Am 5. Februar 1980 um zwei Uhr morgens konzentriert sich Klaus von Klitzing in einem Labor im französischen Grenoble auf sein nächstes Experiment. Das Versuchsobjekt: ein Transistor, also ein kleiner elektronischer Schalter, wie er heute in jedem Computer steckt.
Ich habe damals an Transistoren der Firma Siemens gearbeitet, um einfach zu verstehen, wie die Elektronen in einem solchen elektronischen Schalter genau fließen. Wie schnell bewegen sie sich, wo stoßen sie an? Und da legt man auch manchmal ein magnetisches Feld an, um Informationen über die Anzahl der Elektronen in einem solchen Material zu bekommen.
Mit flüssigem Helium kühlt von Klitzing den Transistor extrem stark ab, auf eine Temperatur von minus 272 Grad Celsius. Und er schaltet ein starkes Magnetfeld dazu. Plötzlich beobachtet der Physiker etwas, das laut Lehrbuch eigentlich gar nicht sein darf: Bei verschiedenen Versuchsreihen kommt immer exakt derselbe Wert für den elektrischen Widerstand heraus. Wenn man so will eine magische Zahl:
25.812,807 Ohm. Und ich war erstaunt, warum es immer diesen bestimmten Wert gab. Und das war die Geburtsstunde des Quantenhalleffekts.
Rein zufällig ist Klaus von Klitzing auf diese wissenschaftliche Sensation gestoßen. Den so genannten Halleffekt aber kannten die Physiker schon lange. Entdeckt hatte ihn der US-Amerikaner Edwin Herbert Hall bereits im Jahre 1879. Hall ließ elektrischen Strom durch Goldmetall fließen und schaltete außerdem ein kräftiges Magnetfeld dazu. Dieser Magnet lenkte den Strom im Metall buchstäblich um die Kurve. Als Resultat registrierte Edwin Hall eine bis dato unbekannte elektrische Spannung – die Hall-Spannung.
Klaus von Klitzing trieb dieses Experiment 1980 auf die Spitze - bei extrem tiefen Temperaturen und mit einem der damals stärksten Magneten der Welt. Bei diesen Extrembedingungen galten nicht mehr die vertrauten Gesetze der Alltagsphysik, sondern die merkwürdigen Regeln der Quantenphysik. Quantenphysik bedeutet, dass der elektrische Strom nicht mehr kontinuierlich und gleichmäßig fließt wie der Rhein oder die Elbe. Stattdessen ist er gequantelt, d.h. in kleine Pakete zerteilt. Der Strom fließt also quasi portionsweise – in etwa vergleichbar einem Güterzug, bei dem die Fracht auf die verschiedenen Waggons verteilt ist.
Weil nun der Strom in winzigen Paketen floss, machte auch die Hall-Spannung plötzlich Sprünge - buchstäblich Quantensprünge. Und genau deshalb kam bei von Klitzings Experimenten immer derselbe Wert für den elektrischen Widerstand heraus.
Zu unmittelbaren praktischen Anwendungen hat der Nobelpreis-gekrönte Quantenhalleffekt bislang zwar nicht geführt. Aber:
Dieser Effekt ist so stabil, dass er in Japan und in Amerika und in Deutschland denselben Wert liefert. Und das war vorher nicht der Fall. Deswegen gibt es seit 1990 international die Von-Klitzing-Konstante, die diesen Widerstandswert festgelegt hat, und jeder kann sich seinen elektrischen Widerstand eichen.
Was das Urkilogramm in Paris für die Eichung der Masse, ist die Von-Klitzing-Konstante für den elektrischen Widerstand: der international verbindliche Standard.
Auch heute noch bezeichnet sich der 61-jährige Klaus von Klitzing als fanatischer Experimentalphysiker. Und als solcher ist er nach wie vor aktiv. Es treibt ihn von einer Fachkonferenz zur nächsten. Und als Direktor des Max-Planck-Instituts für Festkörperforschung in Stuttgart widmet er sich einem Trendthema - der Nanotechnologie. Diese könnte eines Tages die heutige Computertechnik ablösen. Die nämlich wird in absehbarer Zeit ausgereizt sein.
Und zwar wird es noch zehn Jahre weitergehen. Aber dann kommt man an eine Grenze, an physikalische Grenzen. Vielleicht wird es schon vorher eine Grenze geben, weil es zu teuer wird, Fabriken zu bauen, um diese kleinen Strukturen herzustellen.
