"Dort kam ein Kamerad von mir und sagte folgendes: Mensch Hein, sagte er, hier ist dicke Luft an Bord. Da tut sich was. Wir sollten die große Fahrt aufnehmen und sind nicht einverstanden."
Heinrich Bauer war Matrose auf einem der Schlachtschiffe, die Ende Oktober 1918 zu einer Entscheidungsschlacht gegen die britische Royal Navy auslaufen sollten. Doch die Matrosen rebellierten. Sie fürchteten ein Himmelfahrtskommando, eine Fahrt in den sicheren Tod. Denn Admiral Adolf von Trotha, Chef der deutschen Marine, hatte wenige Tage zuvor angekündigt:
"Der Flotte steht ein Schlusskampf als höchstes Ziel vor Augen. Auch wenn es ein Todeskampf wird. Daraus wird eine neue deutsche Flotte hervorwachsen."
"Der Flotte steht ein Schlusskampf als höchstes Ziel vor Augen. Auch wenn es ein Todeskampf wird. Daraus wird eine neue deutsche Flotte hervorwachsen."
Die Matrosen meuterten
Von Trotha hatte an die in Wilhelmshaven liegende Hochseeflotte den Befehl ausgegeben, gegen einen zahlenmäßig und technisch deutlich überlegenen Gegner in See stechen; dies zu einem Zeitpunkt, als eine Niederlage Deutschlands im Ersten Weltkrieg bereits absehbar war und die Reichsregierung Friedensverhandlungen aufgenommen hatte.
Der Historiker Michael Epkenhans vom Zentrum für Militärgeschichte der Bundeswehr in Potsdam:
"Wenn wir an das Ende des Krieges 1918 denken, dann müssen wir uns Admirale vorstellen, die eigentlich den ganzen Krieg über gehofft haben, eine große Seeschlacht schlagen zu können, um vielleicht sogar die Engländer zu besiegen. Die Marineleitung meutert im Grunde selber, das ist eine Admiralsrebellion, weil sie entgegen den Befehlen auch der politischen Reichsleitung, sich zurückzuhalten, auch im Hinblick auf den Waffenstillstand, einen Vorstoß macht, der politisch nicht legitimiert ist."
Der Historiker Michael Epkenhans vom Zentrum für Militärgeschichte der Bundeswehr in Potsdam:
"Wenn wir an das Ende des Krieges 1918 denken, dann müssen wir uns Admirale vorstellen, die eigentlich den ganzen Krieg über gehofft haben, eine große Seeschlacht schlagen zu können, um vielleicht sogar die Engländer zu besiegen. Die Marineleitung meutert im Grunde selber, das ist eine Admiralsrebellion, weil sie entgegen den Befehlen auch der politischen Reichsleitung, sich zurückzuhalten, auch im Hinblick auf den Waffenstillstand, einen Vorstoß macht, der politisch nicht legitimiert ist."
Die Matrosen widersetzten sich dem Einsatzbefehl und meuterten. Die Admirale mussten daher den Plan aufgeben, die Kriegsschiffe ins Gefecht zu schicken. Stattdessen verlegten sie die Flotte in den Heimathafen Kiel, um die Mannschaften zu beruhigen und wieder in den Griff zu bekommen.
"Als die Flotte in die Kieler Schleusen einläuft, nimmt man die Meuterer, insgesamt sind es ungefähr 50, fest. Und das erweckt natürlich bei den Matrosen Erinnerungen an das, was im Jahr zuvor geschehen ist."
"Als die Flotte in die Kieler Schleusen einläuft, nimmt man die Meuterer, insgesamt sind es ungefähr 50, fest. Und das erweckt natürlich bei den Matrosen Erinnerungen an das, was im Jahr zuvor geschehen ist."
Am 3. November strömen die Menschen zum Exerzierplatz
Denn bereits im Sommer 1917 hatte es unter den Matrosen Proteste gegen die menschenunwürdige Behandlung der Mannschaften durch die Offiziere und die Fortsetzung des Krieges gegeben. Zwei der Anführer waren standrechtlich erschossen worden.
Am 1. November 1918 versammeln sich etwa 250 Matrosen (Audio) im Kieler Gewerkschaftshaus und fordern die Freilassung ihrer Kameraden. Zahlreiche Arbeiter solidarisieren sich mit ihnen. Am 3. November strömen mehrere tausend Menschen, hauptsächlich Arbeiter, Matrosen und Frauen, zu einer Kundgebung auf den Exerzierplatz.
Der Werftarbeiter Lothar Popp:
"Da waren ungefähr zehntausend Matrosen und ein paar tausend Arbeiter, und da beschlossen wir dann, die Gefangenen zu befreien, und wir zogen im großen Zug durch Kiel. Meine Schwägerin war dabei und die haben wir noch hochgehoben, weil wir dachten, auf eine Frau schießen sie nicht so leicht."
Am 1. November 1918 versammeln sich etwa 250 Matrosen (Audio) im Kieler Gewerkschaftshaus und fordern die Freilassung ihrer Kameraden. Zahlreiche Arbeiter solidarisieren sich mit ihnen. Am 3. November strömen mehrere tausend Menschen, hauptsächlich Arbeiter, Matrosen und Frauen, zu einer Kundgebung auf den Exerzierplatz.
Der Werftarbeiter Lothar Popp:
"Da waren ungefähr zehntausend Matrosen und ein paar tausend Arbeiter, und da beschlossen wir dann, die Gefangenen zu befreien, und wir zogen im großen Zug durch Kiel. Meine Schwägerin war dabei und die haben wir noch hochgehoben, weil wir dachten, auf eine Frau schießen sie nicht so leicht."
Vor der Arrestanstalt stehen bewaffnete Soldaten, meist junge Rekruten und Offiziersanwärter, um die Demonstranten aufzuhalten. Die Situation eskaliert, es fallen Schüsse.
Der Matrose Karl Artelt schreibt später:
"Männer und Frauen lagen in ihrem Blute. Einige Kameraden von uns suchten immer wieder vorzudringen, doch unbarmherzig folgte Salve auf Salve, so dass bereits mehrere Kameraden, teils tot, teils schwer verwundet, am Boden lagen."
Der Matrose Karl Artelt schreibt später:
"Männer und Frauen lagen in ihrem Blute. Einige Kameraden von uns suchten immer wieder vorzudringen, doch unbarmherzig folgte Salve auf Salve, so dass bereits mehrere Kameraden, teils tot, teils schwer verwundet, am Boden lagen."
Das Signal zum bewaffneten Aufstand
Am Ende sind sieben Menschen tot, 29 verletzt. Daraufhin zerstreut sich die Menge, die Lage scheint sich zu beruhigen. Doch der Tod der Kameraden ist das Signal zum bewaffneten Aufstand. Am nächsten Morgen kommt es zu weiteren Protesten, meuternde Matrosen erbeuten Waffen, Werftarbeiter treten in den Streik, Militäreinheiten laufen zu den Aufständischen (Audio) über, die Gefangenen kommen frei. In Kiel konstituiert sich der erste Arbeiter- und Soldatenrat, ein Vorbote der Novemberrevolution.
Nun geht alles rasend schnell. Was als Meuterei kriegsmüder Matrosen begann, entwickelt sich in kurzer Zeit zum Volksaufstand, der innerhalb weniger Tage Berlin erreicht und zum Untergang des Kaiserreiches führt. Am Nachmittag des 9. November betritt der SPD-Abgeordnete Philipp Scheidemann den Balkon des Berliner Reichstagsgebäudes:
"Der Kaiser hat abgedankt. Alles für das Volk, alles durch das Volk. Seid einig, treu und pflichtbewusst. Das Alte und Morsche, die Monarchie ist zusammengebrochen, es lebe das Neue, es lebe die deutsche Republik."
Nun geht alles rasend schnell. Was als Meuterei kriegsmüder Matrosen begann, entwickelt sich in kurzer Zeit zum Volksaufstand, der innerhalb weniger Tage Berlin erreicht und zum Untergang des Kaiserreiches führt. Am Nachmittag des 9. November betritt der SPD-Abgeordnete Philipp Scheidemann den Balkon des Berliner Reichstagsgebäudes:
"Der Kaiser hat abgedankt. Alles für das Volk, alles durch das Volk. Seid einig, treu und pflichtbewusst. Das Alte und Morsche, die Monarchie ist zusammengebrochen, es lebe das Neue, es lebe die deutsche Republik."