Archiv

Vor 100 Jahren geboren
Spanischer Schauspieler Fernando Rey

Fernando Rey war der bekannteste spanische Schauspieler seiner Zeit und genoss auch international großes Ansehen. Obwohl er in Hollywood erfolgreich war, verlor er sein Heimatland nie aus den Augen. Vor 100 Jahren, am 20. September 1917, wurde er geboren.

Von Julia Macher |
    Portrait des Schauspielers Fernando Rey etwa 1991 (Aufnahmedatum geschätzt).
    Bürgerliche Fassade, hinter der ein Abgrund lauert: Diesen Typus verkörperte Fernando Rey besonders in den Filmen von Luis Buñuel (imago / Leonardo Cendamo)
    "Mein richtiger Name ist Fernando Casado Arambillet. Ich wurde in La Coruña am 20. September 1917 geboren. Als Kind war ich sehr schüchtern und zurückgezogen. Wirklich sehr schüchtern und sehr introvertiert. Diese Schüchternheit habe ich mir zeitlebens bewahrt, auch wenn das angesichts meines Berufes absurd wirkt. Ich blieb lieber allein und ließ meiner Fantasie freien Lauf - denn auch das hatte ich: sehr viel Fantasie."
    Zurückhaltend, beflissen, produktiv: Fernando Rey war eine Ausnahmeerscheinung des spanischen Kinos, nicht nur wegen seines Charakters. In über 200 Filmen hat er mitgewirkt, mit Luis Buñuel, Orson Welles, Carlos Saura gedreht. Dabei wollte der junge Fernando eigentlich Architekt werden.
    Doch der Bürgerkrieg machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Gemeinsam mit seinem Vater, einem General, hatte er auf Seiten der Republik gekämpft. Nach Francos Sieg kam der Vater ins Gefängnis, die Familie verlor Hab und Gut - und Fernando Rey schlug sich als Synchronsprecher durch.
    Luis Buñuel begeistert von Rey
    In den 1950er Jahren gründete er gemeinsam mit Carlos Saura, Juan Antonio Bardem und Luis García Berlanga eine eigene Produktionsgesellschaft, die mit ihren Filmen der Zensur des Franco-Regimes immer wieder ein Schnippchen schlug.
    In "Bienvenido, Mr. Marshall", ihrem ersten großen Publikumserfolg, führt Rey als Erzähler durch die Geschichte eines Provinznestes, das sich in Erwartung des US-amerikanischen Geldregens in ein andalusisches Musterdorf verwandelt. Die Komödie ist zugleich eine Persiflage auf Spaniens korrupte und bigotte Lokaldespoten. Luis Buñuel wird neugierig auf die jungen Filmemacher.
    "Buñuel kam eines Tages, um sich eine Vorstellung von 'Sonatas' anzusehen. In einer Szene war ich tot. Maria Felix und Paco Rabal transportierten mich auf einem Pferd, hoben mich runter, legten mich auf den Boden und unterhielten sich über mich hinweg. Und Buñuel war wohl sehr beeindruckt von meiner Art, den Toten zu spielen. 'Unglaublich, wirklich', murmelte er, 'diese Blässe'. Das war natürlich Schminke."
    Fernando Rey wird zu Buñuels Lieblingsschauspieler. Die beiden drehen den Skandalfilm "Viridiana" - und "Tristana", in dem Fernando Rey als Don Lope sein minderjähriges Mündel, gespielt von Catherine Deneuve, in eine fatale Liaison nötigt.
    Blindlings unter Vertrag genommen
    Der distinguierte Herr, hinter dessen bürgerlicher Fassade ein Abgrund lauert: Immer wieder ließ Buñuel ihn diese Rolle spielen. In "Der diskrete Charme der Bourgeoisie" gab er den zwielichtigen Botschafter des Fantasiestaates Miranda. Buñuels Erfolge ebneten Fernando Rey den Weg nach Hollywood.
    Regisseur William Friedkin glaubte, den bärtigen Spanier in "Belle de Jour" gesehen zu haben und nahm ihn für seinen Polizeithriller "French Connection" blindlings unter Vertrag.
    "Als ich Fernando Rey dann am Kennedy-Airport abholen wollte, wartete ich und wartete - aber kein bekanntes Gesicht war zu sehen. Schließlich ließ Rey mich aufrufen, ich ging zum Schalter - aber da stand der Falsche! Das war nicht der Schauspieler, den ich im Kopf hatte! Er war so elegant, mit seinem Bart - und der Typ, den er spielen sollte, war ein Straßenganove! Im Taxi fragte ich Rey dann: 'Hast du in ‚Belle de Jour‘ mitgespielt?' – 'Nein, nein, ich war in vielen Buñuel-Filmen, aber nicht in diesem.'"
    Ganz Spanien trauerte
    Fernando Rey brillierte als Drogenboss, drehte weiter in Hollywood - ohne sein Heimatland aus den Augen zu verlieren. Er wurde Präsident der spanischen Filmakademie und verkörperte in seiner letzten großen Fernsehrolle Don Quijote.
    Sein "Ritter von der traurigen Gestalt", der gegen den Zeitgeist und gegen Windmühlen kämpft, gilt noch heute als eine der besten Verfilmungen des Cervantes-Romans.
    Als Fernando Rey am 9. März 1994 mit 76 Jahren stirbt, trauert ganz Spanien um einen seiner größten Schauspieler.