Genau deshalb arbeitet Klaus von Klitzing an dem neuen Konzept der Nanotechnologie. Und sollte sie tatsächlich eines Tages die Computertechnik revolutionieren, könnte das sogar einen weiteren Nobelpreis wert sein.
Ich habe damals an Transistoren der Firma Siemens gearbeitet, um einfach zu verstehen, wie die Elektronen in einem solchen elektronischen Schalter genau fließen. Wie schnell bewegen sie sich, wo stoßen sie an? Und da legt man auch manchmal ein magnetisches Feld an, um Informationen über die Anzahl der Elektronen in einem solchen Material zu bekommen.
Mit flüssigem Helium kühlt von Klitzing den Transistor extrem stark ab, auf eine Temperatur von minus 272 Grad Celsius. Und er schaltet ein starkes Magnetfeld dazu. Plötzlich beobachtet der Physiker etwas, das laut Lehrbuch eigentlich gar nicht sein darf: Bei verschiedenen Versuchsreihen kommt immer exakt derselbe Wert für den elektrischen Widerstand heraus. Wenn man so will eine magische Zahl:
25.812,807 Ohm. Und ich war erstaunt, warum es immer diesen bestimmten Wert gab. Und das war die Geburtsstunde des Quantenhalleffekts.
Rein zufällig ist Klaus von Klitzing auf diese wissenschaftliche Sensation gestoßen. Den so genannten Halleffekt aber kannten die Physiker schon lange. Entdeckt hatte ihn der US-Amerikaner Edwin Herbert Hall bereits im Jahre 1879. Hall ließ elektrischen Strom durch Goldmetall fließen und schaltete außerdem ein kräftiges Magnetfeld dazu. Dieser Magnet lenkte den Strom im Metall buchstäblich um die Kurve. Als Resultat registrierte Edwin Hall eine bis dato unbekannte elektrische Spannung – die Hall-Spannung.
Klaus von Klitzing trieb dieses Experiment 1980 auf die Spitze - bei extrem tiefen Temperaturen und mit einem der damals stärksten Magneten der Welt. Bei diesen Extrembedingungen galten nicht mehr die vertrauten Gesetze der Alltagsphysik, sondern die merkwürdigen Regeln der Quantenphysik. Quantenphysik bedeutet, dass der elektrische Strom nicht mehr kontinuierlich und gleichmäßig fließt wie der Rhein oder die Elbe. Stattdessen ist er gequantelt, d.h. in kleine Pakete zerteilt. Der Strom fließt also quasi portionsweise – in etwa vergleichbar einem Güterzug, bei dem die Fracht auf die verschiedenen Waggons verteilt ist.
Weil nun der Strom in winzigen Paketen floss, machte auch die Hall-Spannung plötzlich Sprünge - buchstäblich Quantensprünge. Und genau deshalb kam bei von Klitzings Experimenten immer derselbe Wert für den elektrischen Widerstand heraus.
Zu unmittelbaren praktischen Anwendungen hat der Nobelpreis-gekrönte Quantenhalleffekt bislang zwar nicht geführt. Aber:
Dieser Effekt ist so stabil, dass er in Japan und in Amerika und in Deutschland denselben Wert liefert. Und das war vorher nicht der Fall. Deswegen gibt es seit 1990 international die Von-Klitzing-Konstante, die diesen Widerstandswert festgelegt hat, und jeder kann sich seinen elektrischen Widerstand eichen.
Was das Urkilogramm in Paris für die Eichung der Masse, ist die Von-Klitzing-Konstante für den elektrischen Widerstand: der international verbindliche Standard.
Auch heute noch bezeichnet sich der 61-jährige Klaus von Klitzing als fanatischer Experimentalphysiker. Und als solcher ist er nach wie vor aktiv. Es treibt ihn von einer Fachkonferenz zur nächsten. Und als Direktor des Max-Planck-Instituts für Festkörperforschung in Stuttgart widmet er sich einem Trendthema - der Nanotechnologie. Diese könnte eines Tages die heutige Computertechnik ablösen. Die nämlich wird in absehbarer Zeit ausgereizt sein.
Und zwar wird es noch zehn Jahre weitergehen. Aber dann kommt man an eine Grenze, an physikalische Grenzen. Vielleicht wird es schon vorher eine Grenze geben, weil es zu teuer wird, Fabriken zu bauen, um diese kleinen Strukturen herzustellen.
Genau deshalb arbeitet Klaus von Klitzing an dem neuen Konzept der Nanotechnologie. Und sollte sie tatsächlich eines Tages die Computertechnik revolutionieren, könnte das sogar einen weiteren Nobelpreis wert sein.