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Vor 175 Jahren geboren
Ilja Repin: Pionier des Sozialistischen Realismus

Seine monumentalen Menschenbilder wie "Die Wolgatreidler" wurden weltberühmt: Am 5. August 1844 wurde der Maler und Demokrat Ilja Repin im heute ukrainischen Charkow geboren. Er setzte eine freie, gleichwohl realistische Malweise durch - und griff politische Themen auf.

Von Carmela Thiele |
    "Die Wolgatreidler": Dieses Gemälde über das Elend der Landbevölkerung machte den russischen Künstler Ilja Repin berühmt.
    Zentral in Repins Kunst war der Mensch, ungeachtet der Herkunft oder des Standes (picture alliance / akg)
    Das Bild entstand kurz vor dem Tod des Komponisten. Modest Mussorgskij wendet sich dem Maler zu, doch trifft sein Blick nicht den des Freundes, sondern ist weit in der Ferne gerichtet. Unter seinem grün-roten Hausmantel schaut eine Bluse mit bunter Stickerei hervor. Wie Mussorgski stand auch der Maler Ilja Repin für eine Erneuerung der russischen Kunst aus dem Geist der Volkskunst. Das Bildnis gehört zu den eindringlichsten Werken des einflussreichsten Malers Russlands Ende des 19. Jahrhunderts. Im Zentrum seiner Kunst stand der Mensch, ungeachtet seiner Herkunft oder seines Standes. Berühmt wurde der junge Maler mit seinem Monumentalwerk "Die Wolgatreidler".
    "Ein solches Bild hat es noch nie gegeben. Das ist der neue Typ, der neue Mensch, der in seinem ganzen Charakter, seiner Existenz zum Ausdruck kommt. Diese elf Menschen, die im Gleichschritt dahingehen, den Gurt ziehen und sich in die Brust legen, was ist das für ein Menschenmosaik aus allen Teilen Russlands", schwärmte der einflussreiche Kritiker Wladimir Wassiljewitsch Stassow.
    Symbol der Stärke des russischen Volkes
    Gut zehn Jahre zuvor, 1861, war in Russland die Leibeigenschaft abgeschafft worden, doch das Elend der Landbevölkerung hielt an. Repin malte das Schicksal der Treidler in mehreren Versionen. Die Bilder wurden zum Symbol der Stärke des russischen Volkes, aber klagten zugleich menschenunwürdige Ausbeutung an.
    Der am 5. August 1844 in Tschugujew bei Charkow geborene Sohn eines Soldaten kannte die Armut und das einfache Leben. Er verstand sich als Demokrat, schloss sich dem Sankt Petersburger Artel an, einer sezessionistischen Künstlervereinigung. Gleichzeitig absolvierte er die konservative Kunsthochschule. Für sein Prüfungsbild wählte er ein biblisches Motiv, "Die Auferweckung der Tochter des Jairus", das ihm Lob und ein Auslandsstipendium einbrachte. Repin reiste über Wien, Rom und Neapel nach Paris.
    Der russische Komponist Mussorgski, dargestellt auf einem Gemälde von I.J. Repin in der staatlichen Tretjakow-Galerie Moskau. Zu seinen bekanntesten Werken gehören die Oper "Boris Godunow" sowie das Klavierwerk "Bilder einer Ausstellung". Modest Petrowitsch Mussorgski wurde am 21. März 1839 in Karewo geboren und verstarb am 28. März 1881 in Petersburg. |
    Modest Mussorgskij, gemalt von Ilja Repin (picture alliance / Novosti / Ilja Repin)
    "Repin, und das hat mich wirklich überrascht, hat sofort die Impressionisten für sich entdeckt und auch das eminent Neue und Moderne an ihnen erkannt. Ich denke, dass er so frei war, beruht darauf, dass er diesen Unterschied als so riesig empfunden hat, voller Begeisterung war, und auch sehr frei, innerlich sehr frei", sagt die Berliner Kunsthistorikerin Angelika Wesenberg. Doch erlangte Ilja Repin in der Kunstmetropole nicht die Aufmerksamkeit, die er sich erhofft hatte.
    "Alles, was ich hier geschaffen habe, ist farblos. – Es ist besser, das Unsrige zu studieren und auf dem heimatlichen Boden auf eigene Art zu arbeiten; sind doch die Erforschung der Besonderheiten unseres Geschmacks, unserer Vorstellungen und Begriffe eine kaum begonnene Sache.
    Repressionen, Hunger und Überwachung
    Zurück in Moskau wandte er sich Themen mit politischem Hintergrund zu. In seinem Gemälde "Unerwartet" thematisierte er die Rückkehr verbannter Oppositioneller nach Sibirien. Nach der Ermordung Alexanders II. 1881 nahmen die Repressionen zu. Hungerkatastrophen zermürbten die Landbevölkerung, die Universitäten wurden überwacht. Ilja Repin schloss sich der "Genossenschaft für Wanderausstellungen" an, die dem Volk die Kunst nahe bringen wollte, reiste aber genauso zu Ausstellungen nach Venedig, Berlin und Paris. Inspiration und Rückhalt fand er im Austausch mit den führenden Musikern und Schriftstellern Russlands, mit Lew Tolstoi und Modest Mussorgskij.
    "Dieses Spielerische oder Mitmachen und Sich-zugleich-Entziehen, das zieht sich durch sein Leben hindurch, und ich weiß noch nicht, ob das eine Charaktereigenschaft ist oder eine Überlebensstrategie, die dann auch zur Größe dieses Werks beiträgt."
    1907 zog sich Repin nach langer Lehrtätigkeit an der Petersburger Akademie auf sein Landhaus "Penaten" bei Kuokkala zurück, das ihm seine finnische Lebensgefährtin Natalia Nordman geschenkt hatte. 1918 wurde die Grenze zwischen Russland und Finnland geschlossen, aus dem russischen Maler wurde nun ein Finne.
    Vier Jahre vor Repins Tod im Jahre 1930, suchte ihn eine sowjetische Delegation auf, um den namhaften Maler zur Rückkehr zu bewegen. Ilja Repin lehnte ab. In der Sowjetunion ging er als Pionier des Sozialistischen Realismus in die Geschichte ein.