"Die Totenbahre war aus Gold und mit kostbaren Edelsteinen beschlagen. Darauf lag Herodes, eingehüllt in einen Purpurmantel. Eine goldene Krone auf seinem Haupt, neben seiner rechten Hand lag das Zepter. Die Bahre wurde von seinen Verwandten begleitet, gefolgt von Soldaten in Kriegsausrüstung und 500 Sklaven, die Gewürze und Räucherwerk mit sich trugen. Die Prozession zog zum Herodium, um den König dort zu bestatten, so wie der es angeordnet hatte."
So endet der Bericht über die Beisetzung Herodes des Großen im Jahr vier vor Christus. Wo genau die Grabstätte liegt, hat der römisch-jüdische Geschichtsschreiber Flavius Josephus nicht überliefert. Das Herodium war ein Denkmal, das der von den Römern eingesetzte Herrscher für sich selbst errichten ließ: eine gewaltige Palastfestung auf einem künstlich aufgeschütteten Hügel im heutigen Westjordanland, 13 Kilometer südlich von Jerusalem.
Eifriger Bauherr, aber Fremdling auf dem Thron
Herodes war ein eifriger Bauherr, auch die Festung Masada am Toten Meer ist sein Werk. Er gründete die Hafenstadt Caesarea, die zu einem florierenden Wirtschaftsstandort wurde und ließ auch das jüdische Nationalheiligtum, den zerstörten Jerusalemer Tempel, neu bauen. Doch bei der jüdischen Bevölkerung brachte das dem Günstling des römischen Herrschers Marcus Antonius keine Sympathien ein, erzählt der Archäologe Dominik Bonatz von der FU Berlin.
"Was ihm einen schlechten Ruf eingebracht hat, das ist der Umstand, dass Herodes selbst aus einem Stamm kommt, der kein jüdischer Stamm ist, er wurde geboren als ein Idumäer oder auch Idumiter, so heißt das Volk in der Bibel, das ist ein Stamm, der im südlichen Jordanien damals siedelte und der im Rahmen der jüdischen Kriege zwangskonvertiert wurde. Er war von Geburt an ein Jude, allerdings halt kein stämmiger Jude. Und als er dann König wurde, hat man diesen Fremdling auf dem Thron nie akzeptiert."
Weder Gebeine noch Inschriften
Nach Herodes Tod zerfiel sein Königreich. Das Herodium wurde zerstört und blieb über Jahrhunderte verschüttet. In den 1950er Jahren begannen Franziskaner-Mönche mit ersten Ausgrabungen. Am 8. Mai 2007 verkündete der israelische Archäologe Ehud Netzer eine Sensation: Er habe in einer Höhle das Grab von Herodes entdeckt, auch wenn er weder Gebeine noch Inschriften gefunden hatte. "Direkt am Eingang fanden wir Teile eines Sarkophags. Flavius Josephus spricht davon, dass er mit Gold und einer Krone verziert war, aber das wurde gestohlen. Jemand hat den Sarkophag zertrümmert und sich wohl an Herodes gerächt."
Feinde hatte Herodes mehr als genug. Flavius Josephus nennt ihn einen verhassten und gnadenlosen König, der nicht nur seine Gegner grausam umbringen ließ, sondern sogar zwei Ehefrauen und drei Söhne. Das Matthäus-Evangelium beschreibt ihn als den Kindermörder von Bethlehem, der nach der Geburt von Jesus Christus alle neugeborenen Knaben habe töten lassen, was allerdings nicht stimmen kann, da Herodes schon vier Jahre zuvor gestorben war. Auch wenn sich die Spuren von Gewalt an dem Sarkophag gut erklären lassen, bezweifeln viele Archäologen, dass Ehud Netzer tatsächlich das Grab des Tyrannen gefunden hat.
"Die ganze Anlage bleibt ein Geheimnis"
Archäologe Dominik Bonatz: "Wenn man sich insgesamt die Architektur von Herodes anschaut, setzt sie sehr stark auf Monumentalität, das fehlt bei diesem Grab. Das Grab liegt am Rande einer monumentalen Treppe, die hinauf zu dem Palastkomplex führt, wird aber durch diese Treppe eindeutig in den Schatten gestellt, und sie ist nirgendwo in die Symmetrie dieser Anlage eingebunden, die ansonsten besteht."
Kurz nach seiner Entdeckung verunglückte Ehud Netzer auf seiner Grabungsstätte und starb an den Folgen des Sturzes. Sein Archäologen-Team forscht in seinem Sinne weiter. Kritische Kollegen wie Dominik Bonatz, der das Grab des Herodes tief im Inneren des Hügels vermutet, dürfen nicht selber suchen. So kann er nur vermuten, was sich bei Herodes Begräbnis wirklich abspielte, weil das von Flavius Josephus nicht überliefert wurde: "Die Prozession bricht irgendwo ab, und dann geht nur noch eine kleiner Kreis von Angehörigen über den langen Schacht in die Mitte des Hügels. Der Leichnam wird dort bestattet, die ganze Anlage wird verschlossen und bleibt ein Geheimnis."