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Vor 125 Jahren
Als Rudolf Diesel das Patent auf seinen Motor erhielt

Jahrelang tüftelte Rudolf Diesel an einem Motor, der die ineffizienten Dampfmaschinen seiner Zeit ersetzen sollte. Heraus kam dabei der nach ihm benannte "Dieselmotor", der bis heute Schiffe, Lkw und Pkw antreibt. Wegen seines hohen Stickoxidausstoßes gerät er allerdings zunehmend in die Kritik.

Von Frank Grotelüschen |
    Eine Frau betrachtet am Mittwoch (12.03.2008) im MAN-Museum Augsburg (Schwaben) den ersten Versuchsdieselmotor, den Rudolf Diesel in den Jahren 1893 bis 1895 erbaute. Vor 150 Jahren, am 18.März 1858, wurde Rudolf Diesel als Sohn deutscher Eltern in Paris geboren. In Augsburg verwirklichte er seine Idee einer "neuen rationellen Wärmekraftmaschine" in Zusammenarbeit mit der Maschinenfabrik Augsburg, einer Vorgängerfirma der heutigen MAN-Gruppe. Foto: Karl-Josef Hildenbrand dpa/lby (zu dpa-KORR vom 13.03.2008: "Rudolf Diesel - Genialer Erfinder und begnadeter Ingenieur") +++(c) dpa - Report+++ | Verwendung weltweit
    Rudolf Diesels erster Versuchsmotor von 1858, ausgestellt im MAN-Museum in Augsburg. Im Hintergrund ein Porträt des Erfinders. (dpa)
    Jeder zweite Neuwagen hat ihn heute unter der Haube – den Dieselmotor. Dass sein Aggregat eines Tages Abermillionen von Autos antreiben würde, hatte Rudolf Diesel wohl kaum vermutet, als er das Grundkonzept schmiedete. Vielmehr wollte er die mit Kohle befeuerten, überaus ineffizienten Dampfmaschinen ersetzen.
    "Und da war eben sein Anspruch, eine bessere Maschine zu erfinden, die eine höhere Effizienz aufweist."
    Sagt Professor Friedrich Wirz, Ingenieur an der TU Hamburg-Harburg. Ursprünglich hatte Diesel Kältemaschinen entwickelt, doch dann wandte er sich dem Motorenbau zu. Dabei ließ er sich von einem Gerät inspirieren, das ihn schon als Schüler fasziniert hatte – dem Kompressionsfeuerzeug.
    "Jeder hat sicherlich schon mal eine Fahrradpumpe in der Hand gehabt, schon mal den Daumen aufs Ventil gehalten und ordentlich gedrückt und die Luft rauszischen lassen und sich dabei den Daumen verbrannt."
    Beim Verdichten wird die Luft heiß – heiß genug, um ein Stück Holzwolle zu entzünden. Dieses Prinzip diente Diesel als Grundlage für einen Motor, der ganz anders funktionierte als alle anderen Aggregate."Ich kann mich täuschen, aber ich habe Vertrauen zu der Sache," schrieb Diesel an seine Mutter. Am 28. Februar 1892 reichte er die Pläne beim Kaiserlichen Patentamt ein: "Arbeitsverfahren und Ausführungsart für Verbrennungskraftmaschinen."
    Prinzip Selbstzünder
    Das Besondere: Der Motor saugt Luft an und verdichtet sie so sehr, dass sie sich stark erhitzt. Erst dann kommt – ebenfalls unter hohem Druck – der Kraftstoff dazu. Die Folge ist, erklärt Friedrich Wirz: "Der Dieselkraftstoff entzündet sich von selber an der heißen Luft."
    Weshalb man auch vom Selbstzünder spricht. Nur: Um das Patent in die Tat umzusetzen, brauchte Rudolf Diesel einen Partner aus der Industrie – und fand ihn in der Maschinenfabrik Augsburg, heute bekannt als MAN, dazu Friedrich Wirz: "Er hat dann so eine kleine Ecke in der Halle irgendwo zugewiesen bekommen und ein kleines Budget und drei, vier Leute, die ihn dabei unterstützt haben. Und mit diesen Randbedingungen hat er dann die Maschine konstruiert und aufgebaut. Das war durch viele und hässliche Rückschläge geprägt."
