Es ist ein herzzerreißendes Film-Ende. Die Prinzessin verabschiedet sich für immer von dem Mann, in den sie sich gerade erst verliebt hat – von dem amerikanischen Journalisten, mit dem sie inkognito unbeschwerte Tage in Rom verbracht hat. Dass dieser Abschied zu einem Ewigkeitsmoment der Kinogeschichte wurde, liegt an Audrey Hepburn. Ihre erste große Rolle in William Wylers Film "Roman Holiday", "Ein Herz und eine Krone", ist, wie man so sagt, die Geburt eines Stars. Niemand hatte zuvor je von der jungen Hauptdarstellerin gehört, was ihren längst berühmten Filmpartner Gregory Peck verwunderte.
Plötzlich wollen alle mit Hepburn drehen
"Zuerst hatte ich den Eindruck, dass dieser Film über mich sei. Als Willi Wyler mir erzählte, dass eine Unbekannte, eine kleine Tänzerin aus London, die Prinzessin spielen würde, sagte ich: 'Keiner kann das besser beurteilen als du. Hast du sie im Film gesehen?' Er sagte: 'Komm, ich zeig Dir was!'. Es dauerte zwei Minuten, und ich begriff, dass es in 'Ein Herz und eine Krone' nicht um mich, sondern um die Prinzessin ging."
Der Film wird 1953 gedreht, die erst 24-jährige Audrey Hepburn gewinnt im folgenden Jahr den Oscar der besten Darstellerin - und plötzlich wollen alle großen Regisseure mit diesem Wesen arbeiten, dessen katzenhafte Augen die Welt mit unschuldiger Neugierde zu betrachten scheinen: Stanley Donen, King Vidor, Blake Edwards, John Huston, Billy Wilder. Viel später wird Hepburn den sich überschlagenden Beginn ihrer Karriere mit bezaubernder Bescheidenheit kommentieren.
"Ich hatte das Glück, in einer Ära zum Kino zu kommen, in der die größten Regisseure mit mir arbeiten wollten. Das ist das Wunder meiner Karriere, denn ich habe gar nicht so viele Filme gedreht. Aber sie kamen, einer nach dem anderen, mit großartigen Schauspielern. Ich hingegen hatte keinerlei schauspielerische Erfahrung. Ich hatte hart als Balletttänzerin gearbeitet. … Ich war auch nicht besonders schön. … Eine richtige Schauspielerin bin ich nie geworden. "
Reife und emotionale Tiefe
Gary Cooper, Cary Grant, Fred Astaire. Immer wieder wird Audrey Hepburn mit älteren Leinwandpartnern vor der Kamera stehen. Doch stets stimmt die Chemie. Wohl weil Hepburn trotz ihrer Jugend eine große Reife und emotionale Tiefe besitzt. Sie hat die Disziplin der Balletttänzerin. Die Zähigkeit des Kindes, das während des Krieges in England unter Unterernährung litt. Die Weltläufigkeit der in Belgien geborenen Tochter eines britischen Bankiers und einer niederländischen Baronin. Billy Wilders 1954 entstandener Film "Sabrina" spielt mit ihrer Vielsprachigkeit. Und die Romanze zwischen dem von Humphrey Bogart dargestellten älteren amerikanischen Lebemann und der jungen, liebesentschlossenen Französin funktioniert.
"How do you say: My brother has a lovely girl?"
"Mon frère a une gentille petite amie."
"And how do you say: I wish I were my brother."
"Mon frère a une gentille petite amie."
"And how do you say: I wish I were my brother."
Hepburn - und die Kleider von Givenchy
Während der Dreharbeiten zu "Sabrina" lernt Audrey Hepburn den französischen Modemacher Hubert de Givenchy kennen. Es ist der Beginn einer lebenslangen Freundschaft und Zusammenarbeit. Mit den beiläufig eleganten Kleidern, die Givenchy für ihre grazile Figur schneidert, prägt Hepburn den Modestil und das Frauenbild einer Ära. In Givenchys Kreationen spielt sie auch ihre berühmteste Rolle: Das New Yorker Partygirl Holly Golightly in Blake Edwards' Film "Frühstück bei Tiffany". Man sieht: die Fröhlichkeit einer jungen Frau, die sich mit etwas zu großen Sonnenbrillen auf die Jagd nach reichen Junggesellen begibt. Und man spürt: die Unsicherheit eines Wesens, das seinen Platz im Leben sucht. Der Komponist Henry Mancini erkennt Hepburns Verletzlichkeit und schreibt für sie den Song "Moon River" - als Ballade einer uneingestandenen Sehnsucht.
Audrey Hepburn, die am 20. Januar 1993 im Alter von dreiundsechzig Jahren in der Schweiz starb, erfüllte ihre Figuren mit einer inneren Schönheit und verlieh ihnen eine Präsenz, die ihre zarte Gestalt überstieg. Kein Zweifel, dass sie eine der überragenden Darstellerinnen ihrer Zeit war. Eben die große Schauspielerin, die nur sie selbst nicht zu sein glaubte.