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Vor 125 Jahren geboren
Maximilian Kolbe - Der Märtyrer von Auschwitz

Sein Frauenbild würde aus heutiger Sicht wohl als reaktionär gelten, und auch seine Einstellung gegenüber den Juden war von tiefen Vorbehalten geprägt. Und doch gilt der Franziskanerpater Maximilian Kolbe noch heute als Märtyrer und Vorbild.

Von Matthias Bertsch |
    Schienen laufen auf einen Turm des ehemaligen NS-Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau zu.
    Der polnische Priester Maximilian Kolbe opferte in Auschwitz sein Leben für das eines Familienvaters (dpa)
    Aus dem Hörbild "Kreuz unterm Hakenkreuz"
    Kolbe: "Herr Lagerführer, lassen Sie mich für ihn sterben. Auch wenn ich so unschuldig bin wie er."
    Lagerführer Fritzsch: "Was ist! Was fällt dir ein! Wer bist du?"
    Kolbe: "Polnischer Schutzhäftling, 16670, Kolbe, Maximilian, 47 Jahre."
    Lagerführer Fritzsch: "Beruf?"
    Kolbe: "Ich bin Priester, Pater des Franziskanerordens."
    Eine legendäre Szene - dargestellt in einem Hörbild: Maximilian Kolbe bietet sich am 29. Juli 1941 im Konzentrationslager Auschwitz dem Lagerführer Karl Fritzsch als Kandidat für den Hungerbunker an - im Austausch gegen den Familienvater Franciszek Gajowniczek. Dieser war in lautes Klagen ausgebrochen, nachdem er gemeinsam mit neun weiteren Häftlingen zum Tod durch Verhungern bestimmt worden war - als Strafe für die Flucht eines Mitgefangenen.
    Hörbild "Kreuz unterm Hakenkreuz"
    Lagerführer Fritzsch: "Wo ist der Flüchtling?"
    Sprecher: "Und es antwortete keiner."
    Lagerführer Fritzsch: "Ihr wollt nichts wissen, gut! Es werden zehn von euch für den einen sterben."
    Maximilian Kolbe, geboren am 7. Januar 1894 in der Nähe von Lódz, wurde von seiner Mutter in strenger Frömmigkeit erzogen.
    Sein Vater und zwei seiner Brüder kämpften für die Freiheit Polens, das seit über hundert Jahren von Preußen, Österreich und Russland besetzt war. Beides, Religiosität und Nationalismus, waren prägende Erfahrungen in Kolbes Jugend, so der stellvertretende Vorsitzende der Maximilian-Kolbe-Stiftung, Jörg Lüer.
    "Er stand in seinem Leben vor den zwei Möglichkeiten: entweder Soldat, also in seinem Bild Offizier, oder Priester zu werden. Er hat sich für letzteres entschieden, und in seiner Priesterlichkeit, in dieser Form von Entschiedenheit, kommt das soldatische Motiv auch immer wieder auf."
    Während seines Studiums an der Päpstlichen Universität in Rom beschloss er, sein Leben der Jungfrau Maria zu widmen. Er wolle "Werkzeug und Eigentum der Unbefleckten sein" schrieb er. Zum Priester geweiht, rief Kolbe mit anderen Franziskanern 1919 die "Militia Immaculatae" ins Leben, eine geistliche Gemeinschaft, die vor allem ein Ziel hatte: "die ganze Welt der Makellosen unterwerfen".
    Zurück im inzwischen wieder unabhängigen Polen begann er mit der Umsetzung seiner nationalkonservativen Ideen. Zentrum seines missionarischen Eifers war Niepokalanów, ein kleiner Ort bei Warschau, der vor allem aus einem von ihm gegründeten Kloster mit angeschlossenem Pressezentrum bestand.
    Mehrfach verhaftet
    Jörg Lüer: "Uns befremdet sicherlich sein Reden gegen die Freimaurer, antisemitische Denkfiguren tauchen immer wieder auf, gerade in dieser Zeit, und da drin versucht er mit den modernen Mitteln der Zeit zu agieren: Er gründet Zeitungen, später kommt eine Radiostation dazu, also das, was antimodern scheint, ist aber sehr modern im Auftreten, und er schafft es, viele tausend Menschen zu erreichen."
    Nach dem Einmarsch der Deutschen in Polen 1939 wurde Kolbe mehrfach verhaftet - nicht nur seine publizistische Tätigkeit war den Nazis ein Dorn im Auge.
    Er hatte auch weit über tausend Juden in seinem Kloster Unterschlupf gewährt - für ihn ein Akt der Nächstenliebe. Im Mai 1941 kam er nach Auschwitz, wo sich Ende Juli auf dem Appellplatz jene Szene abspielte, in deren Folge Kolbe und weitere neun Häftlinge zum Tod im Hungerbunker verurteilt wurden.
    Anstatt Schreie, so berichteten es Mithäftlinge, waren aus den Zellen Gebete und Gesang zu hören.
    Der polnische Priester Maximilian Kolbe wurde in Auschwitz umgebracht.
    Der polnische Priester Maximilian Kolbe wurde in Auschwitz umgebracht. (AP)
    Jörg Lüer: "Nach 14 Tagen, es ist an sich schon ein Wunder, wie man unter solchen Bedingungen so lange noch lebt, lebten immer noch vier, und allein das Faktum, dass immer noch vier am Leben waren, war destabilisierend aus SS-Sicht für die Ordnung im Lager. Dementsprechend wurde der Befehl gegeben, die vier Häftlinge mit einer Phenol-Injektion zu töten."
    Heiligsprechung in Rom 1982
    Einer von ihnen war Maximilian Kolbe. Er starb am 14. August 1941. Franciszek Gajowniczek, für den er sich geopfert hatte, überlebte Auschwitz. Nach dem Krieg reiste er durch die Welt, um an seinen Retter zu erinnern. Gajowniczek war auch anwesend, als Kolbe 1982 vom polnischen Papst Johannes Paul II. in Rom heilig gesprochen und damit nicht nur in Polen endgültig zur Ikone wurde.
    Dass der Märtyrer von Auschwitz in seinen Zeitungen zugleich antisemitische Artikel veröffentlichte und einen befremdlichen Marienkult pflegte, ändert nichts an der Größe und Selbstlosigkeit seines Handelns in Auschwitz.
    Jörg Lüer: "Heilig heißt nicht, dass alles richtig gemacht worden ist, heilig heißt, dass sozusagen von der Gnade Gottes durchdrungen wesentliche Entscheidungen so gefällt werden konnten, dass daraus etwas aufscheint, was weit größer ist als der jeweilige Kontext, auch weit größer als die jeweilige Person. Kolbe legt Zeugnis nicht für Kolbe ab, sondern Kolbe legt Zeugnis für eine Form von Menschsein und Erlösungshoffnung ab, die über ihn selber hinausgehen."