"Wie Wölfe überfielen die Spanier die sanften Indios. Sie wetteten darauf, wer einen Menschen mit einem Hieb durchschlagen könne. Neugeborene rissen sie von den Brüsten ihrer Mütter und schleuderten sie mit dem Kopf gegen die Felsen. Sie bauten breite Galgen, an die sie zu Ehren des Erlösers und der zwölf Apostel je dreizehn Indianer hingen und lebendig verbrannten. Diese Gräuel habe ich mit eigenen Augen gesehen."
In seinem 1542 verfassten "Bericht von der Verwüstung der westindischen Länder" spart Bartolomé de Las Casas nicht mit drastischen Schilderungen. Das Buch sollte das Gewissen des spanischen Königs wachrütteln und ist das eindringlichste Zeugnis eines Mannes, der sich jahrzehntelang für die Indígenas, die Ureinwohner Lateinamerikas, einsetzte.
Die Gier nach Gold beherrscht die Spanier
Von der Neuen Welt hörte der 1484 in Sevilla geborene Kaufmannssohn erstmals von Vater und Onkel, die Kolumbus auf seiner zweiten Amerika-Reise begleitet hatten. Als der Theologiestudent 1502 zum ersten Mal selbst den Atlantik überquert, unterscheidet ihn noch nichts von den anderen Konquistadoren: Er kämpft als Soldat auf den Antillen und dem heutigen Kuba und erhält für seine Verdienste eine encomienda: Land und Leibeigene, die für ihn auf dem Acker und in Goldminen schuften. Doch nach seiner Weihe zum Priester kommen ihm Zweifel an der Sklavenhaltung. 1514 gibt Bartolomé de Las Casas seine encomienda zurück und lässt die Indígenas frei: Eine Adventspredigt des Dominikanermönchs Antón de Montesinos soll dafür den Ausschlag gegeben haben.
Ricardo Piqueras, Conquista-Spezialist an der Universität Barcelona:
"Die Dominikaner sind die ersten, die die Misshandlungen der Indios anprangern – und das hinterlässt bei Bartolomé de Las Casas einen tiefen Eindruck. Er selbst steht ganz in der Tradition der ersten Missionare, die ihrer Bekehrungsaufgabe nachkommen möchten, von den Eroberern und Landherren aber daran gehindert werden."
Die Gier nach Gold beherrscht die Spanier. Statt Predigten oder Bibelunterweisungen sind Zwangstaufen auf dem Scheiterhaufen gang und gäbe: Zum eigenständigen Denken seien die Indios ohnehin nicht fähig, Gott habe sie zum Sklavendasein bestimmt, so die Konquistadoren. Las Casas dagegen hält die Indígenas für freie, vernunftbegabte Menschen. 1515 reist er zurück nach Europa und erinnert die spanischen Machthaber an ihren päpstlichen Auftrag zur Missionierung.
Der wortgewaltige Kirchenmann wird nun offiziell zum "Prokurator aller Indios in Westindien" ernannt. Er will freie indianische Gemeinden gründen, schickt statt Soldaten Bauern in den Urwald. Seine Pläne scheitern, die Konquistadoren fürchten um ihre Pfründe. Allein sein Vorschlag, zur Unterstützung der indianischen Arbeiter afrikanische Sklaven zu importieren, wird umgesetzt. Die Freiheit, die er für die Indios fordert, lässt er für Schwarze nicht gelten: dieser Widerspruch macht ihm zeitlebens zu schaffen.
Er verweigert uneinsichtigen Konquistadoren die Absolution
1522 tritt Las Casas in den Dominikanerorden ein. Er schreibt eine dreibändige Geschichte Westindiens, missioniert in Guatemala und verfasst ein Traktat zur gewaltfreien Evangelisierung:
"Ein vernunftbegabtes Wesen lässt sich nur mit Sanftmut und Güte zum echten Glauben bekehren. Die menschliche Seele lässt sich besser durch Überredungskunst als durch Gewalt führen, weil die Seele selbst etwas Erhabenes hat."
Diese Gedanken gehen in die päpstliche Bulle "Sublimis Deus" ein, die Sklaverei verbietet. 1540 schafft das spanische Königshaus die encomiendas ab. Auf dem Papier haben Bartolomé de Las Casas‘ Ideen gesiegt, sagt Ricardo Piqueras.
"Die Früchte seines jahrzehntelangen Kampfes schlagen sich zwar nicht in der Lebenswirklichkeit der Indios nieder, weil die lokalen Interessen das verhindern … aber langfristig legt er das Fundament für ein neues politisches Denken, für das Völkerrecht, für die Menschenrechte."
Als Bischof von Chiapas versucht er, die neuen Gesetze durchzusetzen und verweigert uneinsichtigen Konquistadoren die Absolution. Er erhält Todesdrohungen und kehrt 1547 endgültig an den spanischen Hof zurück. Am 31. Juli 1566 – andere Quellen nennen den
17. oder 18. - stirbt Bartolomé de Las Casas hochbetagt in Madrid. In Lateinamerika wird der Dominikanermönch noch heute als "Apostel der Indígenas" verehrt.
17. oder 18. - stirbt Bartolomé de Las Casas hochbetagt in Madrid. In Lateinamerika wird der Dominikanermönch noch heute als "Apostel der Indígenas" verehrt.