    Schwierig war vor allem, einen ausreichend hohen Verdichtungsdruck zu erreichen. Doch Diesel meisterte die Hürden, im August 1893 lief sein erster Prototyp. Beharrlich entwickelte Diesel ihn bis zur Serienreife weiter: "Mein Motor macht immer noch große Fortschritte", notiert er stolz.
    1898 ging in einer Zündholzfabrik der erste Dieselmotor in Betrieb.
    Friedrich Wirz:"Der erste Dieselmotor, der wies auf einen Schlag einen Wirkungsgrad von mehr als 25 Prozent auf und war damit zweieinhalb Mal so effizient wie die vergleichbaren Kolbendampfmaschinen."
    Das heißt: Der Motor konnte 25 Prozent der im Kraftstoff enthaltenen Energie in Bewegung umwandeln, erläutert Friedrich Wirz:
    "Und von diesem Zeitpunkt an hat er dann sehr schnell und sehr erfolgreich seine Erfindung und die technische Ausführung über Lizenzmodelle in alle Welt verkauft und ist damit zunächst recht wohlhabend geworden."
    Ab 1912 geht es auf hohe See
    Bereits 1903 wurde der Dieselmotor mobil, zunächst auf einem Binnenschiff. 1912, so Friedrich Wirtz "wurde das erste seegehende Schiff mit einem Dieselmotor versehen und angetrieben und ist sofort zu Weltruhm gekommen, weil er es geschafft hat, ohne Wartungsunterbrechung einmal von Kopenhagen bis nach Asien durchzufahren, was bis dahin durchaus unüblich war." 1924 folgte der Dieselmotor im Lkw, 1936 ging der erste Diesel-Pkw in Serie. Der Vorteil: die hohe Effizienz:
    "Wir erreichen mittlerweile bei Großmotoren, wie sie auf Schiffen eingesetzt werden, Wirkungsgrade von weit über 50 Prozent. Der Dieselmotor ist mit Abstand die effizienteste Wärmekraftmaschine, hat allerdings den Nachteil, dass die Emissionen von Stickoxiden relativ hoch sind."
    Deutlich mehr Stickoxide als beim Ottomotor
    Ein Messschlauch eines Gerätes zur Abgasuntersuchung für Dieselmotoren steckt im Auspuffrohr eines VW-Autos.
    Was an den hohen Verbrennungstemperaturen liegt und dem Diesel immer mehr Negativschlagzeilen beschert: Er erzeugt deutlich mehr Stickoxide als ein Ottomotor. Trotzdem sei das Konzept noch längst nicht ausgereizt, meint Friedrich Wirz, im Gegenteil:
    "Großes Potenzial sehe ich darin, Dieselmotoren zu ertüchtigen, alternative Kraftstoffe zu verbrennen. Der Dieselmotor von morgen wird auf neue Kraftstoffarten eingestellt werden müssen
    Ein glückloser Erfinder von Weltruhm
    Und Rudolf Diesel? Als Erfinder scheiterte er an der Aufgabe, später einen noch effizienteren Motor zu entwickeln. Dazu Friedrich Wirz:
    "Und diese Motivation hat ihn auch Zeit seines Lebens nicht losgelassen. Viel schlimmer noch: Er hat sich eigentlich Zeit seines Lebens gegrämt, dass ihm das genau nicht gelungen ist. Und seine tatsächliche Errungenschaft, nämlich die Erfindung des Dieselmotors, die hat ihm da keine Genugtuung bereitet."
    Und auch als Unternehmer blieb er glücklos, verspekulierte sich und verlor einen Großteil seines Vermögens. Am 29. September 1913 setzte Diesel mit dem Fährschiff "Dresden" nach England über – und ging in der Nacht über Bord. Die genauen Todesumstände sind bis heute nicht geklärt.