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Vor 225 Jahren
Russischer Fürst Potjomkin gestorben

Liebhaber der Zarin, Städtegründer, Eroberer der Krim: Fürst Grigori Alexandrowitsch Potjomkin, eine der schillerndsten Figuren der russischen Geschichte, starb heute vor 225 Jahren.

Von Christoph Schmitz-Scholemann |
    Die Statue ist von unten fotografiert. Sie zeigt Potjomkin vor einer Säule in Uniform.
    Eine Statue Grigori Potjomkins in Odessa (CTK / Milan Syrucek / dpa)
    Als der russische Feldmarschall Grigori Alexandrowitsch Potjomkin am 16. Oktober 1791 im Alter von 52 Jahren auf einer Reise durch die moldawische Steppe starb, fiel die Zarin Katharina die Zweite in eine tiefe Depression.
    "Ihr könnt Euch das Ausmaß meines Kummers nicht vorstellen. Er hatte ein wunderbares Herz."
    Grigori Potjomkin war nicht irgendein Feldmarschall, sagt Franziska Schedewie. Sie lehrt Osteuropäische Geschichte an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena:
    "Er gilt als einer der wichtigsten Staatsmänner in Russland im 18. Jahrhundert. Aufgestiegen war er als Favorit Katharinas der Zweiten, hat aber als Einziger eine zweite Rolle eingenommen, nämlich die eines Mitherrschers."
    Potjomkin, 1739 bei Smolensk geboren, entstammte dem niederen Landadel. Als junger Soldat ging er an den Hof in St. Petersburg und machte sich rasch einen Namen, nicht nur, weil er den deutschen Akzent der aus Preußen stammenden Zarin perfekt persiflieren konnte.
    "Er muss ein eindrucksvoller Mann gewesen sein, groß, wuchtig, viele Haare auf dem Kopf, hat sich nur von einer Seite portraitieren lassen, weil er ein Auge verloren hatte, er entsprach wahrscheinlich einem gewissen wilden überbordenden Männlichkeitsideal. Insofern er auch nicht adrett gekleidet war, wenn er zu Katharina ging, sondern in einem Morgenmantel mit einem rosafarbenen Schal umgewickelt."
    Ein Kerl nach dem Geschmack der Zarin, die nach dem Tod ihres Mannes eine europaweit berüchtigte Vorliebe für schmucke, junge Soldaten kultivierte. 1774, da war sie 44, er 34, wurde Potjomkin ihr Bett-Favorit.
    "Mein kleiner Grischa, Du überwältigende Schönheit, Du klügster, mutigster, fröhlichster Mann von der Welt, Du Freudenspender."
    Potjomkin war eine Ausnahmeerscheinung
    Die heißeste Glut erlosch bald. Vielleicht lag es daran, dass Potjomkin die unangenehme Angewohnheit hatte, immerzu an Rettichen oder an seinen Fingernägeln zu knabbern. Politisch hielten die beiden weiter zusammen. Sogar bei der Auswahl ihrer neuen Gespielen hatte er ein Wörtchen mitzureden. Sie traute ihm, weil er sie nie belog und es sogar wagte, ihr gelegentlich die Stirn zu bieten.
    "Auch in der Hinsicht war Potjomkin eine Ausnahmeerscheinung, auch weil er derjenige war, mit dem sie sich unterhalten konnte."
    In den 17 Jahren, die sie zusammen regierten, trieben sie ihren Traum von einer Expansion nach Süden aggressiv voran: Die Einbindung der eigenwilligen Kosakenvölker ins russische Reich, die Besiedlung der südrussischen Steppe, der Bau der Schwarzmeerflotte, die Vertreibung der muslimischen Tataren und 1783 die Annexion der Krim. Hinter all dem stand eine Idee: das "Griechische Projekt".
    "Es umfasst einmal die Verdrängung des osmanischen Sultans und die Gründung eines russischen Kaiserreichs um das Schwarze Meer herum."
    Er ermöglichte der Zarin eine Prunkreise
    Europa sollte vom Islam befreit und das oströmische, sprich christlich-griechische Kaisertum neu errichtet werden. So weit ist es nie gekommen. Und doch: Als Potjomkin 1789 die türkisch besetzte Festung Otschakiv am Nordufer des Schwarzen Meeres einnahm, jubelte der deutsche Dichter Christian Schubart:
    "Viktoria, Russen ihr Männer von Eisen!
    Es lebe die mächtige Fürstin der Reußen!
    Es lebe Potjomkin, der Sieger und Held,
    Dass Stambul, die Stolze, wie Otschakof fällt!"
    Rätselhaftes russisches Herz
    Und Potjomkin wusste auch die Werbetrommel zu rühren. 1787 organisierte er für die Zarin eine Prunkreise von St. Petersburg zum Schwarzen Meer. Glückliche, winkende Menschen standen an den Straßen und Flussufern. Aus der Ferne grüßten neu errichtete Städte und Dörfer. Zu schön, um wahr zu sein, dachten Potjomkins zahlreiche Neider und behaupteten später, die Kirchtürme und Dörfer seien nur auf Bretter gemalt gewesen: Potjomkinsche Dörfer, wie man bis heute sagt.
    Mit der Wahrheit hat das allerdings wenig zu tun. Ob Cherson, Mikolajew, Sewastopol oder Simferopol: Die von Potjomkin und Katharina gegründeten Städte stehen bis heute, genau wie das Dorf Tschischowo bei Smolensk, wo Potjomkin geboren wurde und wo, nach festem Glauben der Dorfbewohner, sein rätselhaftes russisches Herz in der Erde ruht.