Juli 2016, kurz nach Mitternacht, der Flughafen von Abu Dhabi. Pilot Bertrand Piccard hat seinen Flieger behutsam aufgesetzt, dann bricht es aus ihm heraus - "We made it!"
Der Grund für die Euphorie: Piccards Team hat die erste Weltumrundung mit einem Flugzeug geschafft, das allein durch Solarenergie angetrieben wird – der "Solar Impulse 2". Ein globales Medienereignis, sogar UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon gratuliert. Er sei inspiriert von diesem "Pioniergeist"
Doch die "Solar Impulse 2" war nicht das erste Solarflugzeug, das einen Rekord aufstellte. Am 7. Juli 1981 glückte einem deutlich kleineren und primitiveren Solarflieger der Sprung über den Ärmelkanal – dem "Solar Challenger", entwickelt vom US-amerikanischen Tüftler Paul MacCready. Angefangen allerdings hatte er mit einem anderen Typ von Luftgefährt, sagte er in einem Interview der Stiftung "Academy of Achievement": "Seit Leonardo da Vinci gab es ein Interesse an einem Fluggerät, das mit Muskelkraft betrieben wird."
Nur mit Muskelkraft fliegen
In den Siebzigerjahren hatte MacCready ultraleichte Flieger konstruiert, die mit reiner Muskelkraft abheben und fliegen konnten. Die Piloten saßen auf einer Art Fahrrad und mussten, um sich in der Luft zu halten, gehörig in die Pedale treten. Im August 1977 gelang ein erster Erfolg – der muskelbetriebene Flug über eine Strecke von einer Meile: "wir bekamen eine Vorhersage für passendes Wetter und informierten den offiziellen Beobachter. Und der Flug gelang, wenn auch nur knapp."
Beeindruckt von diesem Coup schrieb der englische Industrielle Henry Kremer einen Preis aus: 100.000 britische Pfund für das Team, das als erstes den Ärmelkanal per Muskelkraft überfliegt. Paul MacCready machte sich an die Arbeit, konstruierte ein verbessertes Fluggerät und wagte im Juni 1979 den Sprung über den Kanal. "Es war ein fast dreistündiger Flug, eigentlich unmöglich, so lange durchzuhalten. Doch am Ende hat es der Pilot geschafft."
Solarzellen waren teuer und unergiebig
Mit dem Preisgeld konnte MacCready sein nächstes, nicht weniger ehrgeiziges Projekt angehen – das erste Luftgefährt, das mit Solarkraft abhebt. Dazu bestückte er einen seiner Ultraleichtflieger mit einem Elektromotor und den damals noch teuren und exotischen Solarzellen. MacCready: "Die Zellen lieferten nur wenig Strom, 400 Watt oder so. Deshalb musste der Pilot sehr leicht sein, also setzten wir meinen Sohn Marshall ein. Er war damals erst 13 und wog nur 36 Kilogramm. Und er schaffte den ersten Flug, bei dem ein Mensch mit der Kraft der Sonnenstrahlen aufstieg."
Ein elegantes Flugzeug
Nur: Für das eigentliche Ziel, den Flug über den Ärmelkanal, war der Solarantrieb dieses ersten Prototyps zu schwach. Also musste MacCready eine verbesserte Variante konstruieren, den "Solar Challenger". Er hatte deutlich mehr Solarzellen an Bord, seine Tragflächen waren damit nahezu komplett ausgekleidet:
"Der Solar Challenger war ein elegantes Flugzeug: 15 Meter Spannweite, 100 Kilogramm schwer. Die Solarzellen leisteten 1500 Watt – gerade genug, um vom Boden abzuheben. Doch je höher er kam, umso stärker schien die Sonne, und er konnte immer besser fliegen."
"Der Solar Challenger war ein elegantes Flugzeug: 15 Meter Spannweite, 100 Kilogramm schwer. Die Solarzellen leisteten 1500 Watt – gerade genug, um vom Boden abzuheben. Doch je höher er kam, umso stärker schien die Sonne, und er konnte immer besser fliegen."
Lautlos hob der Flieger ab
Am 7. Juli 1981, nach Wochen des Wartens auf gutes Wetter und einigen vergeblichen Anläufen, war es so weit. Auf einem Flugplatz nahe Paris startete Pilot Stephen Ptacek vor einer kleinen Schar von Schaulustigen die beiden Elektromotoren. Dann hob der "Solar Challenger" lautlos Richtung Westen ab. MacCready war am Ziel: "Er schaffte den Flug von Paris zum Luftwaffenstützpunkt Manston in Südengland, also eine Strecke von 260 Kilometern bei einer Flughöhe von gut drei Kilometern. Die meiste Zeit war er mit einer Geschwindigkeit von 65 Kilometern pro Stunde unterwegs. Er hatte seine Aufgabe erfüllt, danach wurde er auf Ausstellungen gezeigt und landete schließlich im Museum."
Dass Solarflugzeuge irgendwann als Passagiermaschinen dienen könnten – daran hatte MacCready nie gedacht, dazu reicht die Leistung der Solarzellen schlicht nicht. Stattdessen sah er das Projekt als Werbung für eine damals noch junge Art der Energieerzeugung – die Solarenergie.
Dennoch wird nach wie vor an der Solarluftfahrt geforscht und entwickelt – allerdings in unbemannter Form, ohne Crew und ohne Passagiere. Die Vision: Solardrohnen sollen monatelang in großen Höhen kreisen und dabei Grenzen überwachen, Waldbrände und Ölteppiche aufspüren oder Internetsignale vermitteln – gedacht als eine kostengünstige Alternative für Satelliten.