geworden war. Also die kollektive und persönliche Erinnerung ist nicht nur möglich, sondern gewünscht."
Doch das helfe Schülern, die erst nach dem Fall von Mauer und Stacheldraht zur Welt gekommen sind und die in ihren Schulen nur wenig über totalitäre Herrschaftssysteme lernen, wohl kaum, moniert Miroslav Lehky aus Prag.
"Die neue Generation, die jüngeren Generationen, wissen sehr sehr wenig, was eigentlich das kommunistische Regime war. Es gibt Ausnahmen, wenn jemand in der Familie im Gefängnis war oder es verschiedene Repressionen gegen diese Familie gab, das ist Ausnahme, aber sonst es ist Mangel an die konkreten Informationen, Angaben, was diese kommunistische Totalität war."
Er wolle die Neugier auf die Geschichte wecken, so der stellvertretende Direktor des Instituts für das Studium der totalitären Regime. In Tschechien betrachtet man die nationalsozialistische und die kommunistische Gewaltherrschaft im Doppelpack. Deshalb setzt das Prager Archiv mit den Hinterlassenschaften der Repressionsapparate einen klaren Schwerpunkt bei seiner Arbeit: Nämlich die Lehrerausbildung:
"We can see during our activities that interest not only of teachers but also of populists is growing."
Auch Lukasz Kaminski berichtet über seine Erfahrungen in Polen. Der Historiker ist stellvertretender Direktor des Büros für politische Bildung am sogenannten Institut für Nationales Gedenken in Warschau. Diese Einrichtung ist das polnische Pendant zur Stasi-Unterlagenbehörde in Deutschland. Auch sein Institut widmet sich der Aktensicherung und Dokumentation, betreibt eigene Forschung und erfüllt einen Bildungsauftrag. Anders aber als die Berliner Behörde bearbeitet die Warschauer Institution ausdrücklich auch die Zeit vor 1945, also die deutsche und sowjetische Fremdherrschaft sowie die anschließende kommunistische Diktatur. Und noch etwas anderes unterscheidet das polnische Aufarbeitungsinstitut mit dem pompösen Namen von der deutschen Einrichtung und vielen anderen Ex-Geheimdienstarchiven: In Polen geht es auch um strafrechtliche Konsequenzen aus den Verbrechen, die im Zeichen von Hakenkreuz oder Hammer und Sichel begangen wurden. Das Institut für Nationales Gedenken ist zugleich also auch Ermittlungsbehörde. 900 Fälle habe man im Bezug auf ihre strafrechtliche Relevanz untersucht, davon standen allein zweihundert im Zusammenhang mit der Unterdrückung der Opposition und der Gewerkschaft Solidarnosz. Der liberale Ministerpräsident Tadeusz Mazowiecki hatte 1989 noch vehement davor gewarnt, die Geheimdienstrelikte zu bewahren, die Dokumente offenzulegen und Verstöße gegen die Menschenrechte zu verfolgen. Mazowiecki befürchtete damals, dass sich Zitat: "destruktive Kräfte des Hasses" in der jungen Demokratie entladen und diese in ihrem Bestand gefährden könnten. Die Offenlegung der Akten ist gewährleistet, doch die Rechtsprechung wurde mehrfach aus politischem Interesse geändert, das Gesetz in Teilen für verfassungswidrig erklärt. In seinem Land, so der ukrainische Journalist Juri Durkot, habe man nicht einmal einen Begriff für Aufarbeitung. Wohl gibt es inzwischen auch in dieser vormaligen Sowjetrepublik ein Institut für das Nationale Gedenken, doch beschäftige es sich zunächst mit der Geschichte des großen Hungers von 1932/33, einem nationalen Trauma. Inzwischen sei das Institut bedauerlicherweise zum Propagandainstrument mutiert, moniert der Lemberger Juri Durkot
"Anfangs war das Institut eher eine lahme Ente, ein Computer, zwei Mitarbeiter und überhaupt keine Möglichkeit, irgendetwas zu machen. Heute bezeichnet man das Institut eher als den dritten Arm der Regierung, der helfen soll, die Staatsfahne zu tragen."
