Auf dem Markusplatz in Venedig wird Musik gespielt. Kleine Orchester, in drei- oder vierköpfiger Besetzung, musizieren vor den Cafés wie dem "Florian" oder dem "Quadri". Die Gäste, vornehmlich Touristen, sitzen an weiß gedeckten Tischen auf der Piazza und werden von elegant gekleideten Kellnern bedient. Die Besucher der Innenräume wirken manchmal etwas eingeschüchtert angesichts der vielen in Gold eingefassten Spiegel, den mit Blättern umrankten Porträts aus dem 19. Jahrhundert, den bunten Glasmosaiken, dem kleinen Chinasaal oder dem prächtigen Jugendstilzimmer.
Der Siegeszug des "schwarzen Getränks"
Venedig hatte in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts begonnen, über den Handel mit dem Nahen Osten Kaffeebohnen zu importieren. Botschafter der Serenissima hatten von der Sitte der Orientalen berichtet, sich mit einer "negra bevanda", einem "schwarzen Getränk", zu stärken. Was man zunächst für eine medizinische Flüssigkeit zur Linderung von Magenschmerzen hielt, bot man ab 1683 in einem öffentlichen Ausschank auch der Bevölkerung an. "All’Arabo – Beim Araber" hieß der erste Kaffeeladen am Markusplatz. Von da an gab es kein Halten mehr. Der Kaffee hat einen Riesenerfolg. Und es gibt bald so viele Läden, dass ihre Anzahl per Gesetz eingeschränkt werden muss.", erzählt Stefano Stipìtivich, der kulturelle Direktor des "Caffè Florian", heute das älteste Café Italiens.
Gegründet hatte es der junge Unternehmer Floriano Francesconi in zwei einfachen Kammern der Prokurazien, den Verwaltungsgebäuden an der Piazza San Marco.
Casanova, Goldoni und Balzac unter den Gästen
Floriano Francesconi eröffnet sein Caffè am 29. Dezember 1720 und nennt es 'Alla Venezia trionfante', "Zum siegreichen Venedig". Aber die Venezianer sagen einfach nur: 'Wir gehen zu Floriàn.'"
Das "Floriàn" entwickelte sich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts zum Treffpunkt venezianischer Intellektueller. Hier verkehrten Giacomo Casanova, die Brüder Gozzi, die von hier aus die erste Tageszeitung der Lagunenstadt vertrieben, oder der Dramaturg Carlo Goldoni, der in seinem Theaterstück "La Bottega del Caffè" einen Kaffeehaus-Besitzer sagen lässt:
"Mein Beruf ist notwendig für den Ruhm unserer Stadt, für die Gesundheit der Leute und für das ehrenhafte Vergnügen derer, die ein wenig Abwechslung brauchen."
"Mein Beruf ist notwendig für den Ruhm unserer Stadt, für die Gesundheit der Leute und für das ehrenhafte Vergnügen derer, die ein wenig Abwechslung brauchen."
Frauen war der Zutritt verboten
Ob das Vergnügen immer so ehrenhaft war? Jedenfalls wurde 1767 Frauen in Venedig der Zutritt untersagt – zu ihrem Schutz, wie es hieß. Anfangs waren die Kaffeeläden wie das "Floriàn" in niedrigen, schlecht beleuchteten Räumen ohne Fenster untergebracht und glichen eher schummrigen Tavernen. Dann aber wandelten sie sich nach und nach in ansehnliche Salons. Ein Durchreisender wie Honoré de Balzac schrieb:
"Das Floriàn ist zugleich eine Börse, ein Theaterfoyer, ein Leseraum, ein Klub, ein Beichtstuhl.
Luxussanierung im 19. Jahrhundert
Hier wurde auch Politik gemacht. 1848, als sich die damals in Venedig herrschenden Österreicher revolutionären Bewegungen stellen mussten, sprang Daniele Manin, der Anführer der Aufständischen, auf einen Tisch des "Floriàn" und rief die Republik aus. Das Floriàn war immer das Café der Patrioten.", bemerkt Stefano Stipìtivich nicht ohne Stolz:
Die prächtige luxuriöse Umgestaltung des Lokals, die Mitte des 19. Jahrhunderts von neuen Besitzern vorgenommen wurde, löste in der Stadt Staunen aus, berichtet Stipìtivich
"In den Chroniken wird vermutet, dass man mit dem Geld einen Palazzo am Canal Grande hätte neu bauen können. All das Blattgold, die Täfelungen, der Marmor, die Deckenfresken, das muss sündhaft teuer gewesen sein."
Die prächtige luxuriöse Umgestaltung des Lokals, die Mitte des 19. Jahrhunderts von neuen Besitzern vorgenommen wurde, löste in der Stadt Staunen aus, berichtet Stipìtivich
"In den Chroniken wird vermutet, dass man mit dem Geld einen Palazzo am Canal Grande hätte neu bauen können. All das Blattgold, die Täfelungen, der Marmor, die Deckenfresken, das muss sündhaft teuer gewesen sein."
In den glanzvollen Räumen am Markusplatz wurde 1895 auch die Idee geboren, eine internationale Kunstausstellung zu veranstalten – die Biennale von Venedig. In Erinnerung daran zeigt das Café neuerdings kleine Ausstellungen von eigens für das "Unternehmen Floriàn" entworfenen Design-Objekten.
Stolze Geschichte, stolze Preise
Das "Caffè Florian" hat sich so immer wieder an die Zeiten anpassen können und verteidigt mit stolzen Preisen seinen inzwischen erworbenen Ruf als Luxus-Café.