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Vor 125 Jahren geboren
Der sowjetische Schriftsteller Michail Bulgakow

In witzigen Feuilletons, Erzählungen und Dramen sezierte der aus Kiew stammende Schriftsteller Michael Bulgakow den Alltag in den frühen Jahren der Sowjetunion. Und genau deshalb sah er sich immer wieder Publikationsverboten ausgesetzt. Sein Hauptwerk "Der Meister und Margarita" konnte erst Jahrzehnte nach seinem Tod erscheinen. Vor 125 Jahren wurde Michail Bulgakow geboren.

Von Florian Ehrich |
    Der sowjetische Schriftsteller Michael Bulgakow (Mikhail Bulgakov) in einer Aufnahme von 1928. Reproduktion eines Fotos aus dem Zentralarchiv für fotografische Dokumente der UdSSR.
    Der Schriftsteller Michael Bulgakow in einer Aufnahme von 1928 (picture alliance / dpa / RIA Novosti)
    "Mein Eindruck war, dass er ein charmanter, kluger, eleganter, lebensfroher Mann war - und wenn ich die Briefe lese, dann sehe ich eigentlich nur Krankheit, Schwierigkeit, Mühsal."
    So charakterisiert Thomas Reschke, der fast das gesamte Werk Michail Bulgakows ins Deutsche übersetzt hat, den russischen Dichter, dem erst lange nach seinem Tod die gebührende Anerkennung zuteilwurde. Mit Ausnahme des Bürgerkriegsdramas "Die Tage der Turbins", das 1926 uraufgeführt und zum Lieblingsstück von Stalin wurde, war keines seiner Werke ein größerer Erfolg. Vielmehr wurden zu Lebzeiten des Autors fast alle Werke verboten, so auch der Roman "Das hündische Herz", die moderne Fabel eines Straßenköters, der sich durch Einpflanzung einer Hirndrüse zum Menschen wandeln soll:
    "Sagen Sie mal, Filipp Filippowitsch, wie ist es Ihnen eigentlich gelungen, einen so nervösen Köter zu ködern? - Tja, mit viel Liebe. Der einzige Weg im Umgang mit einem Lebewesen. Mit Terror lässt sich da gar nichts erreichen. Egal, auf welcher Entwicklungsstufe sich das Tier befindet. Das war, ist und bleibt meine Meinung. Die glauben vergeblich, dass Terror ihnen weiterhilft. Nein, tut er nicht. Ganz gleich welcher: Ob weiß oder rot, von mir aus kann er selbst lila sein!"
    Ein begnadeter Satiriker, aber verarmt und verzweifelt
    Michail Bulgakow, am 15. Mai 1891 als Sohn eines Theologieprofessors in Kiew geboren, praktiziert nach seinem Medizinstudium einige Jahre als Arzt, beginnt jedoch bald zu schreiben. 1921 zieht er nach Moskau und verfasst entlarvende Erzählungen und Theaterstücke voller Seitenhiebe auf das herrschende ideologische und bürokratische System der Sowjetunion. Immer wieder sieht sich der begnadete Satiriker hasserfüllten Angriffen durch die Presse und kleinlichen Schikanen durch Zensurbehörden und Theaterleiter ausgesetzt. Der Künstler wird krank, ist verarmt und verzweifelt, doch er zeigt Haltung. So schreibt er im Mai 1931 in einem Brief an Stalin, in dem er um Genehmigung eines Urlaubs im Ausland bittet:
    "Seit Ende 1930 leide ich an einer schweren Form von Neurasthenie mit Angstzuständen und herzbedingter Schwermut, und ich bin gegenwärtig am Ende. Den Grund meiner Krankheit kenne ich genau: Auf dem weiten Feld der russischen Literatur in der UDSSR war ich ein einsamer literarischer Wolf. Man hat mir geraten, mein Fell zu färben. Ein dummer Rat. Ein Wolf, ob gefärbt oder geschoren, wird nie wie ein Pudel aussehen. Man ist mit mir auch umgegangen wie mit einem Wolf. Mehrere Jahre hat man mich gejagt nach den Regeln der literarischen Hatz, so, wie man ein schon gefangenes Tier im umzäunten Hof hetzt."
    Der Teufel höchstpersönlich in Moskau
    Michael Bulgakow stirbt am 10. März 1940 in Moskau. Sein Nachruhm ist ganz entscheidend seiner dritten Frau Jelena Sergejewna zu verdanken, die nach dem Tod des Dichters unermüdlich um das verfemte Werk ihres Mannes kämpft. Sein Hauptwerk, der mystisch-satirische Großstadtroman "Der Meister und Margarita", erscheint schließlich zwischen 1966 und 1967 in einer gekürzten Fassung in einer sowjetischen Zeitschrift. Das Buch wird über die Landesgrenzen hinweg als literarische Sensation gefeiert und gilt heute als Klassiker der russischen Literatur. In seinem Opus Magnum lässt Bulgakow den Teufel höchstpersönlich im Moskau der Dreißigerjahre auftreten und verschränkt eine alternative Passionsgeschichte Christi in die burleske Handlung. Thomas Reschke, langjähriger Mitarbeiter beim DDR-Verlag "Volk und Welt":
    "Der Roman hat drei Stilebenen: Das sind die satirisch gestalteten Alltagsszenen aus den Zwanziger-, Dreißigerjahren in Moskau; das ist die Pilatus-Novelle, der Roman im Roman - sehr gehobener, poetisch überhöhter Stil - und drittens die abenteuerlichen Szenen in der Walpurgisnacht."
    Dabei ist der mit fantastischen Elementen durchsetzte Roman im besten Sinne unterhaltsam. Gleichzeitig wohnt diesem Jahrhundertbuch eine subversive Qualität inne, die besonders Leser in der ehemaligen DDR ansprechen musste: "Das Buch ist unendlich weit entfernt von dem damals von Staats wegen aufoktroyierten Dogma des sozialistischen Realismus, weiß der Teufel, was das ist. Das Buch ist unendlich weit davon entfernt, bewegt sich in geistigen Sphären, die man eigentlich aus der sozialistischen Literatur überhaupt nicht mehr kannte. Es macht einfach Spaß, es ist ein wunderbares, kluges und dabei nicht schwer zu lesendes Buch."