Im Basler Stadtcasino erinnert eine Wandtafel an die dreitägige Versammlung, auf der unter der Leitung des Österreichers Theodor Herzl der Plan zur Gründung eines autonomen Staates für die weltweit verstreut lebenden Juden formuliert wurde:
"Der Zionismus erstrebt für das jüdische Volk die Schaffung einer öffentlich-rechtlich gesicherten Heimstätte in Palästina."
Für Juden aus aller Welt, besonders für die in Israel lebenden, ist Basel durch diesen Beschluss zu einem historisch wichtigen Ort und Theodor Herzl zum National-Helden geworden. Im Jüdischen Museum von Basel erinnert unter vielen anderen Ausstellungsstücken auch ein zeitgenössisches Plakat an den Kongress. Die Museumsführerin erklärt:
"Wir sehen die Teilnehmer mit Herzl in der Mitte. Und wir sehen an der untersten Reihe, dass sogar Frauen an diesem Kongress mit teilgenommen haben und diese Idee von einem jüdischen Heimatland diskutiert haben."
Herzl erkannte den existierenden Judenhass
Theodor Herzl wurde 1860 in Ungarn geboren. Er wuchs in einer assimilierten, nicht streng gläubigen jüdischen Familie auf. In Wien studierte er ab 1878 Jura und ging 1891 als Korrespondent der Wiener Zeitung "Neue Freie Presse" nach Paris, wo er ein Schlüsselerlebnis hatte, wie Edouard Selig, führendes Mitglied der Baseler israelitischen Gemeinde sagt:
"Das war der sogenannte Dreyfus-Prozess. Dreyfus war ein elsässischer Jude. Manche elsässischen Juden haben sich nach der deutschen Eroberung vom Elsass für Frankreich entschieden. Dreyfus hat eine Militärkarriere gemacht, wurde Offizier in der Spionageabwehr und wurde fälschlicherweise beschuldigt, er habe für Deutschland spioniert."
Die öffentliche Degradierung des Offiziers, die am 5. Januar 1895 auf dem Hof der Pariser École Militaire vollzogen wurde, erlebte Theodor Herzl als Augenzeuge:
"Herzl hat natürlich gehört, wie die Menge geschrien hat: "Mort a Dreyfus, mort les juives!" - "Tod dem Dreyfus - Tod den Juden!". Und das hat dem Herzl gezeigt, dass noch so ein starker Judenhass existiert, die jüdische Emanzipation gescheitert ist und dass darum die Juden einen eigenen Staat benötigen."
Für dessen Gründung sich Herzl mit aller Kraft einsetzte: 1896 erschien sein Buch "Der Judenstaat" und ein Jahr später, am 29. August 1897, eröffnete er in Basel den ersten Zionistenkongress.
Dazu waren 204 jüdische Abgesandte aus aller Welt gekommen, um im sogenannten Basler Programm schon einmal wichtige Beschlüsse auf den Weg zu bringen, die die spätere Gründung eines Judenstaates vorbereiten sollten. So zum Beispiel:
"Die zweckdienliche Förderung der Besiedlung Palästinas mit jüdischen Ackerbauern, Handwerkern und Gewerbetreibenden."
Herzl wurde Präsident der "World Zionist Organisation"
Während der dreitätigen Zusammenkunft wurde auch die "World Zionist Organisation", die WZO, gegründet und Theodor Herzl zu deren erstem Präsidenten gewählt. Am dritten September 1897 schrieb Herzl in sein Tagebuch:
"Fasse ich den Baseler Congress in ein Wort zusammen - das ich mich hüten werde öffentlich auszusprechen - so ist es dieses: In Basel habe ich den Judenstaat gegründet. Wenn ich das heute laut sagte, würde mir ein universelles Gelächter antworten. Vielleicht in fünf Jahren, jedenfalls in fünfzig wird es Jeder einsehen."
Staat Israel wurde 1948 gegründet
Um die territoriale und völkerrechtliche Frage eines Judenstaates in Palästina zu klären, führte Theodor Herzl in den folgenden Jahren Verhandlungen mit wichtigen Staatsoberhäuptern, wie dem osmanischen Sultan, dem deutschen Kaiser und englischen Regierungsvertretern. Bis zur Gründung Israels kam der Zionistenkongress noch 21 Mal zusammen. Fünf dieser Treffen standen unter Herzls Leitung. Nach der Staatsgründung Israels 1948 wurden die Aufgaben der WZO neu definiert, wie Gideon Greif, israelischer Historiker weiß:
"Den Staat Israel zu stärken, die in der Welt zerstreuten Juden im Land Israel zu sammeln und die Einheit des jüdischen Volkes zu gewährleisten."
Auch nach dieser Neuausrichtung gilt für Gideon Greif:
"So groß die Veränderungen im zionistischen Selbstverständnis auch sind, es geht nach wie vor zentral auf Herzl zurück. Er ist und bleibt der Gründervater Israels."
Die Verwirklichung seines Traums erlebte Herzl nicht. Er starb 1904 an einer Lungenentzündung.