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Vor 250 Jahren
Die Schriftstellerin Johanna Schopenhauer wird geboren

Klug, unterhaltsam und vermögend: Wenn die Schriftstellerin Johanna Schopenhauer, geboren am 9. Juli 1766, in Weimar zum Tee bat, kamen sie alle: Goethe, Wilhelm von Humboldt, Carl Maria von Weber und Bettina Brentano. Nur einer störte: Ihr ewig miesepetriger Sohn Arthur, der spätere Philosoph.

Von Christoph Schmitz-Scholemann |
    Eine Schreibfeder auf einem Blatt Papier.
    Mit "Gabriele" feierte Johanna Schopenhauer ihren größten schriftstellerischen Erfolg. (imago/AFLO)
    "Am fernen Strande der Ostsee, in der Reichsstadt Danzig, erblickte ich am neunten Juli des Jahrs siebenzehn hundert sechs und sechzig das Licht der Sonne zum ersten Mal."
    Die Frau, die mit diesen Zeilen ihre immer noch lesenswerte Autobiografie beginnt, kennen wir heute hauptsächlich als Mutter des Philosophen Arthur Schopenhauer. Ihrer Mitwelt dagegen galt Johanna Schopenhauer als eine der bedeutendsten Schriftstellerinnen Deutschlands. Ein Bewunderer schrieb:
    "Sie hat ... in ihren Romanen durch die aus reifer Lebenserfahrung entnommene Schilderung des weiblichen Herzens die ganze Frauenwelt ... für sich gewonnen ..."
    Am 9. Juli 1766 hineingeboren in eine Danziger Kaufmannsfamilie, genoss die hochbegabte Johanna Trosiener, wie sie mit Mädchennamen hieß, eine exzellente Ausbildung. Polnisch lernte sie von einer Kinderfrau, Englisch von einem schottischen Hauslehrer, Französisch und sicheres Auftreten beim eleganten Teetisch in einer "Société des jeunes dames". Den religiösen Unterricht besorgte ein Pfarramtskandidat, der sie, als sie 13 war, mitten im Unterricht mit einer heftigen Umarmung und einem Heiratsantrag erschreckte. Daraus wurde begreiflicherweise nichts. Mehr Glück hatte fünf Jahre später ein fast 40-jähriger Kaufmann: Heinrich Floris Schopenhauer war steinreich - was der selbstbewussten Johanna nicht entgangen sein dürfte.
    "Glühende Liebe heuchelte ich ihm eben so wenig, als er Anspruch darauf machte, aber wir fühlten Beide, wie er mit jedem Tage mir werther wurde."
    Jähes Ende einer Ehe
    Er schenkte ihr Blumen und erotische Romane und zeigte ihr die große Welt, Berlin, Brüssel, Paris, London, Weimar und die böhmischen Bäder. Schließlich zog man nach Hamburg, zwei Kinder brachten Leben ins Haus, Arthur und Adele.
    Das mondäne Großbürgerleben zerbrach jäh im Frühjahr 1805: Heinrich Floris Schopenhauer, der zur Schwermut neigte, stürzte sich vom Speicherboden seines Hauses zu Tode. Statt sich nun in Trauer zu verzehren, beschloss die knapp 40-Jährige, durch Erbschaft abgesicherte Witwe, ihr Leben von Grund auf umzukrempeln, man könnte auch sagen: ihr eigenes zu beginnen.
    Sie sah sich nach einem neuen Lebensmittelpunkt um und fand ihn in der kleinen Residenz der großen Geister, in Weimar. Dort bezog sie im Herbst 1806 eine geräumige Wohnung und tat, was sie als junges Mädchen gelernt hatte: Sie lud zum Teetisch ein. Die prominente Nachbarschaft kam gern.
    "Gegen 6:00 Uhr ... kommt mein Besuch, ... Wir trinken Tee, sprechen, erzählen, lachen, klagen einander unser Leid .... wer Lust hat singt und spielt im Nebenzimmer ... "
    Durch Goethe zum gesellschaftlichen Mittelpunkt
    Mancher Besucher findet die gesprächige und witzige Gastgeberin zwar etwas schrill, aber Goethe mag sie, und das spricht sich herum. Ihr Teetisch wird ein Anziehungspunkt für Intellektuelle und Künstler aus ganz Deutschland. Der einzige Störfaktor ist anfangs ihr stets übellauniger Sohn Arthur, der den großzügigen Lebensstil seiner Mutter so lange bemäkelt, bis sie ihn - endlich - vor die Tür setzt.
    "Aber dennoch bist du überlästig und unerträglich und ich halte es für höchst beschwerlich mit dir zu leben, ... weil du die Wut alles besser wissen zu wollen ... nicht beherrschen kannst."
    Nachdem der Sohn aus dem Haus ist, findet Madame Schopenhauer, wie man sie allgemein nennt, endlich auch Zeit und Muße, ihr lange nur in Briefen und Reiseberichten erprobtes Schreibtalent zu entwickeln. 1819 erscheint ihr erster Roman "Gabriele". Es ist die Geschichte einer intelligenten und musisch begabten Frau, die, was die Liebe betrifft, von Entsagung zu Entsagung taumelt und dabei merkwürdigerweise schöner und schöner wird - der Roman spiegelt und vergoldet wohl auch das Schicksal seiner Autorin, die sich bis in ihr Alter immer wieder in schwierige Beziehungen stürzte. Goethe schrieb über das Buch:
    "Gabriele ... zeigt große Reife und eine daher gewonnene Bildung. Alles ist nach dem Wirklichen gezeichnet ... die gewöhnlichen Lebensvorkommnisse sehr anmutig verarbeitet."
    Glücklos in der Liebe
    Während die Romanheldin Gabriele am Ende doch noch ihr Glück findet und in den Armen eines jungen Mannes mit einem "Ich liebe dich!" auf den Lippen ihr Leben verhaucht, war Johanna Schopenhauer ein solch romantisches Ende nicht vergönnt. Am 16. April 1838 starb sie einsam in Jena.