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Vor 130 Jahren von Lauffen nach Frankfurt
Als die erste Fernübertragung hochgespannten Drehstroms gelang

Die Elektrotechnische Ausstellung in Frankfurt am Main beeindruckte 1891 die Besucher mit elektrischen Pferden oder Tänzerinnen mit Glühlämpchen im Haar. Unterdessen vollzog sich im Hintergrund am 25. August eine Revolution der Technikgeschichte: die erste Fernübertragung von hochgespanntem Drehstrom.

Von Ulrike Rückert |
    Auf einer Sonder-Biefmarke der deutschen Bundespost von 1991 ist die erste Drehstromübertragung zwischen dem Neckarkraftwerk Lauffen und Fankfurt am Main 100 Jahre zuvor dargestellt Mit einer Sondermarke erinnerte die Deutsche Bundespost 1991 an die Drehstromübertragung zwischen dem Neckarkraftwerk Lauffen und Fankfurt am Main 100 Jahre zuvor
    Mit einer Sondermarke erinnerte die Deutsche Bundespost 1991 an die Drehstromübertragung zwischen dem Neckarkraftwerk Lauffen und Fankfurt am Main 100 Jahre zuvor (Imago/ Schöning)
    "Diese elektrische Ausstellung ist das Wunder Europas." So pries die "Chicago Tribune" die Internationale Elektrotechnische Ausstellung im Sommer 1891 in Frankfurt am Main. In den Hallen waren elektrische Maschinen jeder Größe und sämtliche Anwendungen von Elektrizität zu besichtigen. Die Besucher konnten mit einem elektrischen Aufzug auf einen Turm fahren, Musik über Telefone hören und elektrisch zentrifugierte Milch probieren. Ein Wasserfall rauschte, in wechselnden Farben elektrisch beleuchtet, und am Stand der Firma "Woodhouse and Rawson" aus London konnte man die Zukunft der Innenstädte erahnen:
    "Ihr Namenszug ist an der Wand aus Glühbirnen gebildet, wobei sich bei den Initialen 'W' und 'R 'rote und blaue abwechseln. Durch eine automatische Vorrichtung leuchten erst die roten und dann die blauen auf, was sehr hübsch aussieht" schrieb der "Guardian".

    Elektrotechnik als Inbegriff des Fortschritts

    Es war nicht die erste Ausstellung dieser Art – die hatte zehn Jahre zuvor in Paris stattgefunden, gefolgt von weiteren in München, Wien, Turin und Philadelphia. In diesem Jahrzehnt wurde die Elektrotechnik zum Inbegriff des Fortschritts. Der Physiker Alfred von Urbanitzky schwärmte:
    "Mit unwiderstehlicher Gewalt drehen die herabstürzenden Wassermassen mächtige Turbinen; diese setzen unsere elektrischen Maschinen in Bewegung, durch welche die Kraft des Wasserfalles in Elektricität umgewandelt wird. Um diese weiter zu leiten, bedarf man keiner großen Canäle, keiner theuren Röhrenleitungen - ein einfacher Draht genügt. Und so fließt unmerkbar und doch blitzschnell die rohe Wasserkraft, gebändigt durch die Elektrizität, dahin über Berg und Thal, bis sie an jenem Orte angelangt ist, wo man ihrer bedarf."

    Nikola Tesla hatte die Idee, mit Wechselstrom zu arbeiten

    Doch genau hier lag ein gewaltiges Problem: man konnte Strom noch nicht beliebig weit leiten. Die damals gängigen Generatoren erzeugten Gleichstrom, bei dem die Übertragungsverluste immens waren. In den USA hatte Nikola Tesla die Idee, mit Wechselstrom zu arbeiten. Dieser ließe sich mittels Transformatoren hochspannen und so mit geringem Schwund transportieren. Doch das war zunächst nur Theorie, und unter den Experten entbrannte ein regelrechter Glaubenskrieg. Viele Städte zögerten deshalb, in Elektroenergie zu investieren.
    In Frankfurt debattierte man sieben Jahre lang und entschloss sich dann, den Test selbst zu machen. Eine große Ausstellung sollte dem aufwändigen Experiment den publikumswirksamen Rahmen verleihen. Die fachliche Leitung übernahm der Ingenieur Oskar von Miller. Soeben hatte er für ein Zementwerk in Lauffen am Neckar eine Anlage auf dem allerneuesten Stand konzipiert: mit dreiphasigem Wechselstrom, sogenanntem Drehstrom. Von diesem Zementwerk aus und mit der gleichen Technik sollte nun auch die erste Wechselstrom-Fernübertragung der Welt versucht werden: "Die Leitung besteht aus vier Millimeter starkem Kupferdraht. Zur Herstellung der ganzen, 175 Kilometer langen Leitung wurden 530 Kilometer Draht von etwa 60.000 Kilo Gewicht und etwa 3.000 Tragstangen verwendet."
    Porträt von Nikola Tesla, 1857-1943
    Physiker Nikola Tesla - Seine Technik machte den Strom transportfähig
    Tesla – da denkt man heute an eine prominente Marke für Elektroautos. Namensgeber war der Ingenieur Nikola Tesla, einer der wichtigsten Köpfe in der Geschichte der Elektrotechnik. Der geniale Erfinder starb 1943 in New York.
    Ein 300-PS-Generator und Transformatoren wurden konstruiert, spezielle Isolatoren für die Leitung entwickelt. Am 25. August 1891 um Punkt zwölf Uhr mittags, war es soweit: Mit 15.000 Volt floss der Strom durch die Leitung, und ein Torbogen mit dem Schriftzug "Kraftübertragung Lauffen-Frankfurt" erstrahlte mit dem Licht von tausend Glühbirnen. Eine Berliner Zeitung jubelte:
    "Hier steht die menschliche Gütererzeugung vor einer That von epochaler Bedeutung: eine neue Periode menschlichen Schaffens erhält durch diese Kraftübertragung ihren Markstein."
    Und auf der anderen Seite des Erdballs ging die "Los Angeles Times" nun davon aus, "dass Vorhaben wie die Nutzbarmachung der gewaltigen Wasserkraft der Niagarafälle auf richtigen Annahmen beruhen. Dies bedeutet sicherlich eine Revolution."
    Starkstrommasten, Stromleitungen am Umspannwerk Wolmirstedt, Sachsen-Anhalt, Deutschland, Europa *** Power poles, power lines at Wolmirstedt substation, Saxony-Anhalt, Germany, Europe Copyright: imageBROKER/StephanxSchulz iblssz05948651.jpg Bitte beachten Sie die gesetzlichen Bestimmungen des deutschen Urheberrechtes hinsichtlich der Namensnennung des Fotografen im direkten Umfeld der Veröffentlichung!
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