Der Zar persönlich ließ es sich nicht nehmen, zur Begrüßung vorbeizuschauen, und die russische Presse schwelgte im Heldenpathos.
"Unsere Seeleute haben sich mit tollkühnem Mut über mehr als 1000 Kilometer inmitten von Eisbergen vorangearbeitet, ständig der Gefahr ausgesetzt, von diesen gigantischen Massen zermalmt zu werden."
"Unsere Seeleute haben sich mit tollkühnem Mut über mehr als 1000 Kilometer inmitten von Eisbergen vorangearbeitet, ständig der Gefahr ausgesetzt, von diesen gigantischen Massen zermalmt zu werden."
Das schrieb eine Sankt Petersburger Zeitschrift zum Empfang des Antarktisforschers Fabian von Bellingshausen und seiner Mannschaft am 4. August 1821 auf dem Flottenstützpunkt Kronstadt. Mit den Dreimastern "Wostok" und "Mirnij" waren sie zwei Jahre und 21 Tage unterwegs gewesen, hatten 29 bislang unbekannte Inseln gesichtet und kartiert - es war die Jungfernfahrt der russischen Marine in antarktischen Gewässern. Zugleich die zweite Expedition nach der berühmten Reise des Briten James Cook knapp fünf Jahrzehnte zuvor, die den Südkontinent komplett umrundet hatte. Gewiss hätten Russen auch früher große Entdeckertaten vollbracht, meinte ein Kommentator, indes:
"Keine jener Reisen zeugte von so bemerkenswertem seemännischen Können und erbrachte so bedeutende Entdeckungen wie die Expedition, die 1819 zum Südpol aufbrach unter Führung von Kapitän Bellingshausen."
Marinekarriere mit Einsätzen in der Ostsee und im Schwarzen Meer
Dieser war 1778 in einer Familie des deutsch-baltischen Adels auf der Ostseeinsel Ösel vor der estnischen Küste zur Welt gekommen und mit zehn Jahren ins Seekadettenkorps in Kronstadt eingetreten. Es folgte eine Marinekarriere mit Einsätzen in der Ostsee und im Schwarzen Meer. Die Ernennung zum Leiter der Antarktis-Erkundung war der Fürsprache des ebenfalls deutsch-baltischen Admirals Adam Johann von Krusenstern zu verdanken. Dieser hatte von 1803 bis 1806 die erste russische Weltumseglung kommandiert und war dabei auf die Talente des jungen Bellingshausen aufmerksam geworden.
Am 15. Juli 1819 liefen "Wostok" und "Mirnij" von Kronstadt aus und erreichten nach Zwischenstopps in Portsmouth und auf Teneriffa am 8. November Rio de Janeiro. Von dort aus ging es schnurstracks in Richtung Süden. Gegen Mittag am 18. Dezember sichtete die Mannschaft den ersten Eisberg. Bellingshausen notierte:
"Um uns herum Eisschollen, soweit das Auge reichte. Die Leute hatten erheblich unter der Heftigkeit der Winde zu leiden, die in jenen Gewässern herrschen, aber mehr noch unter der undurchdringlichen Düsternis und dem nassen, dicken Schnee, der so oft fällt. Rauhreif und Frost begleiteten uns über den größten Teil der Reise, ebenso Eisberge, von denen manche mehr als 122 Meter über den Meeresspiegel aufragten und manche im Umfang bis zu 24 Kilometer maßen."
Auf Westkurs Richtung Pazifik
Ende Januar 1820 überquerten die Schiffe den Südpolarkreis, nachdem sie mehrfach fast festgefroren wären. Bellingshausen hielt Kurs, bis das Eis jede weitere Annäherung an den Pol blockierte. Am Polarkreis entlang, weit unterhalb der Südspitze Amerikas, ging es dann auf Westkurs in Richtung Pazifik.
"Dichter Dunst und unaufhörlicher Schneefall hatten sogar am helllichten Tag zur Folge, dass wir nicht weiter als hundert Meter sehen konnten. Segel und Takelwerk waren zum größten Teil vereist mit der Folge, dass die Steuerung des Schiffes selbst nicht nur erheblich erschwert, sondern äußerst mühevoll war."
"Dichter Dunst und unaufhörlicher Schneefall hatten sogar am helllichten Tag zur Folge, dass wir nicht weiter als hundert Meter sehen konnten. Segel und Takelwerk waren zum größten Teil vereist mit der Folge, dass die Steuerung des Schiffes selbst nicht nur erheblich erschwert, sondern äußerst mühevoll war."
Am 30. März 1820 erreichte die Expedition die britische Kolonie New South Wales im heutigen Australien. Von hier aus erkundeten Bellingshausen und seine Mannschaft die Inselwelt der Südsee und erlebten hier den protokollarischen Höhepunkt ihrer Reise, einen Empfang beim König von Tahiti.
"Die außergewöhnliche Aufrichtigkeit und Freundlichkeit der Tahitianer hat uns schnell bezaubert und unseren Aufenthalt dort sehr angenehm gemacht."
"Die außergewöhnliche Aufrichtigkeit und Freundlichkeit der Tahitianer hat uns schnell bezaubert und unseren Aufenthalt dort sehr angenehm gemacht."
Um die Antarktis herum, zurück nach Rio
Im November brachen die Schiffe zur zweiten Etappe der Antarktis-Umrundung auf und liefen Ende Februar 1821 wieder in Rio ein.
Auf seiner Reise hatte Bellingshausen nach eigener Wahrnehmung nur Inseln gesichtet.
"Ich stieß nirgendwo auf Anzeichen einer großen südlichen Landmasse, obwohl ich mich meistens jenseits oder in der Nähe des Polarkreises befand. Aber wenn es Land gibt, muss es unter dem Eis liegen, und es ist unmöglich, es zu entdecken."
Weitere neun Jahrzehnte sollten vergehen, bevor der Norweger Roald Amundsen als erster bis zum Südpol vordrang.