Einen gänzlich anderen Anspruch verfolgt das Institut für das Studium der totalitären Regime in Prag. Zwar wurde es erst im Jahr 2007 auf eine gesetzliche Grundlage gestellt und seine Arbeit hat es erst im vergangenen Jahr aufgenommen, doch das habe viele Vorteile, so Miroslav Lehky, der stellvertretende Direktor:
"Dieses Gesetz ist selbstverständlich ein bisschen zu spät, aber ich halte es für das beste Gesetz in Ost- oder Mitteleuropa, denn wir haben sehr gute Erfahrungen aus Deutschland, Ungarn und Polen. Das tschechische Gesetz ist sehr liberal. Wir möchten alles öffnen, alles zugänglich machen, ohne etwas schwarz zu machen. Und praktisch jede Person hat die Möglichkeit das Archivmaterial zu sehen, das ist 18 Jahre alt und älter und das gilt auch für die Ausländer."
Wie aber steht es mit der Aufarbeitung im einstigen Mittelpunkt der östlichen Hemisphäre? Über das Ende des KGB hinaus wahren die Tschekisten und ihre Nachfolger ihr Geheimnis – von Überprüfungen oder Offenlegung keine Spur. Die sowjetischen Archive wurden immer wieder gezielt gesäubert. Historiker beklagen auch unter den neuen Herrn im Kreml die Zersplitterung der umfangreichen Bestände, die unter staatlicher Hoheit bis heute nahezu unzugänglich seien. Doch insbesondere die Moskauer Menschenrechtsorganisation Memorial, aber auch die Russische Staatsbibliothek und einzelne Dissidenten bemühen sich, Geschichten von Opfern zu dokumentieren und über das Internet zu verbreiten. Die Hoffnung, die der ungarische Schriftsteller György Dalos in die Neugier kommender Generationen setzt, mag auch Russland eines Tages die Aufklärung bringen.
"Ich glaube, dass die Aufarbeitung nicht etwas ist, was man irgendwann enden kann. Die Aufarbeitung ist etwas, was mit dem Prozess der Weiterentwicklung der Gesellschaft und wechselnden Generationen einhergehen."
Bewältigen, assistiert Marianne Birthler, die Chefin der vielen Bürgerrechtlern in Osteuropa als vorbildlich geltenden deutschen Stasiunterlagen-Behörde, bewältigen lasse sich Vergangenheit ohne hin nicht.
"Ich polemisiere ja immer gegen das Wort Bewältigung, weil es die Vergangenheit als so eine Art Feind darstellt, den man besiegen, möglichst kleinkriegen muss. Aber so ist ja Vergangenheit nicht. Die begleitet uns ja, ist da, sie kann auch zum Freund werden. Zum Aufarbeiten gehört ja auch das Trauern und das Jubeln und die Frage nach den Gedenktagen. Und Aufarbeitung ist ein sehr breiter Begriff, in dem emotionale und kognitive aber auch kulturelle Befassung mit dem Gegenstand Vergangenheit erfasst ist."
Der rumäniendeutsche Schriftsteller Richard Wagner war empört: Nach der Öffnung des Eisernen Vorhangs beanspruchten die Unterdrücker für sich den Schutz eines demokratischen Rechtsstaates.
"Auf meine Frage, woher man denn wisse, dass es Securitatemitglieder seien, antwortete sie, dass die Antragsteller ihre Securitate-Tätigkeit als Asylgrund angeben und dazu den Hinweis, es würde ihnen die Todesstrafe drohen."
Die Verantwortlichen für Terror, Massenverhaftungen und Deportationen, die den rumänischen Diktator Nicolae Ceausescu an der Macht gehalten hatten, sahen sich selbst nun dem Volkszorn ausgesetzt. Sie baten nicht ihre Opfer oder deren Angehörige um Vergebung, nicht um Gnade, vielmehr suchten sie, im Ausland, beim einstigen Feind unterzukriechen.
"Sie hatten Angst vor der Bevölkerung, die gleiche Angst, die die Bevölkerung bisher vor ihnen hatte."
