"Arp Schnitger war der bedeutendste Orgelbauer Nordeuropas in der Barockzeit", sagt der Organist und Arp-Schnitger-Experte Harald Vogel, der sich seit vielen Jahren mit dem norddeutschen Orgelbauer auseinandersetzt.
Schon in den Jahrzehnten um 1700 hatten Schnitger und seine hochwertigen Instrumente einen hervorragenden Ruf. 1648 in Golzwarden nahe Oldenburg geboren, ging er zunächst im väterlichen Tischlerbetrieb in die Lehre, ab etwa 1666 dann bei seinem Onkel, dem Orgelbauer Berendt Huß.
Gemeinsam mit Huß – und nach dessen Tod in eigener Verantwortung – gestaltete Schnitger die Orgel der Kirche St. Cosmae et Damiani in Stade. Das bis heute erhaltene Instrument wurde zu seinem Aushängeschild. Es öffnete ihm unter anderem die Tore der reichen Hansestadt Hamburg. Dort baute er ab 1682 die damals größte Orgelwerkstatt Europas auf.
"Er war ein Multitalent. Er war talentiert als Handwerker. Dann war er ein hochbegabter Intonateur, also für die Klanggebung verantwortlich. Und er war ein erstaunlicher Werkstattorganisator. Er hat also allein 170 Orgelprojekte gemacht, worunter eben die größten Orgeln seiner Zeit überhaupt waren."
In die Höhe strebende Instrumente
Arp Schnitger baute symmetrische, oft in die Höhe strebende Instrumente, deren einzelne Elemente mit kunstvollen Holzschnitzereien gefasst sind. Und er gab ihnen ein typisches Klangbild.
"Es ist ein außerordentlich fokussierter, farbiger Klang. Für die Anzahl der Pfeifen und der Register ist es so, dass niemals vorher und niemals nachher eine so große Diversität erreicht wurde, also auf kleinstem Raum, mit einfachsten Mitteln hat er die größte klangliche Differenzierung erreicht."
"In Golzwarden habe ich die Orgel umgestellt und einige neue Stimmen in dieselbe gemacht. Weil ich in diesem Dorfe geboren und getauft bin, habe ich für dieses Werk nicht mehr genommen, als es mich selbst gekostet hat, nämlich 380 Reichsthaler", notierte Schnitger in seinen Aufzeichnungen. Bei aller Großzügigkeit setzte er als versierter Geschäftsmann auf eine durchdachte Mischkalkulation.
"Durch meine vielfachen Geschäfte hatte ich viele Gesellen nötig. Schließlich gab es noch bis zum Fertigwerden eines großen Werkes teure Zeiten, so dass ich das, was ich an dem einen Werk verdient hatte, bei dem nächsten wieder eingebüßt habe."
Heute noch rund 30 spielbare Arp Schnitger-Orgeln
Alleine für Hamburg baute Schnitger über 20 Orgeln, darunter in Sankt Nicolai, Sankt Petri und Sankt Jacobi. Darüber hinaus entstanden Instrumente in ganz Norddeutschland und den Niederlanden. Etliche gingen nach Magdeburg und Berlin, einzelne nach England, Spanien, Portugal und sogar nach Russland.
1705 verlegte Schnitger seine Werkstatt nach Hamburg-Neuenfelde. Um seine Orgelprojekte zu betreuen, ging er viel auf Reisen. Von einer kehrte er gesundheitlich schwer angeschlagen zurück. Er starb im Sommer 1719 und wurde am 28. Juli in Neuenfelde zu Grabe getragen. Seine Söhne und Gesellen führten seine Kunst noch jahrzehntelang weiter. Als man Anfang des 20. Jahrhunderts in Abwendung von der Romantik auf der Suche nach einer neuen musikalischen Klarheit war, erlebte Schnitger eine Renaissance.
"Da entdeckte man die historischen Orgeln, und man entdeckte Arp Schnitger und fand, das was wir eigentlich wollen, also ich spreche von den 20er Jahren, das ist etwas, was wir in diesen Orgeln finden. Und heutzutage sind fast alle Orgeln gut restauriert, und wir haben ein fantastisches Tableau von Klängen. Das kann auch präsentiert werden."
Dank ihrer außergewöhnlichen Qualität gibt es heute noch rund 30 spielbare Arp Schnitger-Orgeln. Sie gelten als vorbildlich für den modernen Orgelbau.