"Es ist eine sehr schöne Geige. Mit Original-Hals und -Decke aus den typischen Mittenwalder Holz gefertigt. Es ist ein gold-brauner zarter Spirituslack aufgetragen mit leichten Kienruß-Spuren drin; der Boden und die Zargen sind auch aus einheimischen Ahorn, genau so wie der Hals, also ein typisches Instrument aus der Mittenwalder Schule."
Selbst unter den zahlreichen kostbaren Instrumenten im Geigenbaumuseum von Mittenwald ist das "Modell 1714", wie es nach seinem Entstehungsjahr heißt, etwas ganz Besonderes, sagt Vorstandsmitglied Rainer Leonhardt. Denn geschaffen hat es kein Geringerer als Matthias Klotz, der legendäre Begründer der Mittenwalder Geigenbau-Tradition.
Ausbildungsweg nicht mehr nachvollziehbar
Man hat ihm vieles zugeschrieben. In Florenz sei er lange gewesen und in Cremona, der damaligen Hochburg des italienischen Geigenbaus, bei Nicola Amati habe er gar gelernt. Doch nichts davon ist in irgendeiner Weise belegt. Fest steht lediglich: Matthias Klotz, geboren 1653 als Sohn eines Mittenwalder Schneider-Ehepaares, absolvierte zumindest einen Teil seiner Ausbildung zum Instrumentenmacher in Italien. 1678 bescheinigte ihm Meister Pietro Railich, Inhaber einer Werkstatt in Padua:
"Dass Mathias Kloz aus Mittenwald als Geselle gedient und in meiner Lautenbauwerkstatt al Santo während sechs Jahren mit der ganzen Ehrenhaftigkeit und Treue gearbeitet. Hat sich immer pünktlich, gehorsam und sittsam gezeigt und nicht in irgendeiner Weise seinen guten Ruf geschändet."
Als 27-Jähriger eröffnete er die eigene Geigenbau-Werkstatt
Zwei Jahre später kehrte der 27-Jährige zurück in sein Heimatdorf in den Bergen und eröffnete dort die eigene Werkstatt. Eigentlich kein leichtes Unterfangen zu jener Zeit, in der die Zünfte das Sagen hatten. Doch der Augenblick war günstig. 200 Jahre lang hatte der "Bozner Markt", ein Hauptumschlagplatz für Güter aus dem Süden, hier in Mittenwald stattgefunden und nicht im von kriegerischen Unruhen umtosten Südtirol. Nun aber hatte man ihn zurückverlegt an seinen Ursprungsort. Mittenwald geriet dadurch in eine tiefe wirtschaftliche Krise. Eine Geigenbauerwerkstatt brachte zumindest einige Leute wieder in Lohn und Brot. Und: Das notwendige Material für die Instrumente fand sich quasi direkt vor der Haustür. In den hochgelegenen Wäldern des Karwendel gab es mehr als genug von dem kostbaren "Tonholz".
Matthias Klotz:"Acht Tage vor Weihnachten soll man das Holz schlagen. Weil das ist das A und O."
Dichtes, astfreies Holz von gerade gewachsenen Bergfichten für die Decke des Instrumentes braucht es, Ahorn für den Boden und den Hals, verschiedene Schichten Lack und natürlich: die ruhige Hand, sagt einer der Mittenwalder Klotz-Nachkommen, natürlich auch er ein Matthias, natürlich auch er ein Geigenbauer.
Matthias Klotz: "Überhudeln kann man da gar nix! Hauptsache ist immer Fingerspitzengefühl, wie man sagt, und ein gutes Auge musst Du sowieso haben."
Klotz gab die Geheimnisse seines Handwerks weiter
90 Jahre alt wurde der berühmte Ur-Urahn Matthias Klotz: Er starb am 16. August 1743. Die Geheimnisse seines Handwerks hat er rechtzeitig weitergegeben: Aus der Werkstatt gingen elf Geigenbauer hervor, darunter mehrere seiner Söhne. Einer von ihnen, Sebastian, hat dann den Vater in Sachen Geigenbau weit übertroffen. Und Sebastians Sohn Aegidius war es wohl, der die berühmte "Mittenwalderin" schuf, jene Klotz-Geige mit dem hellen Klang, auf der der junge Mozart bei seinen Salzburger Konzerten spielte.
Im 19. Jahrhundert ging es bergab mit dem Mittenwalder Geigenbau; statt aufwendiger Einzelanfertigung gab es nun Massenware, im Akkord hergestellt von schlecht bezahlten Heimarbeitern. Dem Gründer der alten Handwerkstradition errichtete man zur selben Zeit mitten im Ort ein prächtiges Denkmal. Und da sitzt er nun bis heute, ganz aus Bronze, direkt vor der Pfarrkirche, die fast schon fertige Geige auf den Oberschenkel gestemmt, und arbeitet mit dem Schnitzmesser die letzten Feinheiten am Hals des Instrumentes heraus. Mathias Klotz der Erste – eine Art Schutzheiliger des schönen Klanges.