In Rumänien herrschte seit dem Ende der deutschen Besatzung eine Sicherheitspolizei, die – wie in so vielen anderen sogenannten Volksrepubliken auch – nach sowjetischem Vorbild aufgebaut worden war. Anders als in anderen Staaten des kommunistischen Machtgefüges wagte die unterdrückte rumänische Bevölkerung kaum, sich zur Wehr zu setzen. Und folglich verlangte hier während der Zeitenwende von 1989/1990 auch keine Oppositionsbewegung die Aufklärung der Geheimdienstverbrechen. Nicht einmal nach dem Tod des Ceaucescus. Richard Wagner beschreibt, wie sich die einstigen Geheimdienstler in seinem Heimatland nach der Hinrichtung des Diktators unter das Volk zu mischen versuchten:
"So liefen sie zunächst in Panik auseinander, in drei Richtungen: In die Politik, die Wirtschaft und den neuen Geheimdienst, denn zur gleichen Zeit, im Frühjahr 1990 wurde bereits der neue Geheimdienst aus der Taufe gehoben. Das Ausmaß der Kontinuität lag auf der Hand – die Konsequenz aber tritt erst Schritt für Schritt zutage", " so der Schriftsteller auf einer Tagung. Wohl gibt es seit 1999 in Bukarest eine Behörde, die rumänische Geheimdienstakten herausgibt – doch diese wird mit Gerichtsverfahren überzogen. Ohnehin bearbeitet diese Einrichtung Anträge der Opfer von einst nur schleppend, so Richard Wagners eigene Erfahrung. Der in Berlin lebende rumäniendeutsche Schriftsteller erhielt im Jahr 2003 die Zusage, dass ihm in seiner Heimat Akteneinsicht gewährt würde. Das Material aber, das ihm fünf Jahre später vorgelegt wurde, war von der Akteneinsichtsbehörde und vom Geheimdienst nicht nur abgestempelt, sondern, so seine Vermutung, auch sorgfältig gesäubert worden:
""Merkwürdig, dass ein freier Schriftsteller in Berlin die nationale Sicherheit eines EU-und NATO-Landes gefährden könnte durch seine Securitateakte."
Die Schwierigkeiten, die sich bei der Aufarbeitung der jüngsten Vergangenheit in Rumänien ergeben, sind durchaus exemplarisch für andere postkommunistische Staaten. Vielfach haben die jungen Demokratien Institutionen aufgebaut, die sich am Vorbild der deutschen Stasi-Unterlagenbehörde orientieren: Sie sollen Mitarbeiter in öffentlichen Ämtern auf ihre Vorgeschichte überprüfen, die Mechanismen der Diktatur offenlegen und möglicherweise sogar die Strafverfolgung eklatanter Rechtsbrüche möglich machen. Doch die Widerstände sind erheblich: Zum einen kommen sie aus den Reihen ehemaliger Amtsträger, aber auch der Widerstand aus der Bevölkerung in Ländern wie Rumänien, Polen, Ungarn, Tschechien, Bulgarien oder der Slowakei ist erheblich. Deutschland ist für viele, die in Osteuropa die Aufarbeitung vorantreiben wollen, ein Vorbild. Das zeigt sich bei den Konferenzen des Europäischen Netzwerkes der für die Geheimpolizeiakten zuständigen Behörden. Und dies, obwohl auch die hierzulande geübte Herangehensweise nach Auffassung von Experten Mängel aufweist.
Ein weiteres Problem bei der Aufarbeitung: In vielen Transformationsländern hat es keinen grundlegenden Wechsel der Eliten gegeben. Wie etwa in Rumänien, wo 40.000 ehemalige hauptamtliche Mitarbeiter der Securitate heute Schaltstellen in der Wirtschaft und im öffentlichen Sektor besetzen. Der Wechsel in die neue Normalität fiel ihnen hier besonders leicht, weil Rumänien keine kraftvolle Bürgerrechtsbewegung hatte. Wo die Mächtigen von einst oder ihre Handlanger weiterhin entscheidende Stellen im Staate besetzt halten, werden auch die Verbrechen des kommunistischen Herrschaftsapparates nur zögernd erforscht oder strafrechtlich verfolgt – und die schriftlichen Hinterlassenschaften nur mit spitzen Fingern angefasst. Ohne einen grundlegenden Elitenwechsel könne die Repressionsgeschichte nicht geschrieben werden – beklagen deshalb Bürgerrechtler, Dissidenten und Journalisten. Eine "Entgiftung" der post-kommunistischen Gesellschaften will denn auch der ungarische Schriftsteller und Dissident György Dalos den jungen Demokratien in Osteuropa verordnen.
"Das Problem ist nämlich, dass die Vergangenheit nicht einfach die Diktatur ist, sondern auch die Menschen, die in dieser Diktatur lebten."
Über mehrere Generationen haben sich die Menschen in den einstigen Diktaturen an den Mangel an Offenheit gewöhnt. Nur 20 Jahre nach dem Ende der kommunistischen Herrschaft misstrauen sie noch immer dem Versuch von Historikern und Intellektuellen, die Untaten oder Machtmechanismen offenzulegen. Selbst in seinem Land, dem bis heute der Ruf anhaftet, es habe dort ein relativ milder "Gulaschkommunismus" geherrscht, so Dalos.
