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Vor 175 Jahren geboren
Meisterkoch Auguste Escoffier - der König der Haute Cuisine

Auguste Escoffier hat in den großen Küchen der Sternerestaurants und Luxusherbergen weltweit Standards gesetzt. Er war es, der neben seinen Qualitäten als Chefkoch auch sein Organisationstalent unter Beweis stellte. Der von ihm 1903 verfasste Kochkunstführer gilt heute noch als Standardwerk der Sterneköche.

Von Björn Stüben |
    AUGUSTE ESCOFFIER French Chef. Director of Kitchen for many large Hotels. Known for his culinary innovations. (Postcard)
    Der französische Meisterkoch Auguste Escoffier (Mary Evans Picture Library)
    "Ich kannte die anmutige Diva Nellie Melba bereits und hatte das Privileg, sie in einer Aufführung von Lohengrin zu hören. Um ihr meine Bewunderung zu zeigen, wollte ich ihr eine Überraschung bereiten. Am folgenden Tag gab sie ein Abendessen für einige Freunde.
    In Erinnerung an den majestätischen mythischen Schwan, der im ersten Akt von Lohengrin auftaucht, präsentierte ich ihr Pfirsiche auf einem Bett aus Vanilleeis in einer silbernen Schale, die zwischen den Flügeln eines prächtigen, aus einem Eisblock geschnitzten und mit Zucker verzierten Schwans eingelassen war."
    Nachruf - Spitzenkoch Paul Bocuse mit 91 gestorben
    Durch ihn wurde ein Restaurantbesuch in Frankreich zu einem kostspieligen, aber außergewöhnlichen Genuss: Der französische Spitzenkoch Paul Bocuse begründete die "Nouvelle Cuisine" – und ein internationales kulinarisches Imperium.
    Mit diesen Worten beschrieb der Meisterkoch Auguste Escoffier seine Dessert-Kreation "Pfirsich Melba", die er 1893 im Restaurant des Londoner Savoy-Hotels der australischen Sopranistin widmete.

    "Mir wurde gesagt, ich müsse Koch werden"

    Mit Escoffier als Küchenchef hatte sich das Savoy zum bevorzugten Treffpunkt der europäischen Aristokratie, des amerikanischen Geldadels und arrivierter Künstler entwickelt. Von einer frühen Berufung zum Koch konnte bei Escoffier jedoch nicht die Rede sein:
    "Warum habe ich Koch gelernt? Es war nicht das, wovon ich geträumt hatte, ich wollte Bildhauer werden. Leider musste ich diesen Weg aufgeben. Mir wurde gesagt, ich müsse Koch werden."
    Am 28. Oktober 1846 in Villeneuve-Loubet an der französischen Riviera in bescheidenen Verhältnissen geboren, stand Auguste Escoffier 1859 als Lehrling erstmals am Herd des Restaurant Français in Nizza, das seinem Onkel gehörte und von einer mondänen Klientel besucht wurde.
    Es folgte eine steile Karriere vom begabten Kochschüler zum Küchenchef des Grand Hotel in Monte-Carlo. Dort kam es 1882 zu einer entscheidenden Begegnung wie der Historiker Pascal Ory unterstreicht:
    "Er traf hier César Ritz. Zusammen erschufen sie den Typus des Palasthotels. Ritz stand dem Hotel als Direktor vor und Escoffier war Herr über die Küchen. Natürlich blieb er in erster Linie ein begnadeter Koch, aber, und das war ebenfalls neu, er fungierte zudem als Organisator und schuf, um reibungslose Abläufe zu sichern, die Küchenbrigaden."

    César Ritz und Auguste Escoffier: Erfolgsduo

    Das Erfolgsduo zog weiter nach London ins Savoy- und Carlton-Hotel. Als Ritz 1898 in Paris sein berühmtes Palasthotel eröffnete, regierte Escoffier in dessen Gourmet-Restaurant. Michel Roth, langjähriger Chefkoch des Pariser Ritz, über die Küchenorganisation, die sein Vorgänger knapp einhundert Jahre zuvor festgelegt hatte:
    "Natürlich dirigiert der Küchenchef die gesamten Abläufe, damit zum Beispiel alle Gäste eines Tisches gleichzeitig ihr Essen erhalten. Er koordiniert die Brigaden in seiner Küche. Es herrscht eine durchstrukturierte Hierarchie, die auf Escoffier zurückgeht. Wir sind hier zwar nicht bei der Armee, aber jeder weiß genau, was er zu tun hat."
    Die Neuorganisation der Hotelküchen wurde von den Luxusherbergen weltweit übernommen. Escoffiers Leidenschaft galt aber besonders der internationalen Verbreitung französischer Kochkunst. Heerscharen von Köchen aus seiner Heimat vermittelte er Arbeit an den Töpfen der Palasthotels in London, Luzern, Monte-Carlo und New York, die er im Wechsel dirigierte.

    Escoffier trug handschriftliche Rezepte seiner Großmutter immer bei sich

    Zutaten wurden direkt aus Frankreich importiert. Ausgeprägtes Sendungsbewusstsein bewies Escoffier vor allem mit dem von ihm verfassten Guide Culinaire. Den in unzählige Sprachen übersetzten und mehrere Hundert Seiten umfassenden Kochkunstführer, in dem er bis zu seinem Tod 1935 Rezepte und Kochanleitungen zusammentrug, haben renommierte Sterneköche auch heute noch immer griffbereit. Pascal Ory:
    "Bis zu seinem Tod soll Escoffier handschriftliche Rezepte seiner Großmutter immer bei sich getragen haben. Auch er selbst war ein großer Schreiber, der eine ganze Reihe von Büchern über die Küche und das Kochen verfasste. Er sah sich als Botschafter der
    französischen Küche. Und tatsächlich galt noch bis in die 1990er-Jahre Frankreich als die gastronomische Referenz weltweit. Das Modell des Kochs als Künstler, der seine eigenen Rezepte kreiert, war und ist ein französisches Modell."
    In seinem Guide Culinaire hatte Escoffier 200 verschiedene Rezepte alleine für Eierspeisen der französischen Küche vereint. So auch die Œufs Rossini:
    "Die Eier in der Pfanne backen, rund ausstechen und auf runde roh in Butter sautierte Gänseleberscheiben setzen. Auf jedes Gelbe eine Trüffelscheibe legen und mit etwas Demiglace mit Trüffelessenz umranden."