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Vor 150 Jahren
Uraufführung von Richard Wagners „Rheingold“

„Der Ring des Nibelungen“ erlebte vor 150 Jahren mit der Uraufführung des ersten Teils, der Oper „Rheingold“, die Stunde seiner Geburt. Das gewaltige Musiktheaterwerk ist auch das Ergebnis einer ungewöhnlichen Beziehung zwischen Richard Wagner und seinem Förderer, dem bayerischen König Ludwig.

Von Stefan Zednik |
    Schwarzweißfoto Richard Wagners in würdevoller Pose.
    Um seine Arbeit und seinen aufwendigen Lebensstil zu finanzieren, brauchte Richard Wagner Unterstützung von Gönnern, hasste aber gleichzeitig die so entstehenden Abhängigkeiten. (Imago / United Archives International)
    Mit den Klängen aus den Tiefen des Rheins beginnt "Rheingold", der erste von vier Teilen des insgesamt mehr als 16-stündigen "Ring des Nibelungen" von Richard Wagner. Drei Nixen haben dort einen legendären Goldschatz zu bewachen.
    Um dieses Gold und darum, was man damit machen kann, geht es. Denn sein Besitz bedeutet Macht, Macht über Menschen. Doch das Gold, die Urform des Geldes, bringt zugleich Unglück über alle, die danach streben. Wagner selbst brauchte wegen des zeitraubenden Komponierens und seines aufwendigen Lebensstils beinahe immer die pekuniäre Unterstützung von Gönnern. Doch er hasste die dadurch entstehenden Abhängigkeiten, vor allem in Verbindung mit schöpferischer Arbeit:
    "Das ist die Kunst, wie sie jetzt die ganze zivilisierte Welt erfüllt! Ihr wirklicher Zweck ist die Industrie, ihr moralischer Zweck der Gelderwerb, ihr ästhetisches Vorgehen die Unterhaltung der Gelangweilten."
    Den Rheinnixen wird das Gold durch den finsteren Zwerg Alberich entrissen. Der musste zuvor, auch dies ein Wagnersches Kernthema, der Liebe entsagen. Kapitalismus und Menschlichkeit vertragen sich nicht, und so betreibt Alberich mit dem geraubten Gold eine Art unterirdische Fabrik, Nibelheim, wo Sklaven für ihn arbeiten. Doch eine Herrscher-Clique um den Gott Wotan benötigt das Gold ebenfalls, zur Bezahlung von ausstehenden Schulden. Wotan erlangt den Schatz auf betrügerische Weise, bricht damit von ihm selbst geschlossene Verträge und gerät in eine Spirale von Lug und Trug, der er nicht mehr entkommen kann.
    Wagner betritt mit "Rheingold" weitgehend Neuland, nicht nur, was den gewaltigen Umfang und das Sujet angeht. Auch kompositorisch ist er Avantgardist. Zum einen wegen der sogenannten Leitmotivtechnik. Der ganze "Ring" ist durchsetzt mit musikalischen Motiven, die einer Figur oder einem Ereignis zugeordnet sind und somit ständig eine zusätzliche, oft psychologische Bedeutungsebene eröffnen. Zum anderen sind die klanglichen Mittel oft außergewöhnlich, so zum Beispiel, wenn die Götter in die unterirdischen Werkstätten Alberichs herabsteigen. Für einen Moment scheint der Hörer sich eher in den Werkhallen von Krupp zu befinden.
    Voneinander abhängige Exzentriker
    Wagner hatte vorgeschwebt, den ganzen "Ring" bei einem eigenen Festspiel zu präsentieren. Wegen der Abhängigkeit von seinem Hauptunterstützer, dem sagenumwobenen bayrischen König Ludwig, war er genötigt, einer vorgezogenen Aufführung des "Rheingold" in München zuzustimmen. Doch Wagner zweifelt an der zu erwartenden Qualität. Der König will das Werk unbedingt erleben und macht Druck. Die Lage spitzt sich zu. Zwei Wochen vor der geplanten Premiere telegrafiert Wagner dem bayrischen König:
    "Mir bleibt jetzt nur Eure Majestät auf das Feierlichste zu beschwören, die Aufführung gänzlich abzubefehlen. (…) Für alle Zeiten ist das große, so hochsinnig beschlossene Unternehmen verdorben, wenn es so begonnen wird. Dies mein letztes Wort!"
    Doch Ludwig gibt nicht nach. Als schließlich Hans Richter, der Wagner vertraute Dirigent, wegen der ungenügenden szenischen Qualität zurücktritt, reagiert der 24-jährige, von seinen Aufgaben überforderte König erbost:
    "Wahrhaft verbrecherisch und schamlos ist das Gebaren von Wagner und dem Theatergesindel. Es ist dies eine offenbare Revolte gegen meine Befehle, und dies kann ich nicht dulden. Richter darf nicht mehr dirigieren und ist augenblicklich zu entlassen."
    Später wird Ludwig diesen Affront bitter bereuen und Wagner beinahe kniefällig um Verzeihung bitten. Es ist der Höhepunkt der Kontorverse zwischen den auf bizarre Weise voneinander abhängigen Exzentrikern. Die Premiere von "Rheingold" findet am 22. September 1869 dennoch statt – in Abwesenheit des verärgerten Komponisten.