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Vor 25 Jahren
Schauspieler Klaus Kinski gestorben

Klaus Kinski gilt als der erste Popstar des deutschen Nachkriegskinos. Sein Fach waren die Bösewichter und Psychopathen. Dabei hatten ihn sein exaltierter Sprachstil und seine kongenialen Interpretationen von Gedichten schon berühmt gemacht, lange bevor er zum Film kam.

Von Marli Feldvoß |
    Der Schauspieler Klaus Kinski in dem Italo-Western "Leichen pflastern seinen Weg" von 1968.
    Klaus Kinski in dem Italo-Western "Leichen pflastern seinen Weg" von 1968. (Imago / United Archives)
    "Ich bin so wild nach deinem Erdbeermund. Ich schrie mir schon die Lungen wund nach deinem weißen Leib, du Weib ..."
    Klaus Kinski spricht François Villon. Bebend, ekstatisch, außer sich, als wär‘ der mittelalterliche Balladendichter wiederauferstanden. Jahrelang trat der ungelernte Schauspieler Kinski in Kneipen, Sporthallen, zuletzt auf dem Wiener Heldenplatz vor 80.000 Zuschauern auf. Seine Tourneen mit der Weltliteratur im Gepäck haben ihn zum Ausnahme-Künstler gekürt. Herkömmliches Rezitieren war ihm fremd, Kinskis Auftritt war Performance pur, er bearbeitete das Material, um sich die Person einzuverleiben, sich ihr anzuverwandeln. Kinski inszenierte sich als Star, er schuf den Mythos Kinski, der grenzüberschreitend wirkte. Jean Cocteau:
    "Sein Gesicht ist so jung wie das eines Kindes, und seine Augen sind ganz alt, beides zu gleicher Zeit und im nächsten Augenblick ist es umgekehrt – ich habe noch nie so ein Gesicht gesehen."
    Das "Künstlerpaar" Herzog und Kinski
    Der am 18. Oktober 1926 im Ostseebad Zoppot geborene Klaus Kinski hieß eigentlich Nikolaus Günther Nakszynski, stammte aus schwierigen Verhältnissen, blieb ohne Schulabschluss. Er entdeckte seine Begabung in englischer Kriegsgefangenschaft, trat, wiewohl Autodidakt, bald in großen Häusern auf, an der Wiener Burg, in der Münchner Residenz, bis er das Rezitieren entdeckte. Er verkaufte eine Million Schallplatten, war bereits ein umjubelter Star, als er sich 1964 in Rom niederließ, zum Kino stieß und in Spaghetti-Western und zahllosen Wallace-Filmen auftrat. Sein Fach: Bösewichter, Psychopathen. "Der Mann ist ein Genie", befand indes Werner Herzog, der Kinski für den Autorenfilm und als Hauptdarsteller entdeckte. Für fünf Filme wurden Herzog und der sechzehn Jahre ältere Kinski ein "Künstlerpaar" ohnegleichen.
    "Kinski ist ein schwieriger Mann, und er neigt ja auch zur Hysterie. Ich meine im privaten Leben. Aber das ist vielleicht auch seine ganz große Stärke. Das macht das Leben mit ihm nicht einfach. Er ist auch das, was Sie vielleicht exzentrisch nennen wollen, was aber für mich gar nicht exzentrisch ist. Er ist nur hochempfindlicher als alle anderen, die ich kenne, und hat dann auch ab und zu seine Ausbrüche, muss dann auch Dampf ablassen."
    Raserei, Publikumsbeschimpfungen, das gehörte von Anfang an zu Kinskis Repertoire, auf der Bühne wie am Set. Wie präzise, eindringlich, einfühlsam, zart dieser Charakterdarsteller sein konnte, bewies er in den Herzog-Filmen als Nosferatu, Woyzeck, Fitzcarraldo, Cobra Verde und gleich mit seinem ersten Auftritt 1972 als "Aguirre, der Zorn Gottes". Zum Schluss umkreist die Kamera den einsam auf einem Floß davontreibenden Conquistador, einen Todgeweihten.
    "Ich bin der Zorn Gottes"
    "Ich, der Zorn Gottes, werde meine eigene Tochter heiraten und mit ihr die reinste Dynastie gründen, die je die Erde gesehen hat. Zusammen werden wir über diesen ganzen Kontinent herrschen. Ich bin der Zorn Gottes. Wer sonst ist mit mir?"
    Klaus Kinski war auf der Höhe seines Ruhms, als er 1980 nach Los Angeles zog. Erst viel später wurden seine Gedichte aufgefunden, die er als 25-Jähriger verfasst hatte. Posthum erntete er mit "Fieber. Tagebuch eines Aussätzigen" neuen Ruhm. Sein Sohn Nikolai Kinski:
    "Das Feuer brennt, und wo ist mein Gesicht? Ach, gebt mir meinen Tod, damit ich bleibe. Mein linker Fuß ist nicht mehr auf der Scheibe, und eure Häuser, die berühr‘ ich ja nicht."
    Heute gilt Klaus Kinski als der erste Popstar und – neben Romy Schneider - als einziger Weltstar des deutschen Nachkriegskinos. Er starb, vereinsamt, am 23. November 1991 in Lagunitas, Kalifornien an einem Herzinfarkt. Sein Nachruhm wurde getrübt durch die Bekenntnisse seiner ältesten Tochter. Klaus Kinski polarisiert bis heute. Nur seine Asche, die der Wind über den Pazifik blies, legt sich besänftigend auf ein turbulentes Künstlerleben.