"Meine Instruktionen waren klar und präzise: Ich sollte nach meiner Ankunft in Afrika bis zum Niger vorstoßen, dann den Lauf und möglichst den Ursprung und das Ende dieses Flusses erforschen. Mit größtmöglichem Einsatz sollte ich die umliegenden Städte und Dörfer besuchen, vor allem Timbuktu."
Der ehrgeizige schottische Arzt und Botaniker Mungo Park wollte um jeden Preis als erster Europäer an den Niger reisen. Ende des 18. Jahrhunderts war Westafrika noch ein weißer Fleck auf den Landkarten und für die Kolonialmächte ein begehrtes Gebiet. Timbuktu, so hieß es, sei eine unendlich reiche, muslimische Stadt am Rande der Sahara, die noch kein Christ gesehen hatte
"Wenn ich Erfolg habe, werde ich mir einen größeren Namen erwerben, als jemals ein Mann zuvor. Ich nahm in Kauf, sollte ich auf meiner Reise umkommen, meine Hoffnungen und Erwartungen mit mir sterben zu lassen."
Wenig Geld, dürftige Ausrüstung
Im Auftrag der Londoner "African Association" stach Mungo Park am 22. Mai 1795 an Bord eines Handelsschiffes von Portsmouth aus in See. Ausgestattet war er mit wenig Geld, einer dürftigen Ausrüstung und zwei Dienern als Begleitung. Als Himmelfahrtskommando bezeichnet der Afrikawissenschaftler Andreas Eckert von der Berliner Humboldt-Universität diese Entdeckungsreise.
"Die drei vorherigen Expeditionen waren alle gescheitert und die meisten der Reisenden auch nicht zurückgekommen. Mungo Park war mehr oder weniger auf sich allein gestellt, und es ist schon ein Wunder, dass er da eigentlich lebend rausgekommen ist. Aber das hat natürlich seine spätere Aura umso stärker entfacht."
In Gambia wollte Mungo Park zunächst die Regenzeit abwarten. Er blieb fünf Monate bei einem englischen Sklavenhändler, wo er versuchte, Mandingo zu lernen und sich zu akklimatisieren. In der britischen Handelsstation Pisania, dem heutigen Karantaba, überstand Mungo Park eine schwere Malariaerkrankung. Zum Jahresende begann er seine Reise ins Landesinnere, zu den vermuteten Ufern des Niger, die durch Gebiete mohammedanischer Tuareg und Mauren führte.
"Ich hatte nun grenzenlosen Wald vor mir und ein Land, dessen Einwohnern das zivilisierte Leben fremd war und von denen die meisten einem weißen Mann neugierig begegneten oder ihn ausraubten. Ich sann darüber nach, dass ich mich vom letzten Europäer getrennt hatte, den ich vielleicht jemals sehen würde, und vielleicht auf immer die Annehmlichkeiten der christlichen Gesellschaft verlassen hatte."
In maurischer Gefangenschaft
Im heutigen Mali geriet Mungo Park in maurische Gefangenschaft, da man ihn für einen Spion hielt, der gekommen war, um die Routen des Transsaharahandels auszukundschaften. Nach drei Monaten gelang ihm die Flucht. Während man in England davon ausging, dass der Abenteurer umgekommen sei, gelang es ihm, sich allein an den Niger durchzuschlagen. Unterhaltsam erzählt T.C. Boyle in seinem Roman "Wassermusik" die Geschichte dieser mühsamen und gefährlichen Reise. Ein Hörbuch-Ausschnitt, gelesen von Stefan Kaminski:
"Da ist er, so breit wie die Themse, so braun wie ein Abwasserkanal, übersät mit Flößen und Booten, das Ufer bevölkert von planschenden Kindern. Er springt über Kisten und Käfige, Der Bambussteg schwankt unter seinen Füßen. Und dann fliegt der Entdecker durch die Luft, bis das dunkle, dampfende Wasser ihn umfängt, wie die Arme einer Mutter."
Bedeutendes Standardwerk
Nach Timbuktu reiste Mungo Park nicht mehr. Erschöpft und aus Angst vor erneuter Gefangenschaft, trat er die Rückreise nach England an. Dort wurde er als der Entdecker des Niger gefeiert. Sein Buch "Reisen ins Innerste Afrikas", in dem Park ausführlich Natur und Menschen der Sahelzone beschrieb, wurde, so Afrikawissenschaftler Andreas Eckert, ein bedeutendes Standardwerk:
"Nicht nur eine wichtige Quelle für Zeitgenossen, die natürlich irgendwann auch mit Afrika Geschäfte machen wollen, sondern für spätere Historikergenerationen, die über solche Reiseberichte durchaus vieles erfahren, über die Gesellschaften und die Organisation der Wirtschaft und der Politik zu dieser Zeit. Und so viele andere schriftliche Quellen aus dieser Zeit haben wir ja noch gar nicht."
1805, zehn Jahre nach seiner ersten Expedition, brach Mungo Park zu einer zweiten Erkundungsfahrt nach Afrika auf, um die Quelle und die Mündung des Niger zu suchen; diesmal im Auftrag der britischen Regierung und gut ausgestattet mit Geld, Proviant, Waffen sowie 45 Männern als Begleitung. Von dieser Reise kehrte Mungo Park nicht zurück. Man geht davon aus, dass er 1806 mit seinem Boot auf dem Niger in Stromschnellen kenterte und ertrank.