"Prinzessin Stefanie Hohenlohe Waldenburg-Schillingsfürst spielt heute in der New Yorker Gesellschaft eine nicht unbedeutende Rolle. Das ist ebenso interessant, wie wenn es zu berichten gäbe, dass man Joachim von Ribbentrop im Stock Club hat tanzen sehen oder dass Eva Braun in Long Island im Haus von Mr. und Mrs. Bigname zu Gast war."
1947 las der Journalist Robert Ruark der berühmt hochnäsigen New Yorker High Society die Leviten. Sie empfing Stephanie von Hohenlohe mit offenen Armen, eine Frau, die als Nazi-Spionin galt und während des Krieges in den USA interniert gewesen war.
"Wo immer es dunkle Geschäfte gab, dort konnte man sicher sein, der Prinzessin zu begegnen, die von Insidern als Hitlers Madame de Stael bezeichnet wurde."
"Wo immer es dunkle Geschäfte gab, dort konnte man sicher sein, der Prinzessin zu begegnen, die von Insidern als Hitlers Madame de Stael bezeichnet wurde."
Nicht nur Robert Ruark überschätzte den politischen Einfluss dieser umstrittenen Frau mit der immensen Ausstrahlung, der offenbar schwer zu widerstehen war. Sie hatte sich früh darin geübt. Am 16. September 1891 war sie gutbürgerlich in Wien zur Welt gekommen, als Stephanie Richter, Tochter eines Anwalts und seiner aus Prag stammenden Frau.
Ein Wiener Mädchen wird zur Prinzessin
Mit 14 fiel sie einer Klientin des Vaters auf, der adligen Society-Lady Fanny Metternich; sie führte das attraktive Mädchen in ihre Kreise ein, die in diesen letzten Jahren der Monarchie schon etwas durchlässig waren. Ohnehin hatte auch ein Erzherzog gegen eine Liaison mit einem süßen Mädel nichts einzuwenden, in diesem Fall war es Franz Salvator, der Schwiegersohn des Kaisers, von dem Stephanie schließlich schwanger wurde.
Die Angelegenheit wurde, wie viele dieser Art, durch Heirat mit einem anderen Mann geregelt - auf ungewöhnlich vorteilhaftem Niveau. Die 22-jährige Stephanie bekam einen Prinzen von Hohenlohe-Waldenburg-Schillingsfürst. Die Ehe bestand nur kurz. Aber die später nur noch so genannte "Prinzessin" war geboren.
Kurz vor der Geburt ihres Sohnes brach der Erste Weltkrieg aus. Da das Kind standesgemäß versorgt wurde, konnte seine Mutter sich als Krankenschwester an die Front melden. Ihr Biograph Jim Wilson:
"Sie war keine normale Krankenschwester. Zum großen Kriegstheater fuhr sie nur in Begleitung ihres Butlers und ihrer Kammerzofe."
Und Sie brachte wertvolle Kenntnisse mit, die zur Legendenbildung um ihre Person beitrugen: Sie rauchte jetzt schwere Havanna-Zigarren und konnte Streichhölzer an der Schuhsohle anzünden. Das stand der Frau, die inmitten elitärer Konventionen unkonventionell lebte.
Polyglott, sprachgewandt, im Netzwerken unübertroffen, nutzte sie ihre zahllosen gesellschaftlichen Kontakte, um als gutbezahlte politische Botschafterin zu fungieren: zunächst für den Verleger der Londoner Zeitung Daily Mail, Lord Rothermere, einen Nazifreund, wie es in der britischen Aristokratie viele gab.
"Für einige Zeit zwischen den Jahren 1934 und 38 war ich eine wichtige Zeugin des Weltgeschehens."
Als "Prinzessin" entging sie den Nürnberger Rassengesetzen
Mit Rothermeres Briefen und Botschaften wurde Stephanie Hohenlohe mehrmals von Hitler empfangen, einmal sogar auf dem Obersalzberg. Sie bedankte sich brieflich beim "charmanten Hausherrn":
"Es ist keine leere Phrase, wenn ich Ihnen, Herr Reichskanzler, sage, dass ich jede Minute meines Aufenthaltes bei Ihnen genossen habe.
In aufrichtiger Freundschaft, Stephanie Hohenlohe"
In aufrichtiger Freundschaft, Stephanie Hohenlohe"
Ein langjähriger Geliebter Stephanies war Hitlers Adjutant Fritz Wiedemann. Die furchtbare Realität der Diktatur schien sie zu übersehen, auch die Nürnberger Rassengesetze, denen sie nur entging, weil sie die "Prinzessin" war. Denn dass ihre Eltern Juden gewesen sind, flüsterte alle Welt, nur Hitler wollte davon nichts hören und verlieh ihr das Goldene Parteiabzeichen. Geschadet hat es ihr kaum. In der Bundesrepublik Deutschland konnte sie ihre konsequent gepflegten Kontakte vermarkten; sie vermittelte den Illustrierten Quick und Stern Interviews nicht nur mit Farah Diba, sondern auch mit den Präsidenten Kennedy und Johnson.
Hätte diese Prinzessin nicht Hitler bewundert, von Machtmensch zu Machtmensch sozusagen, sie hätte ein, wenn auch sehr schräges, feministisches role model werden können: Sie lebte sexuell selbstbestimmt, fegte antisemitische Anfeindungen mit furchtloser Grandezza aus dem Weg und profitierte unverfroren vom Snobismus adelsbesessener Eliten. Stephanie Hohenlohe starb 1972 in Genf. Sie war auch da nicht allein, sondern von treuen Anhängern umgeben.