"Ich hab ein gutes Verhältnis, er hat uns noch nie in Stich gelassen. Und auf unseren Straßen war der Trabant mit das Beste."
Für diese Zwickauer Autobauerin war der Trabant das, was sein Name bedeutet: ein treuer Begleiter. Sputnik ist das russische Wort für Trabant. Sein Name steht für die Siegeseuphorie des Sozialismus nach dem Start der sowjetischen Sputnik-Rakete.
Eine blaue, stinkende Abgasfahne hinter sich herziehend, knatterte der Zweitakter durch den DDR-Alltag. Seit 1958 rollte er in Serie aus den Produktionshallen des VEB Sachsenring in Zwickau. Doch mit der Modellreihe 601, die seit 1964 vom Band lief, entwickelte sich das Auto kaum weiter. Dabei mangelte es den Ingenieuren nicht an guten Ideen. Der Maschinenbauer Hans Künschner von der Technischen Hochschule Zwickau sagte nach der Wende:
"Es sind Prototypen entstanden, die sich bewährt haben, auf den Markt konnte es nicht kommen. Es lag an der politischen Führung dieses Landes, die dem Automobilbau ein Schattendasein verordnet hatte. Warum? Weil man meinte, der Sozialismus käme aus mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Der Privat-Pkw, das war was Bösartiges, was Verteufeltes, was Kapitalistisches."
Kleine Stückzahlen und Statussymbol
In der DDR-Mangelwirtschaft wurde der Trabant stets in zu kleinen Stückzahlen gebaut, Wartezeiten von zwölf Jahren waren normal. Die Knappheit machte ihn zu einem Statussymbol und zu einer guten Geldanlage: Gebrauchte Trabis waren ebenso teuer wie neue, je nach Ausstattung kosteten sie um die 9.000 Mark.
"Vier Trümpfe mit dem Trabant 601: Bequem für vier Erwachsene, viel Raum für Ihr Gepäck, wendig, schnell, ausdauernd und robust."
Er war nicht gerade stromlinienförmig, brauchte eine Minute von Null auf 100, um dann bei erreichter Höchstgeschwindigkeit dank Motorlärms jedes Gespräch zu unterbinden. Er wurde als "Plasteporsche", "Rennpappe", "überdachte Zündkerze" oder "Gehhilfe" belästert. Doch war der bestellte Trabant endlich da, wurde er stolz wie ein neues Familienmitglied aufgenommen.
"Robustes Auto. Das ist ja bloß eine Hubbelkarre. Vieles kann man selber machen, ja. Da hatte ich eine Karambolage, da war der Motorraum, der Deckel hier kaputt, hier ein bisschen eingedrückt, hab ich reparieren lassen. 161 Mark, billiger geht's ja gar nicht. Zuverlässig ist er ja, also da gibt's nix."
Keine Feierlaune beim dreimillionsten Trabant
Am 21. Mai 1990 verließ der dreimillionste Trabant die Werkshalle, bunt geschmückt und von der versammelten Belegschaft beklatscht, - auch wenn man so gar nicht in Feierlaune war. "Der Dreimillionste ist fertig. Sind wir es auch?", hatten die Arbeiter auf ein Plakat geschrieben. Geschäftsführer Wolfgang Neef fasste die Sorge zusammen:
"Man möchte eben dieses Fahrzeug Trabant, dieses, möchte beinah sagen, DDR-Synonym, nicht mehr besitzen. In diesem Fahrzeug steckt ja doch irgendwie die Hilflosigkeit des ganzen Systems, etwas Modernes zu gestalten."
Einen Hoffnungsschimmer aber gab es doch an diesem Tag. Denn der dreimillionste Trabant unterschied sich äußerlich zwar nicht von seinem Vorgänger, aber unter seiner Motorhaube schlug ein neues Herz: ein moderner VW-Viertakt-Motor.
Bereits 1984 hatte Volkswagen der DDR die Lizenz verkauft, nebst Fertigungseinrichtung und Know-how. Doch die Produktion verzögerte sich Jahr um Jahr. Im Mai 1990 war es bereits zu spät. Ein halbes Jahr zuvor war die Mauer gefallen, und das Westauto, egal, ob gebraucht oder nicht, avancierte zum Inbegriff für die neugewonnene Freiheit. Auch der neue Trabant konnte das Ruder nicht mehr herumreißen.
"Wenn man 25 Jahre im selben Betrieb war und auf einmal ist Schluss. Das war allen klar: Dass die Unkosten zu hoch waren, dass der Trabant auf dem Weltmarkt nicht bestehen kann. Aber trotzdem hängt 25 Jahre dein Arbeitsplatz dran."
Am 30. April 1991 war endgültig Schluss: Um 14.51 Uhr rollte der letzte Trabant aus der Montagehalle des Automobilwerks Sachsenring - geradewegs ins Zwickauer August-Horch-Museum.