Es war ein Pilger vom anderen Ende der damaligen christlichen Welt, der im Herbst 718 in Rom auftauchte und beim Papst vorsprach. Er hatte vier Jahrzehnte als gelehrter Mönch und Abt in seiner englischen Heimat verbracht. Jetzt wollte er auf dem Kontinent ein neues Leben beginnen, heidnische Germanen bekehren. Am 15. Mai 719 stellte Papst Gregor II. dem Angelsachsen Winfried eine Urkunde aus, mit der er ihn als Missionar bevollmächtigte. Zugleich gab er ihm einen neuen Namen, den des spätrömischen Märtyrers Bonifatius.
Beides sollte ihm auf seinem künftigen Arbeitsfeld Türen öffnen, wie der Bonner Frühmittelalter-Experte Matthias Becher meint: "Dieses Dokument legitimierte Bonifatius bei seinem Wirken nördlich der Alpen. Man muss sich vorstellen, dass er vielleicht nicht überall willkommen gewesen ist. Vom Nachfolger des Heiligen Petrus einen Auftrag bekommen zu haben, war eine über die Maßen hohe und große Legitimation".
Gallo-fränkische Kirche ohne Interesse an römischen Vorgaben
Als "Apostel der Deutschen" ist Bonifatius in späteren Jahrhunderten verklärt worden. An seinem Grab im Dom zu Fulda tagt bis heute die katholische Deutsche Bischofskonferenz. Seine Zerstörungstat im Osten des heutigen Hessen, wo er eine dem einheimischen Gott Donar geweihte Eiche fällte, und sein gewaltsamer Tod durch heidnische Friesen haben sich eingeprägt. Seine wesentliche Leistung indes war die Reform der Kirche im damaligen Frankenreich, das er in desolaten Verhältnissen vorfand. Becher:
"Das Frankenreich war um das Jahr 700 ein von Bürgerkriegen gezeichnetes Land, das seine neue Mitte finden musste. Eine Folge dieser inneren Auseinandersetzungen war auch ein kirchlicher Niedergang gewesen."
Ein typischer Vertreter dieser Kirche war etwa der Mainzer Bischof Gewilib, der auf einem Feldzug gegen die Sachsen Blutrache an einem feindlichen Krieger nahm. Der fromme Bonifatius notierte mit Grausen: "Die Franken haben seit mehr als achtzig Jahren weder eine Synode abgehalten noch einen Erzbischof gehabt. Größtenteils sind die Bischofssitze in den Städten habgierigen Laien zum Besitz oder ehebrecherischen, dem Gelderwerb frönenden Klerikern lediglich zum weltlichen Genuss ausgeliefert."
Becher: "Man muss bedenken, dass bis zum Wirken des Bonifatius die gallo-fränkische Kirche kaum ein Interesse daran gehabt hat, sich nach Vorschriften aus Rom zu richten. Man hatte eine eigene Liturgie und hat von daher sich nicht weiter um Rom gekümmert."
Ein typischer Vertreter dieser Kirche war etwa der Mainzer Bischof Gewilib, der auf einem Feldzug gegen die Sachsen Blutrache an einem feindlichen Krieger nahm. Der fromme Bonifatius notierte mit Grausen: "Die Franken haben seit mehr als achtzig Jahren weder eine Synode abgehalten noch einen Erzbischof gehabt. Größtenteils sind die Bischofssitze in den Städten habgierigen Laien zum Besitz oder ehebrecherischen, dem Gelderwerb frönenden Klerikern lediglich zum weltlichen Genuss ausgeliefert."
Becher: "Man muss bedenken, dass bis zum Wirken des Bonifatius die gallo-fränkische Kirche kaum ein Interesse daran gehabt hat, sich nach Vorschriften aus Rom zu richten. Man hatte eine eigene Liturgie und hat von daher sich nicht weiter um Rom gekümmert."
Kirchenreform mit umfassenden Änderungen
Der Kern der fränkischen Macht lag im heutigen Nordfrankreich. Bonifatius wirkte zunächst zwei Jahrzehnte lang in den rechtsrheinischen Randzonen, bei Hessen, Thüringen, Bayern. Die Menschen hier hielten auf Stammestraditionen, widerstrebten der fränkischen Herrschaft, hingen hier und da noch den alten Göttern an. Im hessisch-thüringischen Grenzland gab es sogar ein von christlicher Zivilisation völlig unberührtes heidnisches Siedlungsgebiet.
Mit einem fränkischen Militärstützpunkt im Rücken gelang Bonifatius das Bekehrungswerk in einem knappen Jahr. Er zog durchs Land, organisierte Pfarreien, gründete Klöster, stiftete Bistümer. Wurde Bischof, Erzbischof, Stellvertreter des Papstes nördlich der Alpen. Im Jahr 741 starb der starke Mann des Frankenreiches Karl Martell. Seine Söhne Karlmann und Pippin vollzogen jetzt eine kirchenpolitische Wende, sagt Matthias Becher:
"Sie haben sich von den alten Eliten abgelöst, die unter Karl Martell den Ton angegeben haben. Von daher war der natürliche Verbündete zumindest auf geistlichem Gebiet dann Bonifatius." Dieser leitete 743 eine Reformsynode, die umfassende Änderungen beschloss. Geistliche durften keine Waffen mehr tragen, nicht mehr jagen, in den Krieg ziehen, mit Frauen zusammenleben. Die fränkische Kirche sollte sich strikt an päpstlichen Vorgaben orientieren.
Mit seiner Kirchenreform schuf Bonifatius die Grundlage für die spätere enge Verbindung von Papsttum und fränkischer Monarchie unter den Karolingern. Er selbst hat das nicht mehr erlebt. Als 80-Jähriger brach er noch einmal auf, sah im verwaisten Bistum Utrecht nach dem Rechten, zog predigend und taufend an der Nordseeküste entlang. Hier wurde er am 5. Juni 754 von friesischen Räubern erschlagen.