"Dazu gab es diese in einem ungarischen Witz verankerten fünf Regeln für Intellektuelle: Wenn Dir etwas einfällt, sage es nicht, wenn Du etwas sagst, schreibe es nicht, wenn Du schreibst, veröffentliche es nicht, wenn Du es veröffentlichst – dann wundere Dich nicht."
Dalos war als junger Mann Mitglied der Ungarischen Arbeiterpartei, 1968 fiel er in Ungnade. Er wurde aus der Partei ausgeschlossen und zu einer Haftstrafe verurteilt. Heute beobachtet er, dass auch in Ungarn der Ungeist des Ancien Régime immer noch regiert. Und noch etwas anderes steht einer kraftvollen Aufarbeitung der kommunistischen Vergangenheit im Wege. Die Staaten, die einst unter sowjetischer Hegemonie standen, definierten sich früher nicht allein über ihre sozialistische Wirtschaftsordnung, sondern auch über ihre antifaschistische Haltung. Der Antifaschismus legitimierte die Staaten im sowjetischen Einflussgebiet. Wer nun aber heute die Schrecken des Stalinismus benenne, der wolle zugleich die Verbrechen des Nationalsozialismus kleinreden, so lautet eine Begründung für die andauernde Glorifizierung der kommunistischen Nachkriegsdiktaturen. Die lettische Außenministerin Sandra Kalnietes löste im Jahr 2004 einen Proteststurm aus mit ihren Worten:
Europa hatte sich eben erst von der Plage des Nazismus befreit und es war nach dem Blutbad des Krieges sehr verständlich, dass nur wenige Menschen die Kraft hatten, der bitteren Wahrheit ins Auge zu blicken. Sie konnten nicht mit der Tatsache umgehen, dass der Terror in der einen Hälfte Europas weiterging, wo hinter dem Eisernen Vorhang das Sowjetregime weiter Genozide an den Völkern Osteuropas verübte und sogar am eigenen Volk. Erst nach dem Fall des Eisernen Vorhangs erhielten die Forscher einen Zugang zu den archivierten Dokumenten und Lebensgeschichten der Opfer. Diese belegen, dass beide totalitären Regime – Nazismus und Kommunismus – gleich kriminell waren.
Mit dieser Redepassage löste die Ministerin heftige Proteste aus. Anders als sie können Historiker in Osteuropa durchaus zwischen beiden Diktaturen differenzieren. Dem Vorwurf aber, die Erforschung von Untaten der einstigen Volksrepubliken ließe die Verbrechen des nationalsozialistischen Deutschland und seiner Kollaborateure verblassen, sehen sie sich gleichwohl ausgesetzt. Zudem lassen sich geschichtswissenschaftliche Erkenntnisse oder Zitate aus Geheimdienstdossiers allzu leicht im politischen Alltag missbrauchen, so die Erfahrung des ungarischen Schriftstellers György Dalos mit dem Umgang mit dem heißen Material aus dem Kalten Krieg
"Dieses Geheimwissen verwandelte sich einerseits zu Waren im Selbstbedienungsladen für die Medien und in Waffen im Munitionsdepot der politischen Parteien."
Für die Gegner der Aufarbeitung ein weiteres Argument, einen Schlussstrich zu fordern. Für die Befürworter der Aufarbeitung dagegen ein Argument, das Geheimwissen der Machtapparate erst recht den betroffenen Menschen und einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Der Aufklärungsprozess in Ostmitteleuropa stößt noch aus anderen Gründen auf erhebliche Widerstände.
Die Juristin Agnes Zsidai vom Historischen Archiv der einstigen Staatssicherheitsdienste in Ungarn beklagt einen bis heute fest verankerten Rechtspositivismus. Der bewirke, dass vom Staat begangene Verbrechen immer noch gern gerechtfertigt und entschuldigt würden. Was damals rechtens war, könne heute nicht verurteilt werden, weder moralisch, noch juristisch, so dächten viele Menschen in ihrem Land. Zudem lähme ein obrigkeitsstaatliches, autoritätsgläubiges Denken die Aufarbeitung und schütze vor allem die Täter bis heute.
"Ich muss sagen, die Veröffentlichung der Identität der hauptamtlichen Mitarbeiter ist noch immer ungeregelt. Die Verantwortungen für die Verbrechen sind nicht geklärt."
Agnes Zsidai beklagt, dass die Menschen in ihrem Land, die über Generationen der Staatsmacht hilflos ausgeliefert waren, bis heute kein Bewusstsein für den Unrechtsstaat entwickelt hätten. Diese Unfähigkeit, Unrecht benennen und ahnden zu wollen, habe sich schon kurz nach der Zeitenwende gezeigt, als selbst an den Runden Tischen nur zögerlich Aufklärung verlangt worden sei.
"Bereits in der Zeit des oppositionellen Rundtisches gab es ein stillschweigendes Einvernehmen zwischen den Akteuren dahin gehend, dass das neue System keinerlei politisch-juristische Vergeltung gegen die Prominenten und gegen die Aktivisten des gestürzten Systems verübt. Aber die Erinnerungsbedürfnisse an die Vergangenheit zeigten sich in erster Linie in der gesellschaftlichen Schicht von Intellektuellen und den von Vergeltung Betroffenen."
Erschüttert sei sie, so die ungarische Rechtswissenschaftlerin, die sich der professionellen Geschichtsaufarbeitung verschrieben hat, über den Geschichtsunterricht in der Schule ihrer Tochter. Er vernachlässige - auch dies eine Parallele zu anderen Staaten - die jüngste Vergangenheit – und das, obgleich sich in der ungarischen Gesellschaft zwar nicht das Bedürfnis nach Strafverfolgung, wohl aber eine Bereitschaft zum Gedanken- und Erfahrungsaustausch über die Vergangenheit wachse.
"Es ist eine neue Erscheinung, gegenüber sozialistischer Amnesie, dass die Vergangenheit zu öffentlich erzählbarer Geschichte geworden war. Also die kollektive und persönliche Erinnerung ist nicht nur möglich, sondern gewünscht."
Doch das helfe Schülern, die erst nach dem Fall von Mauer und Stacheldraht zur Welt gekommen sind und die in ihren Schulen nur wenig über totalitäre Herrschaftssysteme lernen, wohl kaum, moniert Miroslav Lehky aus Prag.
"Die neue Generation, die jüngeren Generationen, wissen sehr sehr wenig, was eigentlich das kommunistische Regime war. Es gibt Ausnahmen, wenn jemand in der Familie im Gefängnis war oder es verschiedene Repressionen gegen diese Familie gab, das ist Ausnahme, aber sonst es ist Mangel an die konkreten Informationen, Angaben, was diese kommunistische Totalität war."
Er wolle die Neugier auf die Geschichte wecken, so der stellvertretende Direktor des Instituts für das Studium der totalitären Regime. In Tschechien betrachtet man die nationalsozialistische und die kommunistische Gewaltherrschaft im Doppelpack. Deshalb setzt das Prager Archiv mit den Hinterlassenschaften der Repressionsapparate einen klaren Schwerpunkt bei seiner Arbeit: Nämlich die Lehrerausbildung:
"We can see during our activities that interest not only of teachers but also of populists is growing."
Auch Lukasz Kaminski berichtet über seine Erfahrungen in Polen. Der Historiker ist stellvertretender Direktor des Büros für politische Bildung am sogenannten Institut für Nationales Gedenken in Warschau. Diese Einrichtung ist das polnische Pendant zur Stasi-Unterlagenbehörde in Deutschland. Auch sein Institut widmet sich der Aktensicherung und Dokumentation, betreibt eigene Forschung und erfüllt einen Bildungsauftrag. Anders aber als die Berliner Behörde bearbeitet die Warschauer Institution ausdrücklich auch die Zeit vor 1945, also die deutsche und sowjetische Fremdherrschaft sowie die anschließende kommunistische Diktatur. Und noch etwas anderes unterscheidet das polnische Aufarbeitungsinstitut mit dem pompösen Namen von der deutschen Einrichtung und vielen anderen Ex-Geheimdienstarchiven: In Polen geht es auch um strafrechtliche Konsequenzen aus den Verbrechen, die im Zeichen von Hakenkreuz oder Hammer und Sichel begangen wurden. Das Institut für Nationales Gedenken ist zugleich also auch Ermittlungsbehörde. 900 Fälle habe man im Bezug auf ihre strafrechtliche Relevanz untersucht, davon standen allein zweihundert im Zusammenhang mit der Unterdrückung der Opposition und der Gewerkschaft Solidarnosz. Der liberale Ministerpräsident Tadeusz Mazowiecki hatte 1989 noch vehement davor gewarnt, die Geheimdienstrelikte zu bewahren, die Dokumente offenzulegen und Verstöße gegen die Menschenrechte zu verfolgen. Mazowiecki befürchtete damals, dass sich Zitat: "destruktive Kräfte des Hasses" in der jungen Demokratie entladen und diese in ihrem Bestand gefährden könnten. Die Offenlegung der Akten ist gewährleistet, doch die Rechtsprechung wurde mehrfach aus politischem Interesse geändert, das Gesetz in Teilen für verfassungswidrig erklärt. In seinem Land, so der ukrainische Journalist Juri Durkot, habe man nicht einmal einen Begriff für Aufarbeitung. Wohl gibt es inzwischen auch in dieser vormaligen Sowjetrepublik ein Institut für das Nationale Gedenken, doch beschäftige es sich zunächst mit der Geschichte des großen Hungers von 1932/33, einem nationalen Trauma. Inzwischen sei das Institut bedauerlicherweise zum Propagandainstrument mutiert, moniert der Lemberger Juri Durkot
"Anfangs war das Institut eher eine lahme Ente, ein Computer, zwei Mitarbeiter und überhaupt keine Möglichkeit, irgendetwas zu machen. Heute bezeichnet man das Institut eher als den dritten Arm der Regierung, der helfen soll, die Staatsfahne zu tragen."
Einen gänzlich anderen Anspruch verfolgt das Institut für das Studium der totalitären Regime in Prag. Zwar wurde es erst im Jahr 2007 auf eine gesetzliche Grundlage gestellt und seine Arbeit hat es erst im vergangenen Jahr aufgenommen, doch das habe viele Vorteile, so Miroslav Lehky, der stellvertretende Direktor:
"Dieses Gesetz ist selbstverständlich ein bisschen zu spät, aber ich halte es für das beste Gesetz in Ost- oder Mitteleuropa, denn wir haben sehr gute Erfahrungen aus Deutschland, Ungarn und Polen. Das tschechische Gesetz ist sehr liberal. Wir möchten alles öffnen, alles zugänglich machen, ohne etwas schwarz zu machen. Und praktisch jede Person hat die Möglichkeit das Archivmaterial zu sehen, das ist 18 Jahre alt und älter und das gilt auch für die Ausländer."
Wie aber steht es mit der Aufarbeitung im einstigen Mittelpunkt der östlichen Hemisphäre? Über das Ende des KGB hinaus wahren die Tschekisten und ihre Nachfolger ihr Geheimnis – von Überprüfungen oder Offenlegung keine Spur. Die sowjetischen Archive wurden immer wieder gezielt gesäubert. Historiker beklagen auch unter den neuen Herrn im Kreml die Zersplitterung der umfangreichen Bestände, die unter staatlicher Hoheit bis heute nahezu unzugänglich seien. Doch insbesondere die Moskauer Menschenrechtsorganisation Memorial, aber auch die Russische Staatsbibliothek und einzelne Dissidenten bemühen sich, Geschichten von Opfern zu dokumentieren und über das Internet zu verbreiten. Die Hoffnung, die der ungarische Schriftsteller György Dalos in die Neugier kommender Generationen setzt, mag auch Russland eines Tages die Aufklärung bringen.
"Ich glaube, dass die Aufarbeitung nicht etwas ist, was man irgendwann enden kann. Die Aufarbeitung ist etwas, was mit dem Prozess der Weiterentwicklung der Gesellschaft und wechselnden Generationen einhergehen."
Bewältigen, assistiert Marianne Birthler, die Chefin der vielen Bürgerrechtlern in Osteuropa als vorbildlich geltenden deutschen Stasiunterlagen-Behörde, bewältigen lasse sich Vergangenheit ohne hin nicht.
"Ich polemisiere ja immer gegen das Wort Bewältigung, weil es die Vergangenheit als so eine Art Feind darstellt, den man besiegen, möglichst kleinkriegen muss. Aber so ist ja Vergangenheit nicht. Die begleitet uns ja, ist da, sie kann auch zum Freund werden. Zum Aufarbeiten gehört ja auch das Trauern und das Jubeln und die Frage nach den Gedenktagen. Und Aufarbeitung ist ein sehr breiter Begriff, in dem emotionale und kognitive aber auch kulturelle Befassung mit dem Gegenstand Vergangenheit erfasst ist."