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Von Thüringen bis nach Worms
Pilgern auf den Spuren Martin Luthers

Um sich vor den Fürsten zu seinen theologischen Erneuerungsideen zu erklären, musste Martin Luther 1521 von Thüringen bis nach Worms pilgern. Die 355 Kilometer lange Route kann man seit Sonntag nahezu auf Originalwegen nachgehen. Neben der Natur kann auch der Lieblingswein des Kirchenmannes genossen werden.

Von Ludger Fittkau |
    Ein Mann trägt ein Holz-Kreuz auf der Schulter. Hinter ihm läuft eine Wandergruppe. Die Gruppe pilgert auf dem neuen Lutherweg in Hessen. Foto: Deutschlandradio/Ludger Fittkau
    Lutheraner und Katholiken zusammen auf dem Lutherweg in Hessen: Die Route zeichnet fast originalgetreu den schweren Gang nach, den der Reformator von Thüringen bis nach Worms zum Reichstag zurücklegen musste. (Deutschlandradio/Ludger Fittkau)
    Die kleine Schafherde auf der Wiese am Ortsrand von Romrod ist etwas irritiert, als die große Pilgergruppe sich nähert. Rund 200 Menschen sind gemeinsam hinter einem Kreuz unterwegs, um den neuen Lutherweg vor der Wartburg in Thüringen bis nach Worms am Rhein einzuweihen. 355 Kilometer ist er lang und führt größtenteils durch hessische Mittelgebirge. Das Pilgerkreuz wird getragen von Barbara Geschenk, die gemeinsam mit Rainer Schade und Hans Schulze zu den ersten Wanderern auf dem nun offiziell eröffneten Lutherweg gehören. Die Gruppe ist konfessionell gemischt – sie besteht aus Lutheranern und Katholiken:
    "Ich pilgere seit über 20 Jahren und wir sind immer ökumenisch unterwegs, es gibt immer Katholische und Evangelische, die zusammen pilgern."
    Das ist nicht ganz so selbstverständlich, wie es klingt. Dies hatte kurz vor Einweihung des Lutherwegs in Romrod Professor Martin Heim erklärt. Das ist der Bischof der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck:
    "Luther war ungerne Pilger. Weil in der damaligen Zeit das Pilgern als ein verdienstliches Werk galt."
    Vorteile für die Seele erkaufen
    ... und das sah Luther negativ: Mit dem Pilgern sollten für die Seele Vorteile erkauft werden – das gefiel Luther ebenso wenig wie der Ablasshandel nach dem Motto "Sobald das Geld im Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt!" Bischof Martin Heim:
    "Und unter diesen Bedingungen Luther selbst später nicht mehr gepilgert ist und nach dem Reichstag von Worms 1521 hat er abgesehen von einem späteren Besuch erneut in Hessen – nämlich 1529 in Marburg – zum sogenannten "Marburger Religionsgespräch" – sein eigenes Territorium, nämlich das des Kurfürsten von Sachsen, gar nicht mehr verlassen können."
    Auch der Weg, den Luther 1521 von Eisenach nach Worms ging, um sich dort den Mächtigen zu stellen, war für ihn alles andere als meditativ. Luther war gesundheitlich angeschlagen, in Frankfurt am Main gab es Predigten gegen ihn und schließlich wusste er nicht, ob er jemals lebend wieder aus Worms herauskommen werde. Die Gefahren, denen der Reformator auf diesem Weg ausgesetzt war, sind auf den 40 Informationstafeln nur angedeutet, die nun längs des historischen Lutherwegs aufgestellt wurden.
    Mit einer größeren Gruppe aus Alsfeld erreicht Franz Payer nach langer Wanderung Romrod - gerade rechtzeitig zur offiziellen Eröffnung des Lutherweges. Bei der Stärkung am Würstchenstand beschreibt er, warum er gerade hier besonders gern wandert:
    "Natur! Natur pur und natürlich Sehenswürdigkeiten mit dem Alsfelder Becken. Mit verschiedenen Kirchen in Oberrod, wo Bonifazius mal gewesen sein soll. Das Innenleben der Kirche ist natürlich wunderbar und die Bewaldungen hier und die Wiesen, die jetzt in voller Blüte stehen – das ist traumhaft."
    Die Idee für den Luther-Pilgerweg durch Hessen hatte eine Privat- Initiative von Bürgern aus dem Vogelsbergkreis. Rudolf Marx gehört dazu – wie viele in der Region, die nun auch Unterkünfte für die Pilger zur Verfügung stellen:
    "Also es gibt auf dem Weg schon eine ganze Menge Einzelzimmer, es gibt Mehrbettzimmer und gerade vor vierzehn Tagen haben wir in Niederweise bei den Johannitern ein großes Pilgerhotel eingeweiht. Also es ist vielfältige Aktivität auf dem Weg."
    Luther Urtyp auf dem Pilgerweg nach Worms: Ob das Bier dem Reformator geschmeckt hätte? Foto:Deutschlandradio/Ludger Fittkau
    "Luther Urtyp" auf dem Pilgerweg nach Worms: Ob das Bier dem Reformator geschmeckt hätte? (Deutschlandradio/Ludger Fittkau)
    Tourismus in ländlichen Regionen fördern
    Auf dem Lutherweg unterwegs ist am Tag der Einweihung auch Tarek Al Wazir. Das ist der grüne Wirtschaftsminister und stellvertretende Ministerpräsident Hessens. Die Landesregierung in Wiesbaden die Ausschilderung des Lutherwegs gemeinsam mit den Sparkassen der Region maßgeblich finanziert- insbesondere, um Tourismus in ländlichen Regionen zu fördern:
    "Wenn man sich betrachtet, wie viele Menschen in Spanien auf den Spuren von Hape Kerkeling gelaufen sind, dann könnte man vielleicht auch viele Menschen dazu bringen, auf den Spuren von Martin Luther durch Hessen zu laufen. (…) Und das glaube ich, dass wir eine Chance haben, Menschen die auf der Suche sind – dass muss nichts mit Glauben zu tun haben, das kann auch was mit Entschleunigung zu tun haben, mit der Suche nach sich selbst – und Menschen, die unterwegs sind, die wollen irgendwo einkehren, die wollen irgendwo übernachten, dementsprechend ist das natürlich auch eine wirtschaftliche Chance."
    Auch für die Winzer in Guntersblum übrigens. Der rheinhessische Weinort liegt am Lutherweg und bot zur Eröffnung in Romrod Wein an, den auch Luther wohl gemocht hätte:
    "Unser Weingut baut die Rebsorte Malvasier an und Malvasier war der Lieblingswein Martin Luthers. Das erwähnt er sehr, sehr oft. Natürlich hat der Wein damals ganz anders geschmeckt als heute, aber es ist sehr, sehr schön, dass man immer auf solche Zitate zurückgreifen kann. Und deswegen sind wir heute hier."