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Vor 50 Jahren
Dennis Hoppers Film "Easy Rider" schockierte in Cannes

Als "Easy Rider" am 8. Mai 1969 in Cannes seine Premiere feierte, entließ er sein Publikum fasziniert und geschockt aus dem Kinosaal. Doch das Roadmovie von Dennis Hopper war für die Filmbranche eine Initialzündung. Es begründete die Ära des sogenannten "New Hollywood".

Von Hartmut Goege |
    Eine Szene aus "Easy Rider" mit Dennis Hopper und Peter Fonda als Rocker
    Von wegen Freiheit - vom amerikanischen Traum bleibt am Ende nur die Verachtung für die Engstirnigkeit des Landes übrig. Filmszene aus "Easy Rider" mit Dennis Hopper und Peter Fonda. (imago/United Archives)
    Während der Vietnam-Krieg seinen Höhepunkt erlebte, entdeckte die Woodstock-Generation zunehmend Musik als neue Sprache der Verständigung. In ihr symbolisierte sich die Sehnsucht nach Freiheit. "Easy Rider" war Ausdruck des Rock- aber auch des Drogen-Enthusiasmus der Zeit: das ungeniert lässige Herumreichen des selbstgedrehten Joints wirkt wie ein friedlich-harmloses Ritual unter Gleichgesinnten.
    Musik: "Don't bogart that joint my friend" - The Fraternity Of Man
    Das Publikum in Cannes war sowohl fasziniert als auch verstört, wie sich Produzent und Schauspieler Peter Fonda erinnert:
    "Den Film fanden alle so beeindruckend, dass sie sogar eine neue Kategorie erfanden, um ihm in Cannes einen Preis geben zu können. Das war unglaublich. Die Leute wussten überhaupt nicht, was sie von uns halten sollten. Wir waren bärtig und hatten lange Haare, es war einfach ziemlich abgefahren."
    Chaotische Dreharbeiten
    "Bester Film eines Regiedebütanten" hieß die Kategorie, mit der Regisseur Dennis Hopper ausgezeichnet wurde. Dabei waren die Dreharbeiten vor allem chaotisch, da nicht alle mit dem unter ständigem Drogeneinfluss stehenden Hopper zurechtkamen und entnervt aufgaben. Mit seinen Low-Budget-Kosten von unter 400.000 Dollar wirkte der Film zwar improvisiert, doch lag darin auch seine Stärke, sein experimenteller Charakter.
    "Wir wollten kein gewöhnliches Drehbuch schreiben, sondern ein provisorisches und einfach drehen. Innerhalb von fünf Tagen hatten wir eine Story auf Band gesprochen, getippt waren das 21 Seiten. Und damit sind wir dann nach Hollywood."
    Musik: "Wasn't Born To Follow" - The Byrds
    In sieben Wochen wurde die Geschichte von Wyatt und Billy abgedreht: Zwei Aussteiger, die sich mit dem Erlös aus einem Drogendeal einen Traum erfüllen und von Los Angeles zum Karneval nach New Orleans touren. Doch auf ihrem Trip verwandelt sich das Amerika der grenzenlosen Freiheit zunehmend in ein bedrohliches Land der Intoleranz. Motels verweigern ihnen Übernachtungen, in Lokalen werden sie nicht bedient oder aufgrund ihres Aussehens mit offenem Rassismus konfrontiert.
    O-Ton aus "Easy Rider": "Die sehen wirklich aus wie übriggeblieben vom letzten Gorilla-Love-In." – "Kreuzen wir sie doch mit ein paar von den schwarzen Nutten da draußen."
    Der Erfolg sprengte alle Erwartungen
    Wyatt und Billy landen wegen einer Bagatelle kurzzeitig hinter Gittern und lernen George, einen von Jack Nicholson gespielten, jungen, alkoholkranken Anwalt kennen, der sie als Bruder im Geiste ein Stück auf ihrem Weg begleitet.
    O-Ton aus "Easy Rider": "Wisst Ihr, das war mal ein ganz herrliches Land, ich kann nicht verstehen, was auf einmal damit los ist." - "Tja, Mann, alle haben sie Schiss. Das ist, was los ist. Sie haben Angst vor uns." – "Sie haben keine Angst vor Dir, sie haben Angst vor dem, was Du für sie repräsentierst." – "Alles, was wir für sie repräsentieren, ist nur jemand, der sich nicht die Haare schneidet." – "Oh nein, was Du für sie repräsentierst, ist Freiheit."
    Als die drei nachts von gewalttätigen Dorfbewohnern mit Baseballschlägern attackiert werden, können Wyatt und Billy zwar mit Blessuren entkommen, George aber bleibt tödlich verletzt zurück. Vom amerikanischen Traum bleibt am Ende nur die Verachtung für die Engstirnigkeit des Landes übrig. Der abrupte Schluss gipfelt im Tod auch von Wyatt und Billy, die auf ihren Motorrädern, aus einem überholenden Pickup heraus, grundlos erschossen werden. Die gleichzeitige Explosion eines der Motorräder wirkt wie ein zerplatzter Traum.
    Musik: "It´s Alright Ma" - Roger McGuinn
    Easy Rider entließ sein Publikum geschockt aus dem Kinosaal. Doch das Roadmovie war für die Filmbranche eine Initialzündung. Der Erfolg sprengte alle Erwartungen. Der Film begründete die Ära des New Hollywood, das sich kritisch mit dem amerikanischen Alltag auseinandersetzte. Plötzlich bekamen Regisseure wie Francis Ford Coppola oder Robert Altman ungeahnte Freiheiten als unabhängige Filmemacher. Und mit Easy Rider gelang erstmals auch die perfekte Verbindung von Popkultur, Musik- und Filmindustrie.
    Musik: "Ballad of Easy Rider"