"Ich weiß nicht mal seinen Namen, aber er hat mich die ganze Nacht geliebt." - Edith Piafs "Mein Legionär" von 1937 ist Teil jenes Mythos, der bis heute das Bild des Kämpfers umgibt: der starke, verwegene Mann, dessen Platz nicht an der Seite seiner Geliebten, sondern bei seiner wahren Familie ist: der Fremdenlegion.
Dabei war die Legion gut einhundert Jahre zuvor keineswegs als Elite-Einheit gegründet worden, sondern eher als Verlegenheitslösung, so der Historiker Eckard Michels, der vor Kurzem ein Buch über die Geschichte der "Légion étrangère" geschrieben hat. In der Julirevolution von 1830 hatte das Bürgertum die Bourbonen endgültig vom Thron gestoßen:
"In Frankreich gab es 1831 viele Revolutionsflüchtlinge aus anderen europäischen Ländern, wo die Revolution, im Gegensatz zu Frankreich, nicht erfolgreich gewesen ist, und die französische Regierung wollte diese potenziellen Radikalen loswerden und hat ihnen die Möglichkeit eröffnet, in diese neu gegründete Ausländertruppe einzutreten, um sie dann alle nach Nordafrika, nach Algerien zu expedieren.
Eine Resterampe der Revolution 1830?
Am 10. März 1831 unterschrieb der sogenannte Bürgerkönig Louis Philippe das Gesetz zur Gründung der Fremdenlegion, das am Tag zuvor vom Parlament verabschiedet worden war. Doch die meisten der anfangs rund 5.000 Legionäre waren keineswegs idealistische Unterstützer der Revolution.
Eckard Michels: "Bei der Gründung der Fremdenlegion stellten von Anfang an die Mehrheit Männer, die einfach arbeitslos waren, obdachlos waren, die aus französischen Regimentern stammten, die im Zuge der Revolution 1830 aufgelöst worden waren, und diese Soldaten oder Söldner waren ergriffen dann begierig die Chance in die Fremdenlegion als Alternative einzutreten.
In den ersten Jahrzehnten wurde die Fremdenlegion vor allem zur Absicherung der französischen Kolonialherrschaft in Algerien eingesetzt. Durch die harte Ausbildung und die mindestens fünfjährige Dienstverpflichtung in abgelegenen Garnisonen entwickelte sich schnell ein ausgeprägter Korpsgeist unter den Männern, sagt Eckard Michels.
"Es gab in der Fremdenlegion auch immer so eine Art Tendenz, das Leben wegzuwerfen, das gehörte eigentlich mit zur Selbstdarstellung des Legionärs, dass er eigentlich nur im Hier und Jetzt lebt und nichts zu erwarten hat, weil er oft auch keine Familie hatte, und das kennzeichnet so eine gewisse selbstmörderische Tendenz auch in den Einsätzen, die natürlich für die militärische französische Führung sehr gelegen kam, weil die Fremdenlegionäre halt nicht lange gezögert haben, ihr Leben in die Waagschale zu werfen."
Den Verlust Vietnams und Algeriens verhinderte die Legion nicht
Neben Algerien und Marokko war Vietnam seit Ende des 19. Jahrhunderts das dritte große Einsatzgebiet der Fremdenlegion. Auf dem Höhepunkt des Indochinakrieges Anfang der 1950er-Jahre kämpften über 35.000 Soldaten unter dem Banner der Fremdenlegion.
Doch sie konnten den Verlust Vietnams genauso wenig verhindern wie wenige Jahre später die Unabhängigkeit Algeriens. Und so war und ist das Verhältnis der Franzosen zur Fremdenlegion immer zwiespältig.
Auf der einen Seite war man stolz, Männer aus aller Welt zu einer militärischen Einheit zusammengeschweißt zu haben, so Eckard Michels: "Das wurde dann damit erklärt, dass Frankreich eben diese besondere humanitäre Mission habe und eigentlich das Vaterland aller Europäer sei oder aller Menschen auf der Welt, durch diese Traditionen von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit, das war die eine Seite. Auf der anderen Seite waren die Franzosen immer froh, dass die Fremdenlegion weit entfernt vom Heimatland eingesetzt war, weil man den Legionären als Individuen misstraut hat, weil man die als unzuverlässige Personen oder als Bodensatz der Gesellschaft aufgefasst hat. Also die Institution machte die Franzosen stolz, aber den individuellen Legionär, mit dem wollte man nichts zu tun haben."
Heute besteht die Fremdenlegion noch aus rund 9.000 Soldaten, die auch im Rahmen der Vereinten Nationen eingesetzt werden. Anders als früher stammen die meisten nicht mehr aus den Nachbarländern Frankreichs, sondern aus insgesamt 140 Staaten. Zwei Dinge allerdings haben sich nicht geändert: eintreten können nur Ausländer – und nur Männer. Die Härte der Einsätze sei nichts für Frauen, heißt es, und: manche Legionäre hätten Probleme, Frauen an ihrer Seite zu akzeptieren.
Doch von einer Auflösung der Fremdenlegion ist keine Rede, betont Eckard Michels: "Sicherlich hätte keiner der Gründungsväter 1831 gedacht, dass es noch 190 Jahre später die Fremdenlegion geben würde, und das zeigt im Grunde genommen ja auch die prägende Kraft von Traditionen, die man nicht aufgeben will. Selbst wenn man vielleicht sagt, das ist eigentlich überholt, hält man daran fest, weil in den Reihen der Fremdenlegion halt Zehntausende von Männern gestorben sind für Frankreich, und so eine Institution schafft man dann nicht einfach ab."