Archiv

Vor 100 Jahren geboren
Der kubanische Pianist Rubén González

Es war der Sound der Endneunziger-Jahre: Buena Vista Social Club, die wiederentdeckte Son-Musik aus Kuba. Die betagten kubanischen Musiker wurden weltbekannt, in den USA und Europa gaben sie legendäre Konzerte. Einer von ihnen, der Pianist Rubén González, wäre hundert Jahre alt geworden.

Von Victoria Eglau |
    Der kubanische Pianist Ruben Gonzalez 1998 auf einem Konzert mit dem Buena Vista Social Club
    Der kubanische Pianist Ruben Gonzalez 1998 auf einem Konzert mit dem Buena Vista Social Club (Francois Gribi / Keystone / pa / dpa)
    "Como siento yo" war einer der großen Erfolge des kubanischen Pianisten Rubén González. Zeit seines Lebens ging dieser mit großer Leidenschaft dem Klavierspiel nach, aber erst in hohem Alter sollte er damit Weltruhm erlangen.
    Rubén González Fontanils, geboren am 26. Mai 1919, wuchs in einem Dorf unweit der Stadt Santa Clara auf. Im Alter von sechs Jahren bekam er die ersten Klavierstunden, und bald zeigte sich sein außergewöhnliches Talent.
    "Meine Lehrerin hat mir die Technik beigebracht. Eines Tages fragte sie mich, ob ich klassischer Pianist werden wollte, und ich habe Nein gesagt. Ich wollte kubanische Volksmusik machen, schon als Kind hat mir der Son gefallen."
    Erst nur Freizeitpianist
    Erinnerte sich Rubén González viele Jahre später. Nach dem Schulabschluss schrieb er sich für ein Medizinstudium ein – als Pianist wollte er zunächst nur in seiner Freizeit auftreten. Dann entschied er sich aber doch für eine Karriere als Profimusiker und zog Anfang der 1940er Jahre in die kubanische Hauptstadt Havanna, wo er begann, in Son-Orchestern zu spielen.
    Prägend für Gonzalez‘ musikalische Entwicklung war ein Engagement im damals berühmten Ensemble von Arsenio Rodríguez, der die afrokubanische Musik auf innovative Weise mit Jazz-Elementen kombinierte. Rodríguez ermunterte den jungen Pianisten, seinen persönlichen Stil zu finden, statt andere Musiker zu imitieren.
    "Wenn ich spiele, verleihe ich den Melodien mein eigenes Aroma. Als die Leute das merkten, wurde mein Publikum immer größer."
    Erfolge in ganz Lateinamerika
    In den vierziger und fünfziger Jahren ging Rubén González häufig auf Tournee und feierte Erfolge in ganz Lateinamerika. Nach einem mehrjährigen Aufenthalt in Venezuela kehrte er 1961 nach Kuba zurück, wo er bis in die achtziger Jahre hinein mit Son-Orchestern und Jazz-Ensembles auftrat.
    Danach wurde es ruhig um den Pianisten, bis Mitte der neunziger Jahre der britische Weltmusik-Produzent Nick Gold und der US-amerikanische Gitarrist Ry Cooder auf die Idee kamen, eine Reihe von Veteranen des kubanischen Son für Studioaufnahmen zusammenzubringen.
    Virtuosität und Spielfreude
    Als im März 1996 in Havanna die beiden Alben Buena Vista Social Club und A toda Cuba le gusta eingespielt wurden, saß Rubén González am Klavier. Er ging auf die achtzig zu und litt unter Arthrose, doch seiner Virtuosität und Spielfreude tat das keinen Abbruch.
    "Diese Musiker hatten nicht mehr viel zu tun. Der Son war auf Kuba aus der Mode gekommen und durch andere, modernere Stile wie Salsa ersetzt worden. Aber sie liebten es, zu spielen, und diese Liebe haben wir versucht, einzufangen."
    Sagte später Ry Cooder über die Arbeit mit Rubén González, Ibrahim Ferrer, Omara Portuondo, Compay Segundo und den anderen kubanischen Musiker-Legenden. Buena Vista Social Club wurde ein Welterfolg. 1998 wurden die betagten Stars in Amsterdam und New York bejubelt, ein Jahr später kam der gleichnamige Dokumentarfilm von Wim Wenders in die Kinos.
    "Al maestro de maestros, Rubén Gonzaaalez!"
    Rubén González nahm noch zwei Solo-Alben auf – das letzte, Chanchullo, kam im Jahr 2000 heraus. Im Dezember 2003 starb der Pianist in